Xabi Alonso ballte vor Freude die Faust und sprang in seiner Coachinzone gleich mehrfach in die Luft, die Fans von Bayer Leverkusen feierten ihre Mannschaft mit minutenlangen Sprechchören.
Dank des 3:2 (0:1) gegen den VfB Stuttgart kommt die Werkself dem ersten Pokalsieg seit 31 Jahren immer näher und ist ganz offensichtlich bereit für das Topspiel gegen den FC Bayern München. In einem phasenweise begeisternden Viertelfinale hatte Jonathan Tah mit einem Kopfballtor in der 90. Minute für den späten Leverkusener Sieg gesorgt.
«Es fühlt sich brutal gut an. Gerade in so einem Spiel gegen so einen Gegner, der uns sehr große Probleme bereitet hat. Das gibt uns viel Energie und positive Hoffnung für alles, was jetzt noch kommt», sagte Tah im Anschluss in der ARD.
Damit blieb das Team von Trainer Alonso auch im 30. Pflichtspiel der Saison ungeschlagen. Eine längere Serie vom Start weg hatte zuvor kein deutscher Club hingelegt. Robert Andrich (49.) und Amine Adli (66.) hatten zuvor die zweimalige VfB-Führung durch Kapitän Waldemar Anton (11.) und Chris Führich (57.) jeweils ausgeglichen, ehe Tah den zehnten Leverkusener Einzug ins Halbfinale perfekt machte.
Bayer nun klarer Favorit auf den Titel
«In der letzten Minute noch ein Tor zu bekommen, tut enorm weh. Wir haben zu einfache Fehler gemacht, die zu Gegentoren geführt haben», sagte Anton. Im Halbfinale ist Bayer nun klarer Favorit auf den Titel, da in dem Tabellen-13. Borussia Mönchengladbach bestenfalls ein weiterer Erstligist dabei sein wird.
Viermal stand Bayer bisher im Finale, nach dem einzigen Titel 1993 gingen drei Endspiele verloren. Zudem dürfen die Rheinländer vom Double träumen, in der Liga wird das direkte Duell mit den Bayern Signal-Wirkung haben. Die in den vergangenen beiden Jahren fast abgestiegenen Stuttgarter müssen sich auf die angepeilte Qualifikation für die Champions League konzentrieren. Dass sie das Zeug dazu haben, bewiesen sie wieder eindrucksvoll.
Stuttgart ohne Torjäger Serhou Guirassy
Auch ins Pokal-Viertelfinale hatten sich die beiden Überraschungsmannschaften der bisherigen Bundesliga-Saison alles andere als durchgemogelt. Bayer stellte mit 16 Treffern in drei Spielen bei zehn verschiedenen Torschützen vor dem Viertelfinale die beste Offensive, Stuttgart war als einziger Club ohne Gegentor geblieben und hatte unter anderem Vize-Meister Borussia Dortmund rausgeworfen.
Die Hoffnung auf eine Rückkehr von Torjäger Serhou Guirassy hatte sich aber nicht erfüllt. Der Guineer, der in 16 Pflichtspielen für den VfB in dieser Saison 19 Treffer erzielt hat, war zwar vom Afrika-Cup zurückgekehrt, fehlte aber wegen einer Magen-Darm-Erkrankung.
Intensive Partie auf Augenhöhe
Das Spiel war von Beginn an intensiv. Anton setzte sich nach einem Eckball von Angelo Stiller früh gegen Edmond Tapsoba durch und köpfte über Bayers Pokal-Torhüter Matej Kovar hinweg ins Tor. Leverkusen verstärkte nun die Schlagzahl, der VfB stellte sich aber auch weiterhin nicht hinten rein, sondern presste hoch. So entstand auch die große Chance zum 0:2, als Deniz Undav 20 Meter vor dem Tor einen Ball von Kovar abfing und Atakan Karazor bediente, der aber viel zu harmlos abschloss (24.).
Bayer kam gegen die aufmerksame und körperlich starke Defensive der Gäste erst spät zu Chancen. Und als die Gastgeber in der 40. Minute nach einem ganz starken Spielzug vermeintlich den Ausgleich erzielten, hatte Schütze Patrik Schick im Abseits gestanden. Bis zur Pause kam Bayer nun zu Gelegenheiten, doch Alexander Nübel hielt gegen Alejandro Grimaldo (40.) und Schick (42.) gut. Die VfB-Führung zur Pause war dennoch nicht unverdient, so wie die Schwaben hatte in dieser Saison noch kein Gegner die Leverkusener in ihrer eigenen Arena gefordert.
Nach der Pause drehte Leverkusen aber noch mehr auf. Zunächst hielt Nübel wieder gut gegen Schick (47.), dann schlenzte Andrich den Ball in den Winkel. Doch der VfB blieb mutig, gewann durch gutes Pressing wieder einen Ball von Kovar und Führich schloss eiskalt ab. Nun wurde das Spiel noch hochklassiger, noch dramatischer, ein echter Pokalfight, und der keine drei Minuten zuvor eingewechselte Adli glich aus. Doch es kam noch besser für Bayer, als Tah per Kopf zur Stelle war.
Von Holger Schmidt, dpa
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