Temu-Trick: So wirst du süchtig, ohne es zu merken
Temu wirkt wie Zucker aufs Gehirn - und macht laut Verhaltensexperten süchtig wie ein Glücksspielautomat.
Temu wirkt wie Zucker aufs Gehirn - und macht laut Verhaltensexperten süchtig wie ein Glücksspielautomat.
Kaum ist die Shopping-App Temu geöffnet, beginnt ein Rausch, der sich nur schwer beenden lässt. Über den Bildschirm jagen Blitze mit Sofort-Rabatten, Glücksräder versprechen Extra-Coupons, und ein Timer läuft erbarmungslos herunter: „Nur noch 03:49 Minuten kostenloser Versand!“ Dazu ein Angebot günstiger als das nächste - und alles kommt direkt aus China, ohne Versandkosten, ohne Mindestbestellwert.
Die psychologische Falle schnappt leise zu: Statt einem landen plötzlich zehn Dinge im Warenkorb. Vieles davon hat man nicht gesucht - und braucht es auch nicht. Aber es kostet ja kaum etwas. Warum also nicht? Dieses Gefühl von vermeintlichem Gewinn ist genau das, was Temu so erfolgreich - und so gefährlich - macht.
Was sich wie ein cleverer Spartipp anfühlt, ist in Wahrheit ein ausgeklügeltes Belohnungssystem, das genau dort wirkt, wo wir am wenigsten rational entscheiden: im limbischen System. Dort sitzt unser Belohnungszentrum - und Temu weiß ganz genau, wie es zu aktivieren ist.
Das bestätigt auch Professor Mark Griffiths, Verhaltensforscher und Experte für Suchtdynamiken an der Nottingham Trent University. Er erklärt, dass Apps wie Temu gezielt auf Mechanismen zurückgreifen, die man sonst aus der Glücksspielindustrie kennt. Timer, blinkende Effekte, positive Rückmeldungen nach dem Kauf - all das steigert die Erregung und versetzt Nutzer:innen in einen Zustand ständiger Erwartung.
Griffiths zieht Parallelen zum Prinzip der „intermittierenden Verstärkung“, das auch bei Spielautomaten verwendet wird: Man weiß nie genau, wann die nächste Belohnung kommt - nur, dass sie kommt. Genau dieser Mix aus Kontrolle und Zufall mache Temu so anziehend. Man klickt, man wartet, man wird belohnt. Vielleicht nicht mit dem besten Produkt - aber mit dem Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben.
Auch der Handelsanalyst Neil Saunders kommt zu einem ähnlichen Schluss. Er bezeichnet Temu als „Zucker fürs Gehirn“ - eine Form der kurzfristigen Bedürfnisbefriedigung, die uns zwar kleine Glücksgefühle verschafft, aber kaum satt macht. Im Gegenteil: Je öfter wir bestellen, desto mehr wollen wir. Denn jede Interaktion mit der App - jeder Spin, jedes eingelöste Angebot - triggert eine winzige Dopaminausschüttung. Und genau wie bei Zucker oder Social Media kann das zur Gewohnheit werden.