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Rheinland-Pfalz: Koblenz

Erfundener Missbrauch in Kita: Eltern abgetaucht

In Koblenz sollen Eltern vor etwa einem halben Jahr die Vergewaltigung ihrer Tochter in einer Kita erfunden haben. Es folgte im Netz ein Shitstorm gegen die Einrichtung und Ermittler*innen. Die Eltern sind indes abgetaucht.

Asylantrag abgelehnt

Die Eltern, die medienwirksam die Vergewaltigung ihrer Tochter in einer Koblenzer Kita erfunden haben sollen, sind derzeit spurlos verschwunden und zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Wie ein Sprecher der Stadt Koblenz gegenüber er dpa erklärte, würden sie beispielsweise im Falle einer Polizeikontrolle "zur Kontaktaufnahme mit der zuständigen Ausländerbehörde aufgefordert". Demnach hätten die Eltern vergeblich Asyl in Deutschland beantragt: "Die Asylverfahren waren beendet und sie damit zur Ausreise verpflichtet." Nach einem Gespräch "betreffend einer freiwilligen Ausreise" seien sie verschwunden: "Wir haben keine Idee, wo sich die Familie jetzt befindet." Ihre Nationalität teilte der Sprecher der Stadt Koblenz nicht mit.

Netz-Mob betrieb Lynchjustiz

Vor rund einem halben Jahr hatte die Mutter im Internet den Vorwurf erhoben, dass ihre damals vierjährige Tochter in der Katholischen Kita St. Martin auf der Pfaffendorfer Höhe vergewaltigt worden sei. Zehntausende sahen das Video damals im Netz an. Für die Ermittler*innen stand damals unter anderem nach gynäkologischen Untersuchungen des Kindes noch am vermeintlichen Tattag und weiteren Analysen rasch fest: Die Vorwürfe sind nicht haltbar.

Dennoch brach über die Kita, ihren damals einzigen männlichen Erzieher und die Ermittler*innen selbst ein internationaler Shitstorm herein. Der beschuldigte Erzieher musste vorübergehend Polizeischutz erhalten, der Kindergarten schloss zwei Wochen lang die Pforten.

Die Mutter hatte in dem Video in arabischer Sprache mit deutschen Untertiteln von einer Vergewaltigung ihrer Tochter durch mehrere Männer, gefilmtem Gruppensex und Schlägen gegen Kinder gesprochen.

Beschuldigter Erzieher erleidet Herzinfarkt

Gegen die Eltern des Mädchens wurden laut einer Mitteilung der Koblenzer Generalstaatsanwalt vor einigen Wochen keine Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschens einer Straftat eingeleitet. „Es muss derzeit davon ausgegangen werden, dass die Eltern davon überzeugt sind, dass es zu einem Missbrauch ihres Kindes gekommen ist“, erläutert der Generalstaatsanwalt gegenüber der dpa. 

Dem Erzieher ist nach eigener Auskunft von der Polizei damals zuerst geraten worden, seinen Namen zu ändern und ins Ausland zu ziehen, so die dpa. Später habe er einen Herzinfarkt erlitten, sagte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Auch von anderen Eltern seien drei weitere Strafanzeigen mit falschen Vorwürfen gegen ihn gestellt worden. „Zum Beispiel soll ich mit einem Wohnmobil Kinder eingesammelt und mit ihnen Pornos gedreht haben“, sagt der 44-Jährige im Gespräch.

Lynchjustiz im Netz hatte Folgen

Der Koblenzer Staatsanwaltschaft erklärte bereits vor einigen Wochen, dass 137 Verfahren wegen Anfeindungen vor allem im Internet von Verleumdungen bis hin zu öffentlichen Aufforderungen zu Mord eingeleitet wurden. Es wurden gegen Menschen aus dem Netz-Mob mehrere Geldstrafen verhängt.

Quelle: dpa