DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke hat sich laut eigener Aussagen «maßlos» über Kommentare aus der Politik zum anstehenden Ausrüsterwechsel beim Deutschen Fußball-Bund von Adidas zu Nike geärgert.
«Es gibt Leute, die haben vor fünf Jahren noch gesagt: "Vaterlandsliebe kotzt mich an" und entdecken jetzt auf einmal den Patriotismus», sagte Watzke, der auch DFB-Vizepräsident ist, in einem Sky-Interview. «Das einzige Vernünftige, was ich gelesen habe, war der Satz vom Bundeskanzler: Dass das die Sache des Verbands ist.»
Der DFB hatte zweieinhalb Monate vor Beginn der Heim-EM überraschend bekannt gegeben, den Vertrag mit Dauerpartner Adidas Ende 2026 nach mehr als 70 Jahren auslaufen zu lassen. Von 2027 an bis Ende 2034 wird US-Rivale Nike den DFB ausstatten. Zahlreiche Politiker kritisierten dies, Grünen-Politiker Robert Habeck sagte, er hätte sich «ein Stück mehr Standortpatriotismus gewünscht». Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach von einer «Fehlentscheidung, wo Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet».
«Dass das in der Öffentlichkeit so ein großes Thema ist, das war klar und kann ich gut nachzuvollziehen», sagte Watzke. «Als ich damit konfrontiert worden bin, habe ich auch erst mal Luft holen müssen. Das war eine gewachsene Beziehung zwischen dem DFB und Adidas.» Der DFB habe «diskriminierungsfrei ausschreiben müssen, daran haben wir uns gehalten».
Die Differenz der Angebote sei «so gigantisch groß» gewesen. «Da gab’s einfach keine andere Lösung. Wenn man ausschreibt, dann ist es halt so, dass irgendwann mal einer böse ist», sagte Watzke. Es könnten nicht Regeln geschaffen werden und anschließend in der Politik kommentiert werden, «dass das unpatriotisch sei. Das fand ich einfach total daneben», sagte Watzke.
Einem Bericht des «Handelsblatts» unter Berufung auf Branchenkreise zufolge soll sich Nike das Engagement beim DFB mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr kosten lassen. Adidas soll bislang 50 Millionen Euro jährlich an den Verband gezahlt haben.
Watzke hätte bei EM gern mehr BVB-Spieler dabei
Watzke sieht die Nichtberücksichtigung einiger Profis von Borussia Dortmund für die Nationalmannschaft gelassen - zumindest noch. «Selbst wenn es mich ärgern würde, würde ich es nicht sagen. Das hat man einfach zu akzeptieren», sagte der Vorsitzende der BVB-Geschäftsführung in dem Sky-Interview. «Aktuell hat das Vorteile. Bei der Europameisterschaft hätte ich aber schon gerne ein paar mehr Spieler dabei.»
Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte für die beiden Länderspiele gegen Vize-Weltmeister Frankreich sowie gegen die Niederlande allein Stürmer Niclas Füllkrug vom BVB berufen. Auf bewährte Kräfte wie Mats Hummels, Niklas Süle und Julian Brandt verzichtete er.
Er müsse «ganz ehrlich» sagen: «So wenig Werbung haben sie auch nicht für sich gemacht», sagte Watzke. «Wir stehen immerhin im Viertelfinale der Champions League. Wir müssen den Bundestrainer jetzt mal in Ruhe lassen. Er soll seine Entscheidungen treffen und wir konzentrieren uns dann auf die Euro.»
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