Max Verstappen hatte in Suzuka gerade grinsend die nächste Siegertrophäe in die Luft gestemmt, da gab Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff den Formel-1-Titelkampf nach nur vier von 24 Rennen schon wieder auf. «Niemand wird Max dieses Jahr mehr abfangen. Sein Auto ist spektakulär gut und er fährt spektakulär gut», sagte Wolff: «Es geht in dieser Saison nur noch darum, wer der Beste vom Rest wird.»
Red-Bull-Star Verstappen setzte sich wie einst Michael Schumacher von 2000 bis 2002 im dritten Jahr nacheinander beim Großen Preis von Japan durch und rast schon früh in der Saison schier unaufhaltsam seiner vierten WM-Trophäe entgegen. «Es hätte nicht besser sein können», sagte Verstappen, wollte sich aber nicht schon zur erfolgreichen Titelverteidigung gratulieren lassen: «Es ist immer noch eine lange Saison und ich will es von Rennen zu Rennen angehen. Es kommen auch noch schwierige Strecken für uns.»
Verstappen sorgt für «Business as usual»
Zwei Wochen nach seinem Ausfall in Australien fuhr der 26-jährige Niederländer einmal mehr in seiner eigenen Liga und zeigte sich weiter unbeeindruckt von teaminternen Machtkämpfen sowie Wechselgerüchten. «Das Auto wurde im Laufe des Rennens immer besser», sagte Verstappen nach dem dritten Doppelerfolg von Red Bull in diesem Jahr zufrieden und genoss die Siegerehrung auf dem Podium.
«Red Bull ist weit vorn, dann kommen die anderen Teams», sagte der Österreicher Wolff. Der «Guardian» in England konstatierte: «Max Verstappen sorgte mit einem souveränen und ungefährdeten Sieg von der Pole aus beim Großen Preis von Japan für Business as usual.» Und «De Telegraaf» in Verstappens Heimat schrieb: «Dominanter Max Verstappen stellt in Japan die Ordnung wieder her. Nach seinem Aus in Australien machte Max Verstappen in Japan kurzen Prozess mit der Konkurrenz.»
Verstappen verwies seinen Teamkollegen Sergio Perez auf Rang zwei, Dritter wurde Ferrari-Fahrer und Melbourne-Gewinner Carlos Sainz. «Gut gemacht, Max, das war hervorragend. Ein weiterer Doppelerfolg», lobte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Sainz sagte zum Vorsprung von Red Bull: «Sie werden mindestens im ersten Drittel der Saison sicher einen Vorteil haben, aber wir werden alles geben, damit wir wieder herankommen.»
Ein Crash nach nicht einmal einer Minute
Nach vier WM-Läufen hat Verstappen nun 77 Punkte auf seinem Konto, dahinter folgt der Mexikaner Perez (64) vor dem Monegassen Charles Leclerc (59) im zweiten Ferrari. Nach zuvor zwei Fahrten in die Punkteränge ging Nico Hülkenberg erstmals wieder leer aus. Der einzige deutsche Fahrer steuerte seinen Haas-Rennwagen auf Platz elf. «Auf der einen Seite bin ich enttäuscht über den verpatzten zweiten Start», räumte der Rheinländer im TV-Sender Sky ein. «Auf der anderen Seite waren wir auf einer Strecke, auf der wir Bauchschmerzen hatten, doch konkurrenzfähig.»
Vor 102.000 Zuschauern verteidigte Verstappen souverän seinen ersten Startplatz, ehe das Rennen noch in der ersten Runde unterbrochen wurde. Daniel Ricciardo von Visa RB und Williams-Fahrer Alex Albon berührten sich nach nicht einmal einer Minute Rennzeit im Getümmel und krachten in die Streckenbegrenzung. Die Piloten stiegen zwar unverletzt aus, bis die Unfallstelle geräumt war, verging aber eine gute halbe Stunde bis zum Neustart.
Verstappens turbulente Wochen
Auch im zweiten Versuch war Verstappen an der Spitze nicht zu überholen. 2022 hatte er erstmals auf dem Suzuka International Racing Course gewonnen und dabei auch seinen zweiten WM-Titel vorzeitig perfekt gemacht. Im vergangenen Jahr gab es den nächsten Triumph, Nummer drei folgte nun zu Beginn der japanischen Kirschblüte. Einzig Perez kam zu Beginn mit, der WM-Spitzenreiter spulte aber routiniert sein Programm ganz vorn ab.
Verstappen hat turbulente Wochen hinter sich. In seinem Rennstall tobt ein Machtkampf mit Teamchef Christian Horner im Mittelpunkt einer brisanten Affäre, in der es auch um Vorwürfe einer Mitarbeiterin wegen unangemessenen Verhaltens geht.
Bleibt Verstappen wirklich bei Red Bull?
Verstappen selbst gilt als Wunschkandidat bei Rivale Mercedes. Die Silberpfeile wollen ihn trotz eines bis 2028 laufenden Vertrags als Nachfolger von Lewis Hamilton verpflichten, der 2025 wiederum zu Ferrari geht. Zwar versicherten Verstappen und das Team, dass er über das Jahresende hinaus bei Red Bull bleiben werde, aber erst die nächsten Monate werden zeigen, was diese Worte wirklich wert sind.
Sportlich hat der Titelverteidiger kaum einen Grund zu wechseln, in Japan kontrollierte er in seinem überlegenen Auto das gesamte Wochenende das Geschehen. Dahinter kämpften McLaren, Ferrari und Mercedes um die Plätze. Die Silberpfeile klagten früh über einen hohen Reifenverschleiß, ehe Hamilton auf Befehl der Teamleitung seinen Stallrivalen George Russell vorbeilassen musste. Die Ferrari-Fahrer Sainz und Leclerc hielten sich hinter dem Führungsduo und wollten Druck ausüben. Vor zwei Wochen in Melbourne hatte Sainz den Verstappen-Ausfall noch zu seinem ersten Saisonsieg genutzt.
Ferrari präsentiert sich stark - aber nicht stark genug
In der 17. von 53 Runden holte sich Verstappen neue Reifen, Leclerc übernahm die Führung, musste sie aber auch schnell wieder hergeben. Der Vorsprung des Führenden wuchs schnell wieder an, weil Leclerc in der 26. Runde kurz von der Strecke abkam und dann ebenfalls neue Reifen bekam.
Die Ferrari hinterließen zwar einen guten Eindruck, Verstappen konnten sie aber nicht über die ganze Renndistanz gefährlich werden. Auch nach dem zweiten Boxenstopp blieb der Dominator an der Spitze und zog erneut recht spielerisch davon.
Von Thomas Wolfer und Martin Moravec, dpa
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