Dani Olmo widmete den dramatischen Einzug ins Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft seinem verletzten Teamkollegen Pedri. Der Sieg sei für ihn, sagte der Profi von RB Leipzig nach Spaniens Happy End beim Überlängen-Krimi gegen Gastgeber Deutschland.
Eine Geste, die es im Sport häufiger gibt. Die aber dennoch sehr viel aussagt über das Team der Furia Roja, das die anfänglichen Erwartungen bei diesem Turnier längst übertroffen hat und nun heiß auf den vierten EM-Titel nach 1964, 2008 und 2012 ist.
Mit «Herzblut» gegen alle Widerstände
Er sei «sehr stolz, solche Fußballer anführen zu dürfen», sagte Spaniens Nationaltrainer Luis de la Fuente. Das 2:1 nach Verlängerung gegen die deutsche Auswahl im Viertelfinale von Stuttgart war nicht nur der fünfte Sieg der Iberer im fünften Turnierspiel. Es zeigte auch, wie geschlossen diese Mannschaft auftritt. Wie viel Wille und Leidenschaft in ihr steckt. Wie viel Widerstandsfähigkeit. Wie viel «Herzblut», um es in den Worten von de la Fuente auszudrücken. Die Spanier hatten am Freitag mitunter Glück - wie bei der vieldiskutierten Hand-Szene mit Marc Cucurella oder so mancher vergebenen Chance der Deutschen. Sie bewiesen aber auch eindrucksvoll, wie sie mit Rückschlägen umgehen können.
Pedris Auswechslung in der 8. Minute nach einem Foul von Toni Kroos war der erste Schock, der zwischenzeitliche Ausgleich durch Florian Wirtz (89.) der zweite. Doch die Spanier ließen sich nicht unterkriegen. Olmo schlüpfte in die Spielmacherrolle und traf zum 1:0 (51.), der später ebenfalls eingewechselte Mikel Merino (119.) zum Sieg. Spaniens Helden von der Bank. Auch sie machen dem dreimaligen Europameister Mut für den Halbfinal-Kracher gegen den WM-Zweiten Frankreich am kommenden Dienstag (21.00 Uhr) in München.
Olmo drückt dem Spiel seinen Stempel auf
Außenverteidiger Daniel Carvajal nach seiner Gelb-Roten und Innenverteidiger Robin Le Normand nach seiner zweiten Gelben Karte im Turnierverlauf werden gegen die Franzosen definitiv fehlen. Hier braucht da la Fuente also schon mal ganz sicher frische Kräfte aus der vermeintlichen zweiten Reihe. Ob Pedri, der nach Verbandsangaben eine Verstauchung im linken Knie erlitt, rechtzeitig fit wird, bleibt abzuwarten.
Umso besser für die Spanier, dass sie im offensiven Kreativzentrum noch einen wie Olmo haben. Der 26-Jährige ist allen Bundesliga-Fans ein Begriff. In Leipzig wurde er vergangene Saison mehrfach von Verletzungen zurückgeworfen. Bei der EM durfte er bislang nur in der Vorrundenpartie gegen Albanien (1:0) von Beginn an ran. Doch mit seiner Technik, seiner Dynamik und seinem Zug zum Tor bringt er alles mit, um in einem Spiel den Unterschied zu machen. Wie gegen Deutschland. Dem eigenen Tor ließ der Man of the Match noch die Vorlage zum 2:1 durch Merino folgen. Ein Leipziger und ein früherer Dortmunder - für das deutsche Team wurden sie zum Alptraum, die Spanier lassen sie nun vom Pokal träumen.
Euphorie in der Heimat immer größer
«Pures Herz», schrieb die Zeitung «AS» nach dem Viertelfinal-Thriller. «Ein unvergessliches Spanien», hieß es in der «Marca». Die Furia Roja hat in der Heimat mit jedem Sieg ein Stück mehr Euphorie ausgelöst. Jetzt, nur noch zwei Schritte vom Silberpott entfernt, rückt das ganze Land gefühlt noch enger zusammen - eben ganz so wie die Spieler auf dem Rasen.
Wenn der Körper nicht mehr könne, gehe es in solchen Spielen eben mit dem Herzen, erklärten die Spanier nach der Nervenschlacht von Stuttgart. «Im Fußball und im Leben ist nichts einfach», sagte Coach de la Fuente. «Diese tolle Gruppe ist ein Riesen-Vorbild dafür.» Gemeinsam kämpft sie für ihr großes Ziel. Ihre Helden kommen eben auch mal von der Bank. Und womöglich wird das für Spanien noch der große Titel-Trumpf.
Christoph Lother, Ulrike John, Klaus Bergmann und Arne Richter, dpa
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