DFB-Frauen gegen Frankreich: Suche nach der 1 und der 10
Im ersten Länderspiel nach der EM muss Bundestrainer Christian Wück anfangen, sein Team auf die Zukunft auszurichten. Im Kader ist viel Bewegung. Nicht nur Torhüterin Ann-Katrin Berger fehlt.
Im ersten Länderspiel nach der EM muss Bundestrainer Christian Wück anfangen, sein Team auf die Zukunft auszurichten. Im Kader ist viel Bewegung. Nicht nur Torhüterin Ann-Katrin Berger fehlt.
Die Monsterparade von Ann-Katrin Berger, ihre zwei gehaltenen Bälle beim Elfmeterschießen, das Zopf-Ziehen mit anschließendem Platzverweis von Kathrin Hendrich - das EM-Viertelfinale vom Juli in Basel ist den deutschen Fußballerinnen vor dem erneuten Duell mit Frankreich einen Rückblick wert. Christian Wück muss im ersten Nations-League-Halbfinale am Freitag (17.45 Uhr/ARD) in Düsseldorf allerdings vorausschauen. Der Bundestrainer sucht nicht nur seine Nummer 1 - auch die 10er-Position ist eine große Baustelle.
Stammkeeperin Berger fehlt wegen Knieproblemen auch im Rückspiel am Dienstag (21.10 Uhr/ZDF) in Caen. Ob die 35-Jährige vom US-Club Gotham FC ihre DFB-Karriere überhaupt über das Jahr hinaus fortsetzt, ist offen. «Man darf nicht vergessen: Das nächste große Ziel ist die Weltmeisterschaft 2027», betonte Wück zuletzt. Berger wäre da schon 36.
Auch andere Torhüterinnen verletzt
Alternativen? Sind rar. Gegen Frankreich dürfte Stina Johannes zwischen den Pfosten stehen, die Wolfsburgerin hat aber erst drei Länderspiele absolviert. EM-Ersatzkeeperin Ena Mahmutovic vom FC Bayern fällt ebenfalls verletzt aus, Sophia Winkler von Eintracht Frankfurt fehlt nach ihrem Kreuzbandriss noch länger. Neben Hoffenheims Laura Dick ist noch Rafaela Borggräfe vom FC Liverpool im Kader.
Das Nationalteam steckt am Anfang einer Umbruchphase und hat dieses Jahr noch einen weiteren Konkurrenten vor sich, gegen den es bei der EM verlor: In den Spielen um Platz drei oder im Finale geht es dann Ende November/Anfang Dezember gegen die Weltmeisterinnen aus Spanien oder Schweden. Die Kreuzbandrisse von Lena Oberdorf und Giovanna Hoffmann sowie die überschaubare Auswahl an Toptalenten machen Wücks Aufgabe nicht leichter.
Nachdenken über Systemumstellung
Nicht nur der 52-Jährige hat neben der aktuellen Torfrau-Problematik bei der EM-Analyse eine weitere Schwachstelle ausgemacht: «Unsere Zehner-Position hat im 4-2-3-1-System nicht funktioniert, egal, wer gespielt hat.» Das geht vor allem an die Adresse von Münchens Linda Dallmann, die dieses Mal erst für Oberdorf ins Aufgebot nachrückte, und Frankfurts Laura Freigang.
Deren Nominierung galt lange als unsicher. «Wir hoffen, dass wir sie wieder in die Spur kriegen», sagte Wück und ergänzte aufgrund ihrer Schwächephase zum Bundesliga-Start: «Wir sehen schon das Potenzial bei Laura.» Freigang war zwar bei allen vergangenen vier Turnieren dabei, kam aber kaum zum Einsatz.
«Wir haben festgestellt, dass wir während der EM in der Offensive nicht die Räume gefunden haben, die für die Zehner-Position wichtig gewesen wären», erklärte Wück. Keiner einzigen Aktion einer Spielmacherin beim Turnier in der Schweiz entsprang ein Tor. Wück denkt deshalb über eine Systemumstellung nach - schon sein Vorgänger Horst Hrubesch hatte meist ohne die klassische 10 spielen lassen.
K.o.-Phase der EM wirkt immer noch nach
Möglicherweise probiert es der Bundestrainer aber auch mit Toptalent Alara Sehitler vom FC Bayern, mit der er mittelfristig «Großes» vorhat. Auch Flügelflitzerin Jule Brand, die seit dieser Saison in Frankreich bei Olympique Lyon unter Vertrag steht, wäre zentral eine Option.
Im EM-Viertelfinale gegen Frankreich hatte sich die DFB-Auswahl - auch dank des Ausgleichstreffers von Chelsea-Profi Sjoeke Nüsken - ins Elfmeterschießen gerettet. Dort gab es dann ein 6:5, ehe im Halbfinale das Aus gegen Spanien folgte. «Ich habe mir das Spiel später noch mal angeguckt - das ist immer noch Gänsehaut pur. So ein emotionales Hoch und Tief hatte ich echt noch nie in meiner Fußballkarriere», sagte Nüsken.
Die Wolfsburgerin Janina Minge hatte mit einer missglückten Kopfballabwehr damals Torfau Berger zu einer Rettungstat im Rückwärtslaufen gezwungen, die später überall gefeiert wurde. «Dafür werde ich Anne ein Leben lang dankbar sein», sagte die Wolfsburgerin. Über das Drama gegen Frankreich gibt es jetzt sogar ein ganzes Magazin. Titel: «Mehr als ein Spiel.»
Von Ulrike John und David Joram, dpa
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