Die emotionale Torhymne «Gute Freunde kann niemand trennen» zum Gedenken an Franz Beckenbauer ließ Jamal Musiala als Doppelpacker gleich zweimal erklingen.
«Jetzt muss ich beweisen, dass ich die Lyrics besser kenne. Cooler Song», sagte der lächelnde 20-Jährige nach einem denkwürdigen Abend, der ganz im Zeichen des am vergangenen Sonntag im Alter von 78 Jahren gestorbenen Fußball-«Kaisers» stand. Besser hätte der Nationalspieler kaum in das EM-Jahr starten können.
In Erinnerung an die einst bestaunte Eleganz des Spielers Beckenbauer passte es perfekt ins Bild, dass Künstler Musiala beim 3:0 des FC Bayern München gegen die TSG 1899 Hoffenheim am Freitagabend mit verzückender Leichtigkeit für die Glanzpunkte sorgte. Der begnadete Techniker erzielte die ersten beiden Tore, schoss außerdem noch einmal an den Pfosten. Es war sein vierter Doppelpack im 101. Bundesligaspiel. Beckenbauer hätte an diesen genialen Momenten ganz sicher seinen Spaß gehabt.
Musiala: Wollten Sieg auch für Beckenbauer holen
«Es freut einen, dass diese Persönlichkeit irgendwo unser Vorgänger war und wir sozusagen sein Erbe weitertragen», sagte Bayerns Führungsspieler Thomas Müller. Der Abend sei geprägt gewesen von «Trauer und Huldigung», aber am Ende seien die 90 Minuten auf dem Platz doch losgelöst und stünden für sich selbst. «Man freut sich, dass man diesen Menschen, diesen Spieler, diese Persönlichkeit erlebt hat. Es ist ein "Danke" sagen. Wir sind froh, dass wir das Spiel gewonnen haben», sagte Müller.
Das betonte auch Musiala. «Er ist eine Legende hier. Wir wollten auch den Sieg für ihn holen», sagte der Offensivstar. In der Hinrunde wurde der Meisterheld der Vorsaison zweimal durch Verletzungen ausgebremst. Der Start ins neue Jahr macht große Lust auf mehr. «Er war heute unser bester Spieler. Er hatte den nötigen Frieden und auch das Selbstvertrauen und auch die Freiheit von Beginn an», sagte Trainer Thomas Tuchel, der Musiala eine große Karriere prophezeit: «Der Weg geht steil nach oben, weil Jamal alles hat, was man braucht.»
Kane stellt Lewandowski-Rekord ein
Auch beim 2:1 im letzten Ligaspiel 2023 in Wolfsburg hatte Musiala getroffen. Neben Torjäger Harry Kane, der gegen Hoffenheim mit seinem 22. Saisontreffer zum 3:0-Endstand im neuen Jahr gleich wieder erfolgreich war. Damit hat der Engländer nach 16 Spielen bereits den Hinrunden-Bestwert von Robert Lewandowski aus dessen Rekordsaison 2020/21 eingestellt.
Nagelsmann kann sich freuen
Musiala erzielte beide Tore übrigens im Zusammenspiel mit Vorlagengeber Leroy Sané. «Wir mögen es, zusammen zu zocken», sagte Musiala. Bundestrainer Julian Nagelsmann dürfte die Harmonie der Nationalspieler mit Blick auf die Heim-EM im Sommer ebenfalls freuen.
Wie auch der Auftritt von Kapitän Manuel Neuer. Als die Münchner kurzzeitig wackelten und Hoffenheim dreimal am 1:1-Ausgleich schnupperte, war der 37-Jährige als überzeugender Rückhalt da. «Er ist herausragender Bestandteil des FC Bayern München und der deutschen Nationalmannschaft. Er ist immer noch einer der allerbesten Torhüter auf der Welt und er wird das allerhöchste Niveau wieder erreichen. Das wird ganz natürlich kommen», sagte Tuchel.
Neuer zieht mit Schweinsteiger gleich
Neuer stand im 500. Pflichtspiel für Bayern im Tor und zog mit Bastian Schweinsteiger gleich. «Ich bin so glücklich, im Kreis der Elite dabei zu sein - und dann noch an so einem besonderen Tag, wenn wir an Franz Beckenbauer gedenken, an "Kaiser" Franz - das war wirklich was ganz Besonderes.» Außer den beiden absolvierten in diesem Jahrtausend nur Thomas Müller (685) und Philipp Lahm (517) mehr Partien für den Serienmeister.
Zwei Tage vor der Abreise der Münchner in das kurze Trainingslager nach Portugal an diesem Sonntag schaute Neuer auch gerne den Kunststücken von Musiala zu. «Im Training sieht man es immer wieder, wie er zwei, drei Leute aussteigen lässt, wie schnell er auf den Beinen ist, wie schnell er Spielsituationen erkennt», sagte der Kapitän.
Tuchel: Ein Spiel reicht nicht zum Gedenken
Tuchel nahm Musialas Show als Maßstab für kommende Auftritte. «Daran kann er gerne anknüpfen», sagte der Trainer. Der 50-Jährige hob nach einer bewegenden Woche und dem Sieg gegen Hoffenheim einmal mehr die Bedeutung von Beckenbauer hervor. «Da wird ein Spiel nicht reichen für das Gedenken und das Lebenswerk von Franz Beckenbauer. Er ist eine absolute Legende, eine der größten Sport-Persönlichkeiten.»
Von Christian Kunz und Klaus Bergmann, dpa
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