Frankreichs Zittersieg gegen Rangnick - Sorgen um Mbappé
Einen Fehlstart hat Frankreich mit großem Willen abgewendet, aber wie schlimm ist die Verletzung von Mbappé? Der Superstar muss mit blutender Nase vom Platz.
Einen Fehlstart hat Frankreich mit großem Willen abgewendet, aber wie schlimm ist die Verletzung von Mbappé? Der Superstar muss mit blutender Nase vom Platz.
Kylian Mbappé war mit blutender Nase längst in der Kabine verschwunden, als die Franzosen den kniffligen Kraftakt gegen Ralf Rangnicks Österreicher gerade so gemeistert hatten.
Doch die Sorgen sind groß um den Superstar und Kapitän des Titelanwärters, womöglich hat Mbappé beim 1:0 (1:0) sogar einen Bruch der Nase erlitten. «Bei Mbappé weiß ich noch nichts Genaues. Das ist der dunkle Punkt des Abends», sagte Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps.
Der Vize-Weltmeister musste in einem körperbetonten Spiel alles aufbringen, auch Antoine Griezmann trug eine Platzwunde am Kopf davon. Von wegen kein Fokus auf die EM! Frankreich kann auch kämpfen, hatte aber auch Glück. Ein Eigentor des Gladbachers Maximilian Wöber (38. Minute) bescherte den von einer Polit-Debatte um den Rechtsruck in der Heimat begleiteten Franzosen den wichtigen Auftaktsieg.
Doch die Equipe Tricolore zittert um ihren Anführer. Mbappé zog sich die Verletzung kurz vor Schluss bei einem Zweikampf zu, als er bei einem Kopfballversuch mit seiner Nase mit voller Wucht die Schulter Kevin Danso traf. Mbappé musste daraufhin ausgewechselt werden. «Es sieht so aus, als ob die Nase durch ist. Das ist natürlich ärgerlich», sagte Michael Ballack als Experte bei MagentaTV.
Polit-Debatte bestimmte die Vorbereitung
«Ich bin erleichtert, aber auch zufrieden mit dem Spiel meiner Jungs. Wir hätten den Durchbruch früher schaffen können. Im Kollektiv hat mein Team gut gespielt. Manchmal hat ein bisschen die Genauigkeit gefehlt», ergänzte Deschamps.
Durch den Sieg steht der Europameister von 1984 und 2000 vor dem heißen Duell am Freitag mit den Niederlanden nicht unter dem befürchteten ganz großen Druck. Denn die Vorbereitung des Spiels war überlagert von der Debatte zu den Neuwahlen in Frankreich. Die Situation in der Heimat nach dem Rechtsruck bei der Europawahl hatte Mbappé noch am Sonntag als «wichtigen Moment in der Geschichte» Frankreichs bezeichnet. Es gebe Dinge, die «wesentlich wichtiger» seien als das Spiel am Montag. Dadurch entstanden Zweifel, ob der Vize-Weltmeister den EM-Start und das Turnier als solches ernst nehmen würde.
Doch die zuvor von Kapitän Mbappé angekündigte Aktion zur Polit-Debatte blieb vor dem Spiel aus und der Favorit begann schwungvoll. Die Topstars spielten immer wieder ihr immenses Tempo und ihre Klasse aus. Die forschen Österreicher, die als Geheimfavoriten gehandelt wurden, sind trotz der Niederlage weiter zuversichtlich. «Wir hatten unsere Momente, haben es aber nicht so sauber zu Ende gespielt. Die Leistung war ordentlich. Es war das erste Spiel, wir haben zwei weitere. Jetzt gilt es, am Freitag das Spiel zu gewinnen», sagte Bayerns Konrad Laimer.
Baumgartner hatte die Führung auf dem Fuß
Erst im Laufe der ersten Halbzeit fand das ÖFB-Team auch spielerische Mittel, um Frankreich gefährlich zu werden, hatte aber erst in der 37. Minute die erste Chance. Und was für eine! Kapitän Marcel Sabitzer, der mit seinem achten EM-Einsatz zum österreichischen Rekordspieler bei Europameisterschaften aufstieg, legte ab für Christoph Baumgartner. Der Leipziger stand plötzlich völlig frei vor dem heraus eilenden Mike Maignan und der französische Keeper von Ex-Meister AC Mailand klärte bravourös zur Ecke, die Schiedsrichter Jesús Gil Manzano aus Spanien aus unerfindlichen Gründen nicht gab.
Diese krasse Fehlentscheidung hatte Folgen. Kurz darauf nickte Gladbachs Wöber eine Mbappé-Hereingabe äußerst unglücklich ins eigene Netz. Verdient war die Pausenführung für die Équipe Tricolore dennoch, die die immer leidenschaftlicher spielenden Österreicher aber im Spiel hielt. Das lag auch am Superstar der Franzosen selbst. Zehn Minuten nach Wiederanpfiff lief der pfeilschnelle Mbappé erst dem früheren Fortuna-Profi Kevin Danso an dessen alter Wirkungsstätte und danach auch Wöber davon, bolzte den Ball aber wenig souverän neben das Tor.
Der extrem unglücklich agierende Wöber wurde kurz darauf von Rangnick erlöst und durch Gernot Trauner von Feyenoord Rotterdam ersetzt. Mit insgesamt drei Wechseln nach einer Stunde Spielzeit versuchte der ÖFB-Teamchef noch einmal ein Zeichen zu setzen. Auch der verletzte David Alaba von Real Madrid - bei der EM nur auf der Bank mit dabei - brachte kein Glück. «Natürlich würde ich der Mannschaft auf dem Platz helfen. Es tut ein bisschen weh. Aber natürlich möchte ich der Mannschaft in der Rolle, die ich jetzt über Jahre eingenommen habe, auch helfen», sagte Alaba in der ARD.
Glücklose Österreicher
Zumal der 65 Jahre alte Rangnick trotz all seiner Trainer-Erfahrung in Düsseldorf auch Neuland betrat. «Es ist meine erste Europameisterschaft und überhaupt das erste Mal bei einem Turnier mit der Nationalmannschaft. Und einem solchen Anfang wohnt immer ein besonderer Zauber inne. Deswegen ist es schon etwas ganz Besonderes», sagte der langjährige Bundesligacoach bei MagentaTV. Die von ihm erhoffte Energieleistung brachte sein Team zwar mit zunehmender Spieldauer aufs Feld. Doch Österreich blieb glücklos und das Leistungsgefälle im Team erwies sich am Montag als zu groß.
Für Frankreich war es aber ein hart erkämpfter Sieg. Erst holte sich Griezmann nach einem Check von Wöber eine Platzwunde am Kopf, dann erwischte es Mbappé. Zu allem Überfluss sah der Stürmerstar auch die Gelbe Karte, nachdem der Schiedsrichter die Franzosen nicht wechseln ließ. Mbappé kehrte auf das Feld zurück und ließ sich direkt zu Boden fallen.
Von Carsten Lappe und Morten Ritter, dpa
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