Am Mittwoch saß Travis Kelce mit weißer Kappe und im Super-Bowl-Trikot seiner Kansas City Chiefs auf einem Stuhl und lachte. Knapp 40 Minuten lang sprach er etwas außerhalb von Las Vegas mit einem großen Pulk Journalisten - und wie immer in den vergangenen Monaten antwortete er einen großen Teil der Zeit auf Fragen zu seiner Freundin Taylor Swift.
Was er von der Wette halte, sie würden in Las Vegas heiraten? Was zuerst passieren werde: Dass Taylor einen Ring bekomme (von ihm) oder die 49ers (für den Sieg im Super Bowl)? Ob es anstrengender sei für drei Stunden ein Konzert zu geben oder auf dem Football-Feld zu stehen? Und schließlich: Was er davon halte, dass er so viele Fragen zu seinem Privatleben beantworten soll.
«Ich denke, das ist in Ordnung, wir haben alle Spaß damit. Wie könnte ich mich darüber also aufregen?», antwortete Kelce vier Tage vor dem Super Bowl auf diese letzte Frage - und zeigte sein bestes Grinsen. Der 34-Jährige ist nicht nur Football-, sondern auch Medien-Profi und weiß ganz genau, warum ihm vor dem wichtigsten NFL-Spiel der Saison in der deutschen Nacht zu Montag (0.30 MEZ/RTL und DAZN) neben Antworten zu den San Francisco 49ers auch so viele zu seiner Beziehung entlockt werden.
Taylor Swift - ein Geschenk für die NFL
Taylor Swift ist in den USA nicht irgendeine Sängerin, Taylor Swift ist weltweit nicht nur irgendeine Sängerin. Sie ist derzeit der Musik-Star schlechthin, auf dem Höhepunkt ihrer Bekanntheit und Popularität - und für Kelce, die Kansas City Chiefs und die National Football League ein Marketing-Geschenk.
Bei Preisverleihungen bricht Swift regelmäßig Rekorde - am Sonntagabend gewann sie für ihre Platte «Midnights» ihren vierten Grammy für das Album des Jahres. Die 34-Jährige hat bei ihren als sehr treu und loyal geltenden Fans, den Swifties, einen enormen Einfluss und auf der Plattform Instagram rund 279 Millionen Follower (die NFL, die Chiefs und Kelce kommen zusammen auf nicht mal 14 Prozent davon). Ihre derzeit laufende Eras-Tour gilt als die kommerziell erfolgreichste der Musik-Geschichte. Ihr Vermögen wird auf mehr als eine Milliarde US-Dollar geschätzt. Auf der «Forbes»-Liste der weltweit einflussreichsten Frauen landete Swift jüngst auf Rang fünf. 2023 kürte das Magazin «Time» sie zur Person des Jahres.
Dass diese Taylor Swift nun regelmäßig in Football-Stadien auftaucht und von einer Loge aus Touchdowns und andere gelungene Aktionen von Kelce enthusiastisch bejubelt, hat ganz konkrete Auswirkungen. Oder, wie es der Footballer, formulierte: «Weltweit berühmt zu sein ist eine andere Geschichte, als in Kansas City berühmt zu sein.»
Seit Swift im September zum ersten Mal für ein Spiel in Kansas City ins Football-Stadion ging, hat sie laut einer Studie der Apex Marketing Group den Chiefs und der NFL einen Marketingwert von mehr als 331 Millionen US-Dollar beschert. «Es schafft eine Begeisterung, es schafft eine weitere Gruppe junger Fans - vor allem junge Frauen - die daran interessiert sind zu sehen: «Warum geht sie zu diesem Spiel? Warum interessiert sie sich für dieses Spiel?»», sagte NFL-Boss Roger Goodell zu Wochenbeginn.
Fliegt der Popstar direkt aus Tokio ein?
73 Prozent aller erwachsenen Amerikaner wollen den Super Bowl verfolgen - das sind 10 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Und der Sieg der Chiefs gegen die Philadelphia Eagles in Phoenix hält bereits den Rekord für den Super Bowl mit den meisten Zuschauern: 115 Millionen Menschen in den USA.
Ob Swift in Las Vegas dabei sein kann, ist seit der Qualifikation der Chiefs für den Super Bowl ein Riesenthema in den US-Medien. Am Abend vor dem Spiel gibt sie in Tokio ein Konzert. Wegen der großen Zeitverschiebung von 17 Stunden und weil sie ein Privatjet besitzt, ist eine Anreise machbar. Das garantierte sogar der japanische Botschafter in den USA. Ob sie für ihren Jet aber einen Parkplatz findet in Las Vegas angesichts der vielen reichen Football-Fans in der Stadt und wie viel CO2 eine solche Reise produzieren würde, war ebenfalls Gegenstand von Artikeln selbst bei den größten Medienhäusern.
Obwohl Swift bei den Drei-Stunden-Übertragungen im Schnitt gerade mal 25 Sekunden lang zu sehen ist, geht vielen die Aufmerksamkeit für die Sängerin zu weit. In Deutschland wie in den USA sehen Football-Puristen es so, dass es mit dem Sport nichts zu tun hat. Selbst NFL-Deutschland-Chef Alexander Steinforth sagt: «Erstmal glaube ich, dass die Partie und dass der Sport an sich so attraktiv ist, dass man das jetzt gar nicht bräuchte, um Leute dafür zu begeistern.» Er räumt aber auch ein: «Das ist natürlich irgendwo auch Teil unserer DNA: Wir sind Sport, wir sind aber gleichzeitig auch Entertainment und insofern ist das zusätzliche Aufmerksamkeit, über die wir uns natürlich nicht beschweren.»
So sieht es auch ihr Freund Kelce, der die ganzen Fragen zu seiner Partnerin auch alle beantwortete: Die Wetten über eine Hochzeit seien «verrückt», ein Football-Spiel über drei Stunden sei anstrengender, «weil der Kontakt zum Gegner dazu kommt» und bevor Swift oder die 49ers einen Ring bekommen, will er selbst zum dritten Mal binnen fünf Jahren zuschlagen. «Ich hoffe, dass ich einen Ring hole am Sonntag.» Taylor Swift würde sich freuen - und mit ihr eine ganze Menge Fans, ob seit Jahren dabei oder erst seit ein paar Wochen.
Von Maximilian Haupt, dpa
© dpa-infocom, dpa:240208-99-914480/2
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten