Die Franzosen um Randal Kolo Muani (r) und Antoine Griezmann erreichten das Viertelfinale.
Rolf Vennenbernd/dpa
Die Franzosen um Randal Kolo Muani (r) und Antoine Griezmann erreichten das Viertelfinale.
Fußball-EM

Späte Erlösung mit Eigentor: Frankreichs Minimalisten weiter

Titelanwärter Frankreich um Maskenmann Kylian Mbappé zittert sich gegen Belgien ins EM-Viertelfinale. Die Entscheidung fällt durch ein Eigentor - ein Ex-Bundesliga-Profi ist daran beteiligt.

Düsseldorf (dpa) – Didier Deschamps fiel seinen Spielern überglücklich um den Hals und reckte die Jubel-Faust zum Publikum. Die Erleichterung war riesig bei Frankreichs Nationaltrainer und seinem Starensemble um Maskenmann Kylian Mbappé. Die Belgier, für die ein großes Turnier wieder mal frühzeitig endete, mussten getröstet werden.

Mit der nächsten Ausgabe ihres Minimalisten-Fußballs zitterten sich die Franzosen bei der EM ins Viertelfinale. Der zweimalige Europameister gewann das über weite Strecken enttäuschende Achtelfinale in Düsseldorf am Montag mit 1:0 (0:0) gegen die von Domenico Tedesco trainierten Belgier. Die Entscheidung fiel durch ein Eigentor von Jan Vertonghen, der einen Schuss von Ex-Bundesliga-Profi Randal Kolo Muani in der 85. Minute abfälschte.

«Es hat geklappt», sagte Deschamps. «Wir hatten mehr Chancen und haben uns belohnt. Wir sind jetzt einen Schritt weiter und werden das genießen. So kann es weitergehen.» Der Trainer habe ihm gesagt, dass er etwas «Frische reinbringen» und seine «Geschwindigkeit ausspielen» solle, erklärte Kolo Muani. «Das habe ich versucht. Und ich glaube, ich habe dem Team auch neuen Schwung verliehen.»

Nächster Dämpfer für Belgien nach WM-Aus

Trotz bislang nur drei Toren und noch keinem eigenen Treffer aus dem Spiel heraus bei dieser EM blieben die Franzosen damit seit dem 0:1 bei der WM 2014 gegen Deutschland bei Turnierspielen in regulärer Spielzeit unbesiegt. Für die Équipe Tricolore, die bereits zum fünften Mal und damit häufiger als jedes andere Team bei einer EM von einem Eigentor profitierte, geht es nun am Freitag im Viertelfinale in Hamburg weiter. Dann muss sie jedoch auf Mittelfeldspieler Adrien Rabiot von Juventus Turin verzichten, der seine zweite Gelbe Karte im Turnier sah.

Belgien muss dagegen auch unter dem deutschen Trainer Tedesco vorzeitig die Heimreise antreten. Der ewige Geheimfavorit um Superstar Kevin De Bruyne war bei der WM 2022 sogar bereits in der Vorrunde gescheitert. «Am Ende hat ein Dreckstor entschieden, deshalb sind wir sehr frustriert», sagte der frühere Bundesliga-Torwart Koen Casteels.

«Wir hatten einen Plan. Wir haben schon auch gut gespielt», sagte De Bruyne. «Schade, dass wir so ein Tor bekommen haben.» Der Wille sei da gewesen. Natürlich sei man enttäuscht.

 

Vermeintliches Top-Duell lange Zeit ein Langweiler

Das mit Spannung erwartete vermeintliche Top-Duell entpuppte sich schnell als Langweiler. Beide Teams setzten ihre überwiegend uninspirierten und enttäuschenden Leistungen aus der Vorrunde nahtlos fort. Frankreich machte einmal mehr viel zu wenig aus den technischen Fähigkeiten im Kader und spielte mit zu wenig Tempo.

Topstar Mbappé, der sich zwei Wochen zuvor an selber Stelle beim 1:0 gegen Österreich die Nase gebrochen hatte, blieb extrem unauffällig. Der künftige Angreifer von Real Madrid hatte sich zuvor über eine große Beeinträchtigung durch seine Schutzmaske beschwert. «Es ist furchtbar, mit einer Maske zu spielen», hatte Frankreichs Kapitän gemotzt. «Man sieht nicht so gut, man schwitzt darunter - dann muss man den Schweiß rauslassen.» Tatsächlich ging vom 25-Jährigen kaum Gefahr aus. Der Stürmerstar stand mehr, als dass er sich am Angriffsspiel beteiligte.

Thuram vergibt beste Chance vor der Pause

Bei den Belgiern fehlte es an der nötigen Präzision im Angriff, zudem wurde das zu große Leistungsgefälle im Team einmal mehr offensichtlich. Immer wieder ließ sich Kapitän und Starspieler Kevin De Bruyne sehr weit zurückfallen, um den Spielaufbau anzukurbeln. So büßte der Offensivspieler von Manchester City aber viel von seiner Torgefahr ein.

Die beste Chance hatten die Franzosen erst nach gut 34 Minuten, als der frühere Gladbacher Marcus Thuram einen Kopfball knapp neben das Tor setzte. Bis dahin hatte Belgien etwas gefährlicher gewirkt. Insgesamt blieb das Spiel vor der Pause auf beiden Seiten aber viel zu statisch und ereignisarm.

Warum beide Teams in der Vorrunde jeweils nur zwei Tore zustande brachten, wurde einmal mehr klar. Wie oft beide Angriffsreihen trotz teils freier Schussbahn nicht einmal das Tor trafen, war erschreckend.

De Bruyne scheitert - Kolo Muani trifft mit Glück

Auch nach dem Seitenwechsel setzte sich das teils unwürdige Spiel fort. Immer dann, wenn es schnell werden musste, wurde auf beiden Seiten das Tempo verschleppt und die Stars fanden überhaupt nicht in ihr Spiel. Auch der frühere Bundesligastürmer Thuram blieb einmal mehr unter seinen Möglichkeiten. Der Angreifer von Inter Mailand musste nach rund einer Stunde vom Feld und wurde durch den früheren Frankfurter Kolo Muani ersetzt. 

In der 83. Minute scheiterte De Bruyne mit einem wuchtigen Schuss an Frankreichs Keeper Mike Maignan. Auf der Gegenseite erlöste Kolo Muani die Franzosen von Trainer Didier Deschamps. Verteidiger Vertonghen fälschte seinen Schuss unhaltbar ab.

Von Carsten Lappe und Thomas Eßer, dpa
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