Am Ende fehlte nur der letzte Schritt. Der deutsche Außenseiter Benedikt Duda hat bei den Tischtennis-Europameisterschaften für eine der größten Überraschungen der vergangenen Jahre gesorgt. Der 30 Jahre alte Bundesliga-Profi vom TTC Schwalbe Bergneustadt wurde in Linz erst im Finale in 4:0 Sätzen von dem Franzosen Alexis Lebrun gestoppt. «Das ging leider sehr schnell», sagte Duda.
Am Tag zuvor hatte der deutsche Meister noch Lebruns jüngeren Bruder und großen EM-Favoriten Felix Lebrun aus dem Turnier geworfen (4:3). Dazwischen fegte er im Halbfinale über den früheren Weltranglisten-Ersten Dimitrij Ovtcharov hinweg (4:2). «Benne hat phänomenal gespielt», sagte Ovtcharov, nachdem sein eigener Traum vom dritten EM-Gold nach 2013 und 2015 unerwartet geplatzt war.
Duda selbst sagte nach dem Finale: «Ich bin sehr stolz auf mich. Ich wäre gern noch einen Schritt mehr gegangen. Aber dafür war Alexis zu stark.»
Die Nummer 28 der Weltrangliste führte bislang eine Karriere im Schatten der großen Namen Ovtcharov, Timo Boll oder Dang Qiu. Aber Duda gehörte bereits zu den deutschen Teams, die 2022 in China überraschend WM-Silber und 2021 in Rumänien EM-Gold holten.
Bundestrainer Jörg Roßkopf förderte den Mann aus der Handball-Hochburg Gummersbach stets, auch weil er in Duda vieles von dem wiedererkannte, was ihn selbst früher zum Einzel-Europameister und Doppel-Weltmeister machte: Er ist kein Jahrhundert-Talent wie Boll, aber ein harter, fleißiger und hochkonzentrierter Arbeiter.
Ob er mit seinem Durchmarsch bei dieser EM gerechnet habe? «Natürlich nicht!», sagte Duda. «Ich war lange verletzt. Die ersten Bundesliga-Auftritte und die letzten internationalen Auftritte waren nicht so gut. Aber zehn Tage vor der EM habe ich mich im Training sehr gut gefühlt. Ich habe sehr gut und sehr hart trainiert.»
Deutsche Dominanz vorbei
Dieser Finaleinzug war aber nicht nur der bislang größte Erfolg seiner Einzel-Karriere. Er war nach dem bislang so enttäuschend verlaufenen Olympia-Jahr 2024 auch ein wichtiges Zeichen für den Deutschen Tischtennis-Bund.
Erst zum dritten Mal bei den vergangenen 13 Turnieren kommt der Einzel-Europameister nicht aus Deutschland. Die Zeit der großen Dominanz ist vorbei. Schweden und vor allem Franzosen machten bei den Olympischen Spielen und teilweise schon bei der Team-WM im Februar den deutlich besseren Eindruck. Die Zukunft gehört mit Spielern wie Felix Lebrun (18), Alexis Lebrun (21) oder Truls Möregardh (22) unbestritten ihnen.
Dennoch ist die deutsche EM-Bilanz nicht nur wegen Duda ein Erfolg. Nina Mittelham holte bei ihrem ersten Turnier nach einer schweren Olympia-Verletzung gleich die Bronzemedaille. Von den sechs deutschen Männern erreichten vier das Viertelfinale. Die 18-jährigen Annett Kaufmann (Bronze im Mixed) und Andre Bertelsmeier (Achtelfinale im Einzel) überzeugten auch. «Es war ein gutes Turnier», sagte Damen-Bundestrainerin Tamara Boros.
Von Sebastian Stiekel, dpa
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