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Hohe Dunkelziffer

Studie aus Mainz: 40 Prozent wissen nichts von ihrer Corona-Infektion

Die Dunkelziffer ist höher als gedacht: Wie eine Studie der Universität Mainz nun herausgefunden hat, blieben rund 40 Prozent der Corona-Infektionen unentdeckt.

Vor allem Männer und Ältere wussten nichts von Infektion

„Zu zehn Personen, die wissentlich infiziert sind, müssen rund acht Personen hinzugerechnet werden, die unwissentlich infiziert sind“, sagte der Koordinator der Gutenberg Covid-19-Studie, Philipp Wild, laut dpa am Mittwoch in Mainz. Mehr als 40 Prozent aller mit dem Coronavirus Infizierten wissen nach einer Studie der Universitätsmedizin Mainz demnach nichts von ihrer Infektion.

Dabei seien Männer (44,2 Prozent) im Vergleich zu Frauen (40,6 Prozent) häufiger unwissentlich mit Sars-CoV-2 infiziert, ebenso ältere Menschen. Den höchsten Anteil machten die Forscher*innen bei den 75- bis 88-Jährigen (63 Prozent) aus. Bei den 25- bis 34-Jährigen war es dagegen nur gut jede*r Dritte, der seine Infektion nicht bemerkt habe.

Die Studie der Mainzer gehe davon aus, dass sich von Oktober 2020 bis Anfang Juli 2021 rund 6,3 Prozent mit Covid-19 infiziert haben, sagte Wild. Das Robert Koch-Institut hat in dem gesamten Pandemiezeitraum seit Ende Januar 2020 bis einschließlich Dienstag bundesweit bei rund 4,5 Prozent der Menschen bestätigte Corona-Infektionen registriert.

Homeoffice senkt Infektionsrisiko um 31 Prozent

„Die Einhaltungen der Schutzmaßnahmen wirken, am stärksten das Abstandsverhalten, aber auch der Mund-Nasen-Schutz und das Homeoffice“, sagte Wild. Dies hätten die Befragungen der für Mainz und den angrenzenden Kreis Mainz-Bingen repräsentativen Ergebnisse ergeben. Die, die regelmäßig einen Mund-Nasen-Schutz trugen, hätten ein um 34 Prozent niedrigeres Risiko für eine Corona-Infektion gehabt als die, die ihn nie oder nur selten trugen. Wer ausschließlich im Home-Office arbeitete, hätten ein um rund 31 Prozent niedrigeres Infektionsrisiko gezeigt.

Die Forscher*innen fanden zudem keine Anzeichen dafür, dass Kinder Treiber der Corona-Pandemie in Deutschland sind. Viel eher komme es auf die Gesamtzahl der Menschen in einem Haushalt an. Der Anteil einer Sars-CoV-2-Infektion in Haushalten mit vier oder mehr Menschen war demnach um etwa 30 Prozent höher als der in Zwei-Personen-Haushalten.

Eine besonders schutzbedürftige Gruppe seien Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status - der auf der Basis des Haushaltsnettoeinkommens sowie der schulischen und beruflichen Bildung ermittelt wurde. Diese Menschen hätten aufgrund ihrer Lebensverhältnisse - nicht ihres Verhaltens - ein höheres Infektionsrisiko, berichtete Wild laut dpa. Das liege vor allem an den prekären Wohnverhältnissen. Nach der Definition seien dies weniger als neun Quadratmeter pro Person oder Haushalte, die mehr als 50 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten ausgeben. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Personen, die in prekären Wohnverhältnissen leben, sich weniger an Präventionsmaßnahmen halten.“

Laut der Studie sei die Impfbereitschaft in dieser Gesellschaftsgruppe außerdem niedriger. Diese Menschen seien zugleich besonders stark durch Einkommenseinbußen in der Pandemie betroffen. Das durchschnittliche Nettoeinkommen sei bei rund 16 Prozent der Bevölkerung gesunken und habe die Einkommensgruppen unterhalb des Medians von derzeit 1790 Euro im Monat finanziell am stärksten getroffen.

Über 10.000 Menschen nahmen an Studie teil

An der Studie haben von Oktober 2020 bis Ende Juni 2021 rund 10.520 Menschen im Alter von 25 bis 88 Jahren teilgenommen. Die Studie, die bisher nicht in einem Fachmagazin veröffentlicht wurde, baut auf der bereits 2007 begonnenen Gutenberg-Gesundheitsstudie mit 15.000 Menschen auf. Daten zu Vorerkrankungen, Risikofaktoren, psychosozialen Faktoren, Lebensstil- und Umweltfragen lagen daher vor.

Als Basis der Covid-19-Studie dienten PCR- und Antikörper-Tests sowie selbstberichtete oder im Studienzentrum nach WHO-Standard gemachte Tests. Bei den Antikörper-Messungen der Infektionen habe sich die Nutzung eines Tests als nicht ausreichend erwiesen, sagte Wild laut dpa. „Der Großteil hatte nicht beide Antikörper, sondern nur einen.“ So seien durch die Verwendung eines weiteren Antikörpertests rund 23 Prozent zusätzliche Proben als positiv identifiziert worden.

Zu den Tests sowie medizinischen Eingangs- und Verlaufsuntersuchungen kamen ein wöchentliches Monitoring per App, sowie Fragebögen und Computer-assistierte Interviews.

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Quelle: dpa