Christian Wück wird nach Olympia der neue Trainer der DFB-Fußballerinnen.
Jürgen Kessler/dpa
Christian Wück wird nach Olympia der neue Trainer der DFB-Fußballerinnen.
Nationalteam

Wück tritt Hrubesch-Nachfolge bei DFB-Fußballerinnen an

Keine Frau und auch kein Mann aus dem Frauenfußball: Mit der internen Lösung in der Bundestrainer-Frage überrascht der DFB. Ein bedeutendes Detail verrät der Verband zunächst nicht.

Am internationalen Frauentag hat der DFB die Bundestrainer-Frage bei den deutschen Fußballerinnen geklärt - und das Amt in die Hände eines Mannes gelegt, der bislang nicht im Frauenfußball tätig war.

Christian Wück wird nach den Olympischen Spielen in Paris in diesem Sommer Nachfolger von Horst Hrubesch, er soll die Vize-Europameisterinnen im Fall der Qualifikation zu einer erfolgreichen EM 2025 in der Schweiz führen. Wie lange der Vertrag des 50 Jahre alten Trainers läuft, blieb in der Verbandsmitteilung offen.

Wück kommt als Weltmeister- und Europameister-Macher der U17 in das neue Amt. Er steht nach dem verheerenden WM-K.o. in Australien unter Martina Voss-Tecklenburg und der Phase unter Interimscoach Hrubesch für frischen Schwung und Aufbruchstimmung. «Christian Wück ist ein ausgewiesener Experte, und er spricht die Sprache der Spielerinnen und Spieler. Er hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er Persönlichkeiten weiterentwickeln und Mannschaften zu einer verschworenen Einheit formen kann», sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf.

Meinert wird Assistentin

Hrubesch selbst, der das Team um Alexandra Popp bis zum Olympia-Turnier noch betreut, äußerte sich begeistert. «Ich schätze Christian Wück und kenne ihn bereits aus der Zeit, als ich das erste Mal für den DFB gearbeitet habe. Er hat gezeigt, welche Qualitäten er als Trainer hat», sagte der 72-Jährige.

Gemessen daran, dass der DFB die Personalie nun verkündete, hatte es in den Tagen zuvor erstaunlich wenige Spekulationen und Gerüchte gegeben. Ex-Nationalspielerin Maren Meinert wird Wück assistieren. Eine weitere Assistentenstelle soll «zeitnah» vergeben werden, wie es hieß.

Dass der DFB und die neue Sportdirektorin Nia Künzer sich nicht scheuten, die Entscheidung ausgerechnet am Frauentag zu veröffentlichen, zeigt auch, wie sehr der Verband von der Lösung überzeugt ist. Künzer lobte die Leidenschaft, die Expertise und das sehr klare Konzept des künftigen Chefs. «Wichtig ist für uns auch, junge Spielerinnen perspektivisch an die A-Nationalmannschaft heranzuführen beziehungsweise aktuelle zu Führungsspielerinnen zu formen - dafür ist er der Richtige. Für uns war das Gesamtpaket überzeugend», sagte Künzer.

Großer Aufstieg für Wück

Für Wück, der seit über einem Jahrzehnt Jugendmannschaften des DFB anleitet, sprach vor allem der Umstand, wie gut er Spieler entwickeln kann. Der gebürtige Franke sprach von «einer großen Ehre», er habe sich die Sache nicht lange überlegen müssen. «Es macht mich stolz, dass ich diesen Weg nach Olympia begleiten und gestalten werde», sagte Wück, für den der Wechsel ein gewaltiger Aufstieg ist.

Hrubesch hatte den deutschen Frauen vergangene Woche mit einem 2:0-Erfolg gegen die Niederlande in Heerenveen die Olympia-Teilnahme für Paris gesichert. Das Engagement des Ex-Profis war von seiner Seite von vornherein bis dahin begrenzt. Hrubesch will sich danach wieder auf seine Aufgabe als Nachwuchschef beim Hamburger SV konzentrieren.

Er hatte 2018 schon einmal als Coach der DFB-Frauen ausgeholfen. Vor den Sommerspielen absolviert Hrubesch von Anfang April noch die Qualifikation für die EM 2025 in der Schweiz. In den Gruppenspielen trifft das DFB-Team auf Österreich, Island und Polen.

Bis Paris mit Hrubesch

Der DFB klärt mit der Verpflichtung von Wück eine lange offene Personalfrage. Nach dem WM-Debakel von Australien mit dem Vorrunden-Aus im vorigen Sommer hatte sich Bundestrainerin Voss-Tecklenburg krankgemeldet, nach einer Hängepartie wurde ihr Arbeitsverhältnis aufgelöst. Zwischenzeitlich war ihre langjährige Assistentin Britta Carlson eingesprungen. Nachdem die Olympia-Teilnahme in Gefahr geraten war, holte der Verband Hrubesch zurück, der bei den Spielerinnen großes Vertrauen genießt.

Vor Hrubesch und ab dem Sommer dann Wück hatte es nur einen Mann gegeben, der das Frauen-Nationalteam verantwortlich betreute: Gero Bisanz als erster Chefcoach von 1982 bis 1996. Tina Theune holte mit der DFB-Auswahl 2003 den WM-Titel, Silvia Neid 2007. Letztere gewann auch 2016 in Rio de Janeiro Olympia-Gold unter anderem mit der heutigen DFB-Kapitänin Popp.

«Ich werde nicht nach Paris fahren, um mitzuspielen. Ich will schon ins Endspiel», hatte Hrubesch nach dem Sieg gegen die Niederlande gesagt. Er hatte 2016 von Rio Silber mit den deutschen Männern mit nach Hause gebracht. Die EM 2025 - drei Jahre nach dem Finaleinzug der deutschen Frauen bei der EM in England - wäre dann das erste Turnier des neuen Bundestrainers Wück.

Ulrike John und Patrick Reichardt, dpa
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