Wohin steuert der ÖPNV in Rheinland-Pfalz?
Wie lässt sich ÖPNV trotz steigender Kosten und Personalmangels zukunftsfähig machen? Ein Branchenverband macht Vorschläge - und bald soll der seit Langem erwartete Nahverkehrsplan des Landes stehen.
Wie lässt sich ÖPNV trotz steigender Kosten und Personalmangels zukunftsfähig machen? Ein Branchenverband macht Vorschläge - und bald soll der seit Langem erwartete Nahverkehrsplan des Landes stehen.
Dichtere Takte oder komfortablere Züge oder mehr Zuverlässigkeit oder alles zusammen? Wie soll es mit dem öffentlichen Nahverkehr in Rheinland-Pfalz weitergehen, was ist finanzierbar? Ein zentraler Bestandteil der Zukunftsplanung, der Nahverkehrsplan des Landes, lässt auf sich warten, soll aber auf der Zielgeraden sein. Nun kommen von einem Branchenverband Vorschläge.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Südwest hat ein Leistungskostengutachten vorgelegt. Die zentrale Botschaft ist grob gesagt: Mit gezielten Investitionen könne Rheinland-Pfalz den öffentlichen Nahverkehr bis 2040 deutlich verbessern. Und das, obwohl Verkehrsunternehmen wegen steigender Kosten, einem Investitionsstau und sinkender Erlöse mit Tickets unter Druck stünden.
Verband rechnet zwei Szenarien durch
Der VDV rechnet zwei Szenarien durch. Das eine nennt er «Modernisierung 2040». Hier liegt der Fokus darauf, Fahrzeuge - vom Zug über die Tram bis zum Bus -, Infrastruktur und Betriebshöfe zu modernisieren, Flotten umweltfreundlicher zu machen, Betrieb und Vertrieb weiter zu digitalisieren - bei einem mehr oder weniger gleichbleibenden Angebot an Fahrten. Einer Kalkulation des VDV nach würde damit der Finanzierungsbedarf von aktuell 1,3 auf dann 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2040 steigen.
Ambitionierter kommt das Szenario «Deutschlandangebot 2040» daher. Es sieht neben einer Modernisierung einen Ausbau des ÖPNV-Angebots vor: von Taktverdichtungen bis hin zu Bedarfsverkehren - sogenannten On-Demand-Angeboten - im ländlichen Raum. Das ist entsprechend teurer: Der VDV kommt auf 3,93 Milliarden Euro.
Besondere Herausforderungen in Rheinland-Pfalz
Wie die Ziele auch immer definiert werden, es gilt rheinland-pfälzische Eigenheiten zu beachten. Das Land hat viel Fläche, zahlreiche kleine Orte, mitunter weite Strecken, auch auf den in den vergangenen Jahren ausgebauten, vom Land komplett finanzierten Regiobuslinien. Ein kleinteiliges Puzzle muss zusammengesetzt werden - Rheinland-Pfalz ist eben mehr als Mainz, Trier, Koblenz oder Ludwigshafen.
Außerdem decken laut VDV die Fahrgeldeinnahmen in Rheinland-Pfalz nur 27 Prozent der Gesamtkosten ab, deutlich weniger als im Bundesdurchschnitt. Das mache das Land besonders anfällig für Einnahmeausfälle, stelle hohe Anforderungen an die öffentliche Finanzierung.
«Wir dürfen nicht zulassen, dass die ÖPNV-Qualität in den Städten weiter zurückgeht und das Angebot im ländlichen Raum ausgedünnt wird», warnt Uwe Hiltmann, Vorsitzender der VDV-Landesgruppe Südwest. Das Land müsse gezielt investieren, es brauche dauerhafte zweckgebundene, zusätzliche Mittel, vor allem für Investitionen in Busse, Straßenbahnen, Betriebshöfe und andere Infrastruktur.
«Erhebliche Deckungslücken»
Aus dem Mobilitätsministerium in Mainz heißt es, angesichts der Haushaltslage könne nichts zugesagt werden. Ministerin Katrin Eder (Grüne) habe aber zugesagt, dass sie sich mit aller Kraft dafür einsetzen werde, in künftigen Haushaltsverhandlungen mehr finanzielle Mittel für den öffentlichen Nahverkehr auszuverhandeln.
Grundsätzlich hätten sich die finanziellen Rahmenbedingungen im ÖPNV in den vergangenen Jahren massiv verändert, erklärt das Ministerium. Wegen deutlicher Preissteigerungen brauche es allein schon mehr Geld, um das bestehende Angebot aufrechtzuerhalten. Parallel dazu habe sich die finanzielle Ausstattung mit den sogenannten Regionalisierungsmitteln des Bundes kaum verbessert.
«Dies alles hat zu erheblichen Deckungslücken geführt», betont das Ministerium. Das sei auch der Grund, warum sich die Erstellung des seit langem erwarteten Nahverkehrsplan für das Land verzögert habe. Der setzt auf dem Nahverkehrsgesetz aus dem Jahr 2021 auf. Damit war der ÖPNV zu einer kommunalen Pflichtaufgabe gemacht worden. Seitdem ist das Verkehrsangebot keine freiwillige Aufgabe mehr, die bei knappen Kassen unter den Tisch fallen kann.
Auch an Personal mangelt es
Der Nahverkehrsplan soll einheitliche Standards für den ÖPNV definieren, etwa zu Haltestellen, Barrierefreiheit, zu Fahrzeugen, Infrastruktur oder Sozialstandards für Beschäftige. Vorausgegangen war eine aufwendige Erhebung von Fahrgastzahlen in Rheinland-Pfalz.
Und wann ist der Plan nun fertig? Ende Mai sagte Ministerin Eder noch, Ziel sei, dass er im Oktober komme. Mittlerweile heißt es: «Wir streben eine Finalisierung noch im Laufe dieses Jahres an.» Derzeit erfolgten letzte Abstimmungen.
Grundsätzlich hänge es aber nicht nur an der finanziellen Ausgestaltung, es brauche schlicht auch Personal, um verbesserte Leistungen im ÖPNV gewährleisten zu können. Das Mobilitätsministerium plant deswegen gemeinsam mit den Zweckverbänden eine Fachkräfte-Kampagne für den ÖPNV. Sie soll am 20. November offiziell vorgestellt werden.
Von Christian Schultz, dpa
© dpa-infocom, dpa:251110-930-272443/1
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten