Euphorie fast wie zu Zeiten von Jan Ullrich
Die Erfolgsstory soll weitergehen. Der Biathlon-Quereinsteiger, der einst zum Vorstellungsgespräch 100 Kilometer mit dem Rad angereist war, ist längst zu einer festen Größe gereift. «Ich denke, nach dem Jahr habe ich auf jeden Fall ein anderes Standing im Team», sagt Lipowitz, der in Deutschland eine Rad-Euphorie fast schon wie zu Zeiten von Jan Ullrich entfacht hat. Vergleiche, die dem bescheidenen Schwaben gar nicht so recht sind. «Das ist schön zu hören. Aber ich schaue lieber auf mich und mache mein Ding.»
Teamchef Denk ist sich bewusst, «dass der Fahrstuhl nach oben und nach unten fährt». Sollte Lipowitz im nächsten Jahr Sechster werden, gehe die Welt auch nicht unter. «Wir glauben langfristig an ihn. Wir glauben, dass er vielleicht sogar noch besser werden kann, als er jetzt ist», so Denk.
Womöglich irgendwann der Toursieg? Träume, die Lipowitz trotz seines Super-Jahres gar nicht erst hegt. «Ich weiß nicht mehr, wie viele Minuten Rückstand ich hatte, aber es war doch eine Menge. Mein Ziel ist es auf jeden Fall, erst mal die Form wie dieses Jahr wieder zu erreichen», sagt der Youngster. Zumal der schier übermächtige Dominator Tadej Pogacar noch einmal auf einem ganz anderen Level fährt. Für Lipowitz «einer der besten Radfahrer, die es wahrscheinlich jemals gab».
Wie ist Pogacar zu schlagen?
Im Zusammenspiel wollen es Lipowitz und Evenepoel aber mit dem slowenischen Ausnahmekönner aufnehmen. «Sonst würden wir doch nicht an den Start gehen. Wir versuchen, in jedem Rennen, in jeder Saison, in jedem Jahr näherzukommen. Wir werden vom Sponsor bezahlt, Rennen zu gewinnen. Wenn wir dafür Pogacar schlagen müssen, werden wir es versuchen», sagt Evenepoel.
Der Belgier bringt eine Winner-Mentalität mit, die dem Team einen Mehrwert wie einst beim dreimaligen Weltmeister Peter Sagan geben soll. Dafür wurde aus dem üppigen Jahresbudget von kolportierten 50 Millionen Euro ein kleines Team Evenepoel verpflichtet. Der Welt- und Europameister im Zeitfahren bringt seinen wichtigen Helfer Mattia Cattaneo, Sportdirektor Klaas Lodewyck, Pfleger David Geeroms und Mechaniker Dario Kloeck mit. Hinzu kommt auch der frühere belgische Nationaltrainer Sven Vanthourenhout.
Dass sich nächstes Jahr viel auf Evenepoel fokussiert, ist Lipowitz ganz recht. «Das ist vielleicht ganz gut. Dann kann ich so weiterarbeiten wie bisher», meint er. Wo das hinführen kann, hat die Tour gezeigt.
von Stefan Tabeling, dpa
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