Arm in Arm stehen die palästinensischen Fußballer auf dem Rasen. Um ihren Hals tragen sie alle eine schwarz-weiße Kufiya, das sogenannte «Palästinensertuch». Ihr Blick ist schmerzerfüllt. Manche senken den Kopf zu Boden, andere Richtung Himmel. Solche Szenen wie beim Vorbereitungsspiel gegen Usbekistan dürfte es auch beim Asien-Cup vom 12. Januar bis 10. Februar in Katar geben.
Auf den Rängen werden starke pro-palästinensische Solidaritätsbekundungen erwartet. Auf dem Platz ist die palästinensische Auswahlmannschaft in Zeiten des Gaza-Krieges auf einer hochemotionalen Mission.
Es sei «eine Quelle des Stolzes, nicht nur für mich, sondern für alle Palästinenser», sagte Angreifer Oday Dabbagh über die dritte Teilnahme bei der Kontinentalmeisterschaft. Doch diese steht angesichts des heftigen Gegenschlags der israelischen Armee als Reaktion auf den Terrorangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober in einem ganz besonderen Licht. Spieler wie der in Jerusalem geborene Dabbagh, der als bester Fußballer seines Teams gilt, sind mit dem Herzen und den Gedanken auch in der Kriegs-geschundenen Heimat.
Ständige Angst
«Die Spieler sind die meiste Zeit im Hotel oder im Bus, verfolgen die Nachrichten auf ihren Handys und kommunizieren mit ihren Familien», verriet Auswahltrainer Makram Daboub. Der Tunesier bekräftigte, dass die Geschehnisse in der Heimat mit tausenden Toten die Spieler stark beschäftigen würden: «Sie sind in ständiger Angst angesichts der anhaltenden Aggression und des Krieges in Palästina.»
Die Situation sei schwierig, sagte auch Torhüter Rami Hamada nach der Ankunft in Katar. Man wolle den Menschen in der Heimat eine Freude bereiten - «auch wenn es nur eine ganz einfache ist». Er bedankte sich bei den Katarern für den freundlichen Empfang und die Unterstützung. Der WM-Gastgeber von 2022 sieht sich politisch in dem Konflikt ohnehin in der Vermittlerrolle. Was genau die Organisatoren an pro-palästinensischen Solidaritätsbekundungen erlauben, war aber zunächst ungewiss.
Nationale Identität ausdrücken
Klar ist: Bei den Gruppenspielen des palästinensischen Teams gegen den Iran (14. Januar), dessen Regime Israel das Existenzrecht abspricht, die Vereinigten Arabischen Emirate (18. Januar) und Hongkong (23. Januar) geht es nicht nur um Tore und Punkte. «Über den Fußball können wir unsere nationale Identität ausdrücken», sagte Susan Shalabi, Vizepräsidentin des palästinensischen Fußballverbandes PFA, dem Deutschlandfunk.
Viele Spieler haben Familie und Freunde im Gazastreifen oder im Westjordanland, wo seit Kriegsausbruch kein Fußball mehr gespielt wird. «Von einem wollten wir die Familie herausholen. Bei der kleinen Tochter ist das geglückt, aber seine Frau ist noch in Gaza. Der Druck für den Spieler ist enorm», erzählte Shalabi.
Viele Fußballer getötet
Drei potenzielle Kaderspieler hätten es nicht rechtzeitig aus dem Gazastreifen geschafft, berichtete PFA. Der Verband erhob schwere Vorwürfe gegen Israel und forderte vom Internationalen Olympischen Komitee, dem Fußball-Weltverband FIFA und dem asiatischen Kontinentalverband AFC «dringende Maßnahmen». Laut Shabali seien mehr als 80 Fußballer im Gazastreifen getötet worden, «ich gehe davon aus, dass die Dunkelziffer wesentlich höher ist».
Nach PFA-Angaben hätte Israel zudem neun Sport-Stätten zerstört, das Yarmouk-Stadion als eines der größten Wahrzeichen des palästinensischen Sports werde außerdem vom israelischen Militär zweckentfremdet. «Das ist ein Verbrechen und die internationalen Sportverbände können dies nicht tolerieren, verschweigen oder ignorieren», ließ PFA in einer Stellungnahme verlauten.
Von den Kriegsereignissen überschattet fand die Vorbereitung der palästinensischen Auswahlmannschaft, die 1998 von der FIFA anerkannt wurde, in Algerien und Saudi-Arabien statt. In der FIFA-Weltrangliste belegt das Team aktuell den 99. Platz. Normalerweise würden die Spiele Palästinas, das von einigen Ländern der Vereinten Nationen nicht als Staat anerkannt wird, in der Heimat gebannt verfolgt werden. Fußball ist ein Teil der palästinensischen Kultur. Doch in den wenigen noch existierenden Bars und Restaurants laufen längst keine Spiele mehr auf Großbildschirmen.
Von Jörg Soldwisch und Maher Abukhater, dpa
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