Inmitten der roten Rauchschwaden auf dem Emotions-Podium der Formel 1 schlechthin genoss Max Verstappen den ersten Grand-Prix-Sieg nach 112 Tagen. Und selbst die Tifosi stimmten den Song zu Ehren des Italien-Experten ein - seine bis dahin letzten Erfolg hatte der viermalige Champion in Imola gefeiert. «Was für ein unglaubliches Wochenende, wir können stolz sein», schwärmte Verstappen, dessen Oberboss Mark Mateschitz den 66. Triumph des Red-Bull-Superstars vor Ort mit genoss. «Diese Wiedergeburt - wir sind alle überglücklich», betonte Motorsportberater Helmut Marko.
Mit einer Galavorstellung wie zu besten Zeiten beendete Verstappen seine ungewohnt lange Sieglos-Zeit und düpierte das McLaren-Duo mit dem WM-Zweiten Lando Norris und dem WM-Führenden Oscar Piastri - 20 Sekunden nach Verstappen kamen die beiden erst ins Ziel.
Piastri angesäuert nach Tausch-Befehl
Nach einem verpatzten Reifenstopp von Norris hatte das Team Piastri angewiesen, den Briten in der finalen Rennphase vorbeizulassen. Mit entsprechend angesäuerter Miene schritt WM-Spitzenreiter Piastri zur Siegerehrung. «Das war ziemlich schmerzhaft, aber du hast das Richtige getan», bekam er vom Kommandostand zu hören.
Der Tausch kostete ihn drei Punkte, sein Vorsprung auf Norris beträgt nun 31 Zähler. Verstappen liegt als Dritter 94 Punkte zurück. «Wir schauen von Rennen zu Rennen», kommentierte der Niederländer.
Acht Grand Prix stehen noch aus. Klar ist, dass Verstappen sehr geringe Chancen auf seinen fünften Titel in Serie hat. Klar ist aber auch, dass der 27 Jahre Niederländer in einem Wagen wie in Monza aufholen kann. «Die schnellen Kurse sollten uns weiterhin liegen. Bei den meisten Strecken können wir aus eigener Kraft vorne mitfahren», betonte Red Bulls Marko. Wie diese Saison ausgeht, hängt auch davon ab, wie die beiden McLaren-Rivalen und deren Rennstallverantwortlichen die ausstehenden Rennen angehen. Das Credo bleibt: Keiner soll bevorzugt werden.
Was machten die beiden Ferraris vor heimischer Kulisse?
Nach dem Sieg vor einem Jahr durch Charles Leclerc ging Ferrari dieses Mal leer aus. Der Monegasse kam auf Platz vier, Rekordweltmeister Lewis Hamilton auf Position sechs.
Einen anderen erwischte es, noch bevor es richtig losging. Ausgerechnet den einzigen Deutschen: Bring das Auto in die Box, bekam er auf der Einführungsrunde in den Sauber gefunkt. Platz zwölf in der Qualifikation folgte das Aus wegen eines Hydraulikproblems vor dem Erlöschen der roten Ampeln.
Norris wütet gegen Verstappen: «Was macht der Idiot?»
Was die rund 130.000 Zuschauer aber auch ohne den 38 Jahre alten Routinier zumindest zu Beginn geboten bekamen, war Formel-1-Action mit Sternchen. Kaum war das Rennen frei, verteidigte Verstappen mit Härte seine Pole – die 45. seiner Karriere. Norris musste durchs Gras, es staubte, der Brite schnaubte. «Was macht der Idiot?», wütete der eigentliche Verstappen-Kumpel per Funk: «Erst drückt der mich ins Gras, dann kürzt er ab.»
In der anschließenden Schikane nach dem Start war Verstappen dann mehr oder weniger geradeaus gefahren. Die Rennleitung ermittelte umgehend, die Red-Bull-Box reagierte, um einer möglichen Strafe zu entgehen. «Gib die Position zurück», funkte der Kommandostand – Verstappen gehorchte. Dabei nutzte gleich mal Leclerc unter dem Jubel der Tifosi im Königlichen Park seine Chance und schob sich an Piastri vorbei. Lange konnte der Monegasse, der vor einem Jahr in Monza triumphiert hatte, allerdings nicht halten.
Ist der Red Bull zurück zu alter Stärke?
Ebenso wie Norris die Führung. 15 Grand Prix kämpfte Verstappen in diesem Jahr mal mehr, mal weniger mit seinem Red Bull, vorbei war die Dominanz des viermaligen Weltmeisters. Vor dem Italien-Rennen lag er bereits 104 Punkte hinter Piastri. Die Italien-Pole war schon eine Überraschung, der neue Unterboden zeigte aber auch im Rennen offensichtlich Wirkung.
Verstappen schnappte sich in der fünften Runde die Führung zurück. In der Schikane ließ er Norris keine Chance. Einen Konter konnte der Brite, der vor einer Woche in Zandvoort wegen eines Defekts am McLaren aufgeben musste, nicht setzen. Verstappen fuhr sich einen erstmal beruhigenden Vorsprung heraus.
Damit legte sich auch die erste große Aufregung. Verstappen vor Norris und Piastri, dahinter Leclerc vor Mercedes-Pilot George Russell, ehe dann Hamilton folgte. Nach einer anhängigen Strafe hatte er in der Startaufstellung statt von Rang fünf von Position zehn losfahren müssen.
Wolfühl-Programm für Hamilton - aber weiter kein Podest
Die überbordende Begeisterung der Tifosi für den neuen Ferrari-Superstar in den Tagen vor dem Rennen tat Hamilton spürbar gut. Dass er auch mal mit einem Motorrad in den italienischen Nationalfarben an die Strecke kam, tat ein Übrigens. Gleichwohl blieb das Podium auch beim 16. Versuch in einem Grand Prix für die Scuderia für den 40 Jahre alten, siebenmaligen Weltmeister und 105-maligen Renngewinner außer Reichweite. Das machten Verstappen und das McLaren-Duo unter sich aus. Als der Niederländer noch während des Rennens von seinem Ingenieur über die Tauschanweisung informiert wurde, lachte der nur und meinte: «Wegen eines langsamen Boxenstopps?». McLaren sollte gewarnt sein.
Von Jens Marx und Thomas Wolfer, dpa
© dpa-infocom, dpa:250907-930-7578/3
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten