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Rheinland-Pfalz: Kirchberg

Streit über Kirchenasyl im Hunsrück

Nach der Aufnahme eines ausreisepflichtigen Ausländers in einer evangelischen Gemeinde in Kirchberg im Hunsrück dringt der Rhein-Hunsrück-Kreis auf eine Abschiebung, das Integrationsministerium auf eine einvernehmliche Lösung.

Der Landrat des Landkreises Rhein-Hunsrück, Marlon Bröhr (CDU), kritisierte am Dienstag, dass ihn das Integrationsministerium angewiesen habe, auf Polizeimaßnahmen zu verzichten. Es gebe in Rheinland-Pfalz eine mit allen Seiten getroffene Vereinbarung, nicht mit der Polizei gegen ein Kirchenasyl vorzugehen, sagte hingegen eine Sprecherin des Ministeriums. Über den Konflikt hatte zuvor die «Rhein-Zeitung» berichtet.

Es gebe einen richterlichen Beschluss zur Durchsuchung der kirchlichen Räumlichkeiten, sagte Bröhr der Deutschen Presse-Agentur. «In letzter Konsequenz konnte ich nicht tätig werden, weil man mich angewiesen hat, davon abzusehen.» Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) habe den Fall eingehend geprüft und eine Asylberechtigung abgelehnt. Nach der Bestätigung dieser Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Trier sei die Überstellung des Mannes nach Italien im Einklang mit dem Dublin-Abkommen die einzig mögliche Konsequenz. Darüber könne sich auch nicht das Presbyterium einer Kirchengemeinde hinwegsetzen. «Der Maßstab für alles Handeln sind Gesetze. Aber in letzter Konsequenz konnte ich nicht tätig werden, weil man mich angewiesen hat, davon abzusehen.» Nach Angaben Bröhrs gibt es zurzeit sieben Fälle von Kirchenasyl allein in seinem Landkreis.

Nach dem Dublin-Abkommen müssen Asylbewerber in das EU-Land, wo sie zuerst registriert wurden. Der abgelehnte sudanesische Asylbewerber in Kirchberg soll nach Italien abgeschoben werden. «Dort hat der 21-Jährige keine Hilfe zu erwarten, er wird auf der Straße leben, das ist unsäglich», sagte eine Mitarbeiterin des Arbeitskreises Integration in Simmern. «Deswegen suchen wir immer nach Möglichkeiten, hier zu helfen.»

Das Kirchenasyl sei zwar gesetzlich nicht verankert, sagte eine Ministeriumssprecherin. «Aber in Rheinland-Pfalz haben wir dennoch einen großen Respekt vor der langen christlichen Tradition und der Verantwortung, die die Kirchen in diesen Fällen für die betroffenen Menschen übernehmen.» Ziel des Kirchenasyls sei es, auf nicht hinnehmbare humanitäre Härten hinzuweisen und eine erneute Überprüfung des Einzelfalls erreichen zu können. «Diese Kirchenasyle polizeilich aufzulösen, ist in Rheinland-Pfalz nicht die Praxis und ein Tabubruch.» Es sollten immer alle Möglichkeiten des Dialogs ausgeschöpft werden, bevor über die polizeiliche Auflösung eines Kirchenasyls nachgedacht wird. Dies sei in diesem Falle noch nicht geschehen. «Die Kirchengemeinde ist bereit zu einer Mediation und diese Möglichkeit sollte auch genutzt werden.»

Im Mai 2017 hatten sich Landesregierung, Kommunen und Kreise zu einem Spitzengespräch über das Kirchenasyl getroffen. Dabei erinnerte Innenminister Roger Lewentz (SPD) an die Vereinbarung zwischen den Kirchen und dem BAMF vom Februar 2015. Demnach soll das Kirchenasyl, mit dem christliche Gemeinden von Abschiebung bedrohten Ausländer Schutz gewähren, in Deutschland vorerst unangetastet bleiben. Demnach sollen die besonderen Härten eines Falles in einem Dossier dargestellt werden, dass dann erneut vom BAMF geprüft werden soll.

Quelle: dpa