Der FC Bayern München steht in diesem Sommer vor einem großen Umbruch.
Sven Hoppe/dpa
Der FC Bayern München steht in diesem Sommer vor einem großen Umbruch.
FC Bayern München

Keine Titel, kein Trainer, kein Supercup: FCB am Nullpunkt

Das 2:4 gegen Hoffenheim ist nochmal sinnbildlich für die Bayern-Saison. Tuchel zitiert zum Abschied Ancelotti, Eberl einen sehr guten Freund. Kapitän Neuer mahnt zum Neustart. Was ist mit de Zerbi?

Am Ende gab es für Thomas Tuchel doch noch den rot-weißen Blumenstrauß, den er eigentlich gar nicht wollte. Beim «End-of-Season»-Brunch des am Nullpunkt angekommenen FC Bayern wurden der Chefcoach und sein Trainerteam am Tag nach der auch noch verschenkten Vize-Meisterschaft beim internen Saisonausklang in einem Münchner Nobellokal verabschiedet - nach 14 turbulenten Monaten und einer ganz spät gescheiterten Trennungs-Kehrtwende.

Ein Vereinsvideo zeigte Tuchel («Ohne Titel braucht man keine Blumen zu übergeben») bei Umarmungen mit Vorstandschef Jan-Christian Dreesen und Sportdirektor Christoph Freund. Max Eberl begleitete das «Servus Thomas» lächelnd und klatschend. Der Sportvorstand konnte bei der Trainersuche auch nach dem vermurksten 2:4 bei der TSG Hoffenheim - nach einer 2:0-Führung - keine Lösung auf dem wichtigen Posten präsentieren. Womöglich hat Tuchel schneller einen neuen Arbeitgeber, als die Bayern einen Nachfolger für ihn.     

Tuchel: «Es ist ein schlechter Abschluss»

Nach dem letzten Kapitel in seinem Bayern-Buch mochte der 50-Jährige aber nicht mit Fragen zu seiner Zukunft behelligt werden. «Jetzt schlafen wir erstmal ein paar Mal aus und lassen das sacken, bevor wir uns Gedanken machen, wie es weitergeht», sagte Tuchel. 

Was er in den letzten 90 Minuten gegen Hoffenheim auf der Bayern-Bank erlebte, wirkte über das Pfingstwochenende nach. «Das ist so häufig passiert, viel zu oft. Es ist ein schlechter Abschluss», stöhnte Tuchel. Auf die Blitzführung durch Mathys Tel und Alphonso Davies war am Samstag noch einmal ein Totaleinbruch mit vier Gegentoren gefolgt. 

Rekordspieler Müller will nur noch «raus aus der Saison»

«Wir haben uns schwergetan, den nötigen Hunger, die Konzentration, den Fokus in der Liga zu zeigen», resümierte Tuchel. Nur in der Champions League lieferten die Münchner Stars um Torschützenkönig Harry Kane (36 Treffer) verlässlich Leistungen auf Top-Niveau.  

«Ich will raus aus der Saison und im Sommer neu anfangen», sagte Thomas Müller genervt und gefrustet nach seinem 473. Ligaspiel für den FC Bayern. Er ist nun mit Torwart-Legende Sepp Maier Bundesliga-Rekordspieler des Rekordmeisters. «Es muss einen Neustart geben, auch von unserer Seite, vom Team. Dass es so nicht weiterlaufen kann, ist klar», sagte Kapitän Manuel Neuer. 

Ein ganz anderes Auftreten auf dem Platz sei nötig «für die nächste Saison, um wieder voll angreifen zu können». Auf ein titelloses 2012 folgte einst das Triple-Jahr 2013. 

Eberls doppelter Ärger: Platz zwei weg und kein Coach

Im Fokus steht aber Eberl, der die bisherige Pleiten-Pech-und-Pannen-Serie bei der Trainerfahndung qua seines Amtes hauptsächlich verantworten und erklären muss. In Sinsheim ärgerte er sich «extrem darüber, dass wir Platz zwei aus der Hand gegeben haben und damit eine mögliche Chance auf den Supercup Anfang der neuen Saison». Dazu wurmt ihn, «dass wir momentan keinen Trainer finden, was ein Stück weit mit meiner Arbeit zusammenhängt, worüber ich am meisten enttäuscht bin. Aber es ist, wie es ist.»

Tuchel machte im ARD-Interview nach dem Hoffenheim-Spiel zwischen den Zeilen noch einmal sehr deutlich, dass die angedachte 180-Grad-Wende mit ihm nicht an Eberl oder Freund gescheitert sei. «Von Max hatte ich nicht das Gefühl. Und von Christoph auch nicht. Und die sind ja eigentlich maßgeblich», sagte Tuchel. Details mochte er nicht verraten. 

Tuchels Bayern-Rat: Du musst durch dick und dünn gehen

Lieber zitierte Tuchel Real Madrids Erfolgscoach Carlo Ancelotti, der vor Jahren beim FC Bayern auch an den speziellen Münchner Verhältnissen gescheitert war. «Es ist so, wie Carlo Ancelotti gesagt hat: Entweder du bist eine Einheit, dann machst du es zusammen und musst durch dick und dünn gehen, weil immer mal Wellentäler kommen. Oder es ist besser, sich zu trennen. Und deshalb ist es unter dem Strich beim Entschluss vom Februar geblieben.»

Und nun? Geht Eberls Suche weiter. Als am Samstag bekannt wurde, dass der auch von Eberl geschätzte Italiener Roberto de Zerbi (44) den englischen Premier-League-Club Brighton & Hove Albion verlässt, lag die nächste heiße Spur auf der Hand. «Es zeigt, wie verrückt diese ganze Trainersuche auch ist oder wie wir begleitet wurden die ganze Zeit», reagierte Eberl: «Es wurde gesagt, er ist es. Dann hat er sich zu Brighton bekannt. Roberto de Zerbi hat einen großartigen Job in Brighton gemacht, aber für uns bedeutet das nichts.»

Klares Dementi zu de Zerbi oder Flunkerei?

Auf die Frage eines Reporters, ob er «vehement widersprechen» könne, wenn prognostiziert werde, dass der neue Bayern-Trainer ein Italiener ist, antwortete Eberl im ZDF-«Sportstudio» zudem: «Ja.» Klare Aussage. Oder doch nur eine kleine Flunkerei? Schließlich soll nicht auch noch der Name von de Zerbi auf der langen Münchner Absageliste auftauchen.

Während Tuchel sich zum Abschied auf Ancelotti berief, zitierte Eberl beim Trainer-Thema einen sehr guten Freund. «Der hat mir immer gesagt, das Beste kommt zum Schluss - und genauso gehen wir es an.» Eberls Pfingst-Botschaft nach innen und außen lautet: «Die Saison ist vorbei. Wir werden einen Trainer finden, da bin ich mir zu 100 Prozent sicher.»

Von Klaus Bergmann und Ulrike John, dpa
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