Baby-Boost und Scholz: DHB-Team will in die Hauptrunde
Deutschlands Handballer spüren die Euphorie im Land. Die Gästeliste beim EM-Spiel gegen Nordmazedonien ist prominent. Der frisch gebackene Papa Kai Häfner könnte spielen - aber soll er das auch?
Deutschlands Handballer spüren die Euphorie im Land. Die Gästeliste beim EM-Spiel gegen Nordmazedonien ist prominent. Der frisch gebackene Papa Kai Häfner könnte spielen - aber soll er das auch?
Die ungewohnte Position im Mittelfeld passte Andreas Wolff so gar nicht. Als Deutschlands Handballer am Morgen mit einem kurzen Fußballspiel in den Tag starteten, vergab der Nationaltorhüter seine erste Großchance kläglich.
«Ganz stark, Andi», spottete Teamkollege David Späth. Deutlich ballsicherer agierte Rune Dahmke und netzte in bester Mittelstürmer-Manier den Ball im Tor ein. «Mit zunehmenden Spielen kommt Team Jung immer näher ran, aber Team Alt ist schon noch ein Stück weit besser», berichtete EM-Neuling Martin Hanne.
Dann tauschte die DHB-Auswahl das große Leder wieder gegen den verharzten kleinen Handball. Das Weltrekordspiel zum EM-Auftakt gegen die Schweiz hallt immer noch nach. Mit einem Sieg im zweiten Vorrundenspiel gegen Nordmazedonien kann die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason am Sonntag (20.30 Uhr/ZDF und Dyn) den vorzeitigen Einzug in die Hauptrunde perfekt machen und das Handball-Fieber im Land weiter steigern.
Getragen von der Euphorie
Schon jetzt spüren die Spieler die prickelnde Atmosphäre. «Beim Spaziergang haben wir Kinder gesehen, die Fotos machen wollten. Der Spaziergang war nicht lang und trotzdem kamen drei, vier Gruppen auf uns zu», berichtete Hanne und befand: «Die Euphorie ist echt krass. Die trägt uns». Die Frage ist: wie weit?
Der überzeugende Auftritt gegen die Schweiz verschaffte Deutschlands Handballern nicht nur Respekt bei der Konkurrenz. Das 27:14 schürte bei Fans, Spielern und dem Trainerteam Hoffnung auf ein nächstes Wintermärchen - auch wenn die Mannschaft offiziell natürlich nur das nächste Spiel im Kopf hat. «Wir gucken von Partie zu Partie», bemühte Christoph Steinert die weitverbreitete Sportler-Floskel. Bloß nicht zu viel Druck machen. Entsprechend gebetsmühlenartig verwiesen die Nationalspieler darauf, dass sie gegen Nordmazedonien nicht «mit einem Selbstläufer» rechneten.
«Für Nordmazedonien ist es ein Endspiel. Die kommen über Herzblut und Emotion. Da müssen wir gegenhalten», forderte Dahmke. Ein Spiel wie gegen die Schweiz, in dem Deutschland nach der ersten Halbzeit quasi als Sieger feststand, erwartet der Bundesliga-Profi vom THW Kiel nicht. «Es kann sein, dass du in der 50. Minute immer noch keinen deutlichen Vorsprung hast, da müssen wir Ruhe bewahren», appellierte der Linksaußen an sein Team.
Forderung: Schnell für Klarheit sorgen
DHB-Sportvorstand Axel Kromer forderte höchste Konzentration und wünschte sich einen ähnlichen Spielverlauf wie beim furiosen Auftakterfolg. «Wir müssen die Konsequenz im Abschluss beibehalten. Wenn wir unsere Chancen gut nutzen, können wir uns vielleicht schon in der ersten Halbzeit etwas Ruhe verschaffen», sagte der 47-Jährige.
Die DHB-Auswahl stellt sich auf 60 Minuten Kampf ein. Die junge, mit vier U21-Weltmeistern und einem Debütanten gespickte Mannschaft muss dabei eventuell auf Oldie Kai Häfner verzichten. «Er ist am Freitagabend zum zweiten Mal Vater geworden. Sein Sohn ist auf die Welt gekommen. Ihm geht es entsprechend gut. Wir müssen jetzt abstimmen, ob er am Sonntag beim Spiel eingesetzt wird. Er kann herkommen, aber ob wir das von ihm abverlangen, ist die Frage», sagte Kromer.
Hanne freut sich auf die Rückkehr seines Teamkollegen. «Wenn er wiederkommt, kann er für uns wieder den Papa spielen», sagte der 22-Jährige von der TSV Hannover-Burgdorf und hoffte auf einen Baby-Boost: «So eine positive Nachricht schweißt das Team vielleicht noch ein Stück weit mehr zusammen».
Für weitere Motivation gegen Nordmazedonien soll außerdem ein ganz besonderer Edel-Fan sorgen. Nachdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Auftaktspiel live in der Düsseldorfer Fußballarena verfolgt hatte, kündigte sich nun Kanzler Olaf Scholz (SPD) an. «Diese Leute zu sehen, erfüllt einen mit Stolz. Ich freue mich, diese Persönlichkeit zu sehen. Sonst kennt man ihn nur aus dem Fernsehen», sagte Hanne. Spielt das DHB-Team weiter so erfolgreich, dürfte die Liste der prominenten Gäste im Turnierverlauf noch länger werden.
Von Jordan Raza und Eric Dobias, dpa
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