Alexander Zverev sank auf die Knie, streckte beide Fäuste nach vorn und ließ seiner Freude mit einem Urschrei freien Lauf. Mit seinem Triumph beim Masters-1000-Turnier in Rom hat der deutsche Tennisstar nicht nur seinen ersten Titel in diesem Jahr gewonnen, sondern auch eine perfekte Generalprobe für die am kommenden Sonntag beginnenden French Open gefeiert.
«Das ist keine Ansage», wiegelte Zverev angesprochen auf die Bedeutung für das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres leicht ab: «Jetzt lasst mich mal glücklich sein für einen Tag, und dann geht es ab nach Paris.» Als Titelfavorit? Der Hamburger plant zumindest einen Aufenthalt bis zum Finaltag am 9. Juni: «Da sind es hoffentlich zweieinhalb lange Wochen für mich...»
Zverevs Konkurrenz schwächelt
Die Chancen auf den ersehnten ersten Grand-Slam-Turniersieg stehen vielleicht so gut wie noch nie. Zverev bewies in Rom nicht nur beim 6:4, 7:5-Finalsieg am Sonntag gegen den Chilenen Nicolas Jarry eine Topform, im gesamten Turnierverlauf gab er nur einen Satz ab. Vor allem seine Aufschlagstärke war beeindruckend. «Ich bin auf dem Niveau, auf dem ich gerne sein möchte», sagte der Olympiasieger: «Ich kann wieder träumen.»
Außerdem schwächelt die Konkurrenz in der laufenden Sandplatzsaison. Der Weltranglistenerste Novak Djokovic kämpfte in Rom mit einem «besorgniserregenden» Zustand, nachdem er beim Autogrammeschreiben von einer Flasche am Kopf getroffen worden war. Australian-Open-Gewinner Jannik Sinner hat wegen Hüftproblemen seit Ende April kein Match bestritten, Carlos Alcaraz nahm nach einer Ellenbogenverletzung erst kürzlich das Schlagtraining wieder auf. Und für Sandplatzkönig Rafael Nadal wäre ein Titel bei seinem Abschied im Stade Roland Garros ein kleines Tennis-Wunder.
«Wenn sich vorne etwas auftut, dann ist Alexander Zverev ganz vorne mit dabei, in diese Lücke zu stoßen. Aber wenn er so gut spielt, muss er gar nicht auf diese Lücke hoffen. Dann kann er auch so einen Grand Slam gewinnen», sagte Ex-Spielerin Andrea Petkovic bei Sky: «Ich traue es ihm absolut zu.»
Günstige Paris-Auslosung winkt
Im Vorjahr war Zverev in Paris bis ins Halbfinale vorgestoßen - genau wie 2022, als ihm im Match gegen Nadal eine schwere Fußverletzung alle Siegchancen geraubt hatte. Mit dem ersten Turniersieg auf Masters-1000-Niveau seit diesem herben Rückschlag hat es Zverev nun endgültig allen Zweiflern und auch sich selbst bewiesen, dass er wieder zur absoluten Weltspitze gehört.
In der am Montag veröffentlichten Weltrangliste kletterte er um einen Platz auf Rang vier - ein für die Setzliste bei den French Open nicht unerheblicher Fakt. So kann er Djokovic, Sinner und Alcaraz mindestens bis zum Halbfinale aus dem Weg gehen. Die Auslosung erfolgt am Donnerstag.
Doch so weit wollte Zverev unmittelbar nach seinem Triumph nicht vorausblicken. Er genoss seinen zweiten Sieg in Rom nach 2017 ausgiebig. Er küsste den Silberpokal und machte sein Betreuerteam mit einer Sektdusche nass. Von Vater und Trainer Alexander Zverev senior gab es einen liebevollen Kuss auf die Stirn.
«Der Sieg bedeutet mir sehr viel. Rom ist ein sehr besonderer Ort für mich», sagte Zverev: «Hier habe ich meinen ersten großen Titel vor sieben Jahren gewonnen, und hier habe ich jetzt meinen ersten großen Titel nach der Verletzung gewonnen.» Doch die French Open seien der Termin, «den sich jeder im Kalender angestrichen» habe. Auch dort will Zverev am Ende mit einem Urschrei jubeln.
Jörg Soldwisch und Lars Reinefeld, dpa
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