Tränen nach Reit-Sturz, aber Einzel-Gold möglich
Glück und Unglück liegen vor dem Schloss nahe beieinander. Christoph Wahler fällt vom Pferd, das kostet dem deutschen Team Edelmetall. Doch im Einzel winkt Gold durch Michael Jung.
Glück und Unglück liegen vor dem Schloss nahe beieinander. Christoph Wahler fällt vom Pferd, das kostet dem deutschen Team Edelmetall. Doch im Einzel winkt Gold durch Michael Jung.
Mit Tränen in den Augen und zu Fuß verließ Vielseitigkeitsreiter Christoph Wahler den Schlossgarten von Versailles. Durch seinen Sturz mit dem Pferd Carjatan platzte der Traum von der olympischen Team-Medaille. Doch immerhin: Im Einzel winkt Gold, da Michael Jung auf der 5149 Meter langen Geländestrecke mit Chipmunk eine Traumrunde zeigte und die Führung übernahm.
Als Jung seinen perfekten Ritt mit strahlendem Lächeln beendete, war Wahler schon lange schluchzend in die Stallungen geschlurft. Für den 30 Jahre alten Profi ist Olympia bereits beendet, während Jung am Montag auf seine vierte Goldmedaille hoffen darf. Als nun Führender wäre er mit zwei fehlerfreien Runden im Springen der Sieger.
Pferd hat «sich nicht weh getan».
Pferd und Reiter blieben beim Sturz an Sprung 16 unverletzt. «Er ist Gott sei Dank nicht gefallen, hat sich nicht weh getan», berichtete der 30 Jahre alte Reiter aus Bad Bevensen über seinen Wallach. «Er ist super drauf», sagte Wahler. «Das ist das Wichtigste, dem gilt unsere erste Sorge.» Die Pferdepflegerin Li Ann Kirchheim brachte Carjatan in den Stall.
Wahler war von seinem vor dem Absprung strauchelnden Pferd gefallen, überschlug sich bei dem Sturz einmal - und «habe es kaum gemerkt», wie er berichtete. «Der schlimmste Knacks ist der Mentale», sagte der Reiter, der vor zwei Jahren bei der WM in Italien mit Carjatan zum deutschen Gold-Team gehörte. Als «totale Enttäuschung» bezeichnete Bundestrainer Peter Thomsen den Sturz.
Der gestürzte Reiter war nicht zu trösten. «Dass es ausgerechnet heute passiert, wo es wirklich drauf ankommt, ist natürlich wahnsinnig bitter», sagte er und rang um Fassung. «Es sind viele Jahre Arbeit, die hier gekrönt werden sollten - aber das war's jetzt.»
Jung hingegen darf auf eine erneute Krönung hoffen. Der dreimalige Olympiasieger zeigte vor den rund 40 000 Zuschauern auf der königlichen Parkanlage einen famosen Ritt.
Jung nach makellosem Ritt auf Goldkurs
Jung übernahm vor dem abschließenden Springen am Montag die Führung. Der 41 Jahre alte Profi ritt mit Chipmunk makellos. Die nach der Dressur führende Britin Laura Collett hingegen war mit ihrem Pferd London einen Tick zu langsam, kassierte 0,8 Strafpunkte und fiel auf Rang zwei zurück. «Unglaublich, es hat einfach nur Spaß gemacht», kommentierte Jung seinen Ritt: «Chipmunk hat so eine Energie, galoppiert so dynamisch nach vorne.»
Der 41-Jährige warnte jedoch bei der Frage nach dem zum Greifen nahen Gold. «Alles kann noch schiefgehen. Ich denke jetzt nicht an Gold», betonte der Reiter: «Ich bin jetzt erstmal glücklich und versuche, das auch zu genießen.» Am Montag gehe es weiter, erklärte Jung: «Ich bin sehr guter Dinge und positiv.» Sein Pferd Chipmunk sei noch frisch und «ist morgen genauso knackig drauf».
Als Startreiterin hatte Julia Krajewski aus Warendorf zuvor eine gute Vorstellung gezeigt. Die 35-Jährige, die vor drei Jahren in Tokio mit Amande Einzel-Gold gewonnen hatte, blieb mit ihrem neuen Pferd Nickel ohne Fehler, kassierte lediglich Strafpunkte wegen Überschreitung der Richtzeit und liegt auf Platz 14.
Von Michael Rossmann, dpa
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