Das Resultat in Neustadt-Speyer war 2021 nicht exakt auf Bundesniveau, aber nahe dran. (Symbolfoto)
Bernd Weißbrod/dpa
Das Resultat in Neustadt-Speyer war 2021 nicht exakt auf Bundesniveau, aber nahe dran. (Symbolfoto)
Zahlenrätsel in der Pfalz

Wie wählt «Mini-Deutschland»?

Der Wahlkreis Neustadt-Speyer lag bei der Bundestagswahl 2021 nahe am Gesamtergebnis. Warum war das so? Und: Wiederholt es sich am Sonntag?

Das Diagramm mit den bunten Balken wirkte seltsam vertraut. Überrascht rieben sich manche im damaligen Wahlkreis 208 in Rheinland-Pfalz nach der Bundestagswahl vor dreieinhalb Jahren die Augen. Kein Wunder: Was die Ergebnisse der Parteien anging, hatte Neustadt-Speyer verblüffenderweise im Kleinen fast genauso abgestimmt wie Deutschland insgesamt. Ein Pfälzer Wahlkreis als Spiegel der Republik? Ist Neustadt-Speyer typisch deutsch?

«Das kann man nicht nur für 2021 konstatieren», sagt Politikwissenschaftler Uwe Jun in Trier. «Auch 2017 und 2013 lag Neustadt-Speyer bei fast allen relevanten Parteien recht nahe am Gesamtergebnis der Bundestagswahl.»

«Zahlenzauber» in Wahlkreis 207

Zwar war das Resultat 2021 nicht exakt auf Bundesniveau. Aber doch nahe dran: So wurde die SPD mit 27,3 Prozent stärkste Kraft (bundesweit 25,7), gefolgt von der CDU mit 24,0 Prozent (24,1) und den Grünen mit 13,9 (14,8). Dahinter platzierten sich - wie im Bund - die FDP mit 12,7 (11,5) und die AfD mit 10,2 (10,3). Auch der SWR berichtete in den vergangenen Wochen für das ARD-Morgenmagazin über den «Zahlenzauber» im jetzigen Wahlkreis 207.

Deutschland in klein - das war die Region schon einmal. Die Kommune Haßloch war von 1986 bis 2022 für die deutsche Konsumforschung ein Testmarkt für Neues. Tausende entschieden mit ihren Einkäufen mit, welche Schokoriegel oder Deos auf den Markt kamen. Was in dem Großdorf mit rund 20.000 Einwohnern nicht gekauft wurde, erreichte oft nicht die Läden des Landes.

Doch warum traf 2021 der Wahlkreis das Ergebnis im Bund, mit einem Sieg der SPD? Eigentlich wählt Neustadt-Speyer traditionell konservativ. Vor 60 Jahren gewann der spätere CDU-Ministerpräsident Bernhard Vogel den Wahlkreis, es folgte Parteiprominenz wie Theo Magin und Norbert Schindler. 2017 und 2021 holte der aktuelle CDU-Generalsekretär Johannes Steiniger das Direktmandat.

Mackensen-Geis versus Steiniger

Bei den Erststimmen gab es kaum eine Überraschung. CDU-Erfolge mit mehr als 40 Prozent waren keine Seltenheit. Auch bei den Zweitstimmen lagen die Christdemokraten oft vorn - bis auf 2021. Hier gewann die SPD von Isabel Mackensen-Geis. Die Bundestagsabgeordnete trifft nun wieder auf Steiniger.

Auf der Suche nach der genauen Erklärung müsse man in die Details gehen, sagt Experte Jun, und etwa soziodemografische Merkmale wie Einkommen, Geschlecht, Alter, Konfession und Familienstand untersuchen. «Was man in dem Wahlkreis aber feststellen kann, ist ein Nebeneinander von städtischen Räumen, nämlich die Städte Speyer und Neustadt, und der ländliche Raum. Das ist eigentlich ganz typisch für Deutschland. Hier sind es keine Groß-, sondern Mittelstädte. Das ist durchaus etwas, das vielleicht als Abbild dienen kann.»

Experte: «Etwas ganz Alltägliches»

Von den 299 Wahlkreisen in Deutschland liegen 15 in Rheinland-Pfalz. Ihr Zuschnitt hat sich im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 nicht geändert. Wie sieht ein Zahlenexperte wie Heinrich Hemme die Ähnlichkeit? «Die Ergebnisse für CDU/CSU, SPD, AfD, FDP, Linke und Grüne schwankten in jedem Wahlkreis mehr oder weniger um das bundesweite Ergebnis», sagt der Physikprofessor.

Dies sei auch nicht weiter verwunderlich. «Unter den 299 Wahlkreisen war dann natürlich einer, der näher am bundesweiten Ergebnis lag als alle anderen. Dies war 2021 zufällig Neustadt-Speyer», meint Hemme. «Was den Menschen in diesem Wahlkreis als große Besonderheit vorkommen mag, ist tatsächlich etwas ganz Alltägliches.»

Anders sei es, wenn man sich auf einen ganz bestimmten Wahlkreis allein beziehe. «Dass dann genau dieser Wahlkreis ein Ergebnis hat, das fast genau dem bundesweiten Ergebnis entspricht, ist sehr unwahrscheinlich», betont der Naturwissenschaftler. Es sei ähnlich wie bei der Körpergröße.

«Erwachsene deutsche Frauen sind im Durchschnitt 1,66 Meter groß», schildert Hemme. Dass es eine Deutsche gebe, die genau diese Größe habe, sei nahezu sicher. «Dass aber eine ganz bestimmte Deutsche, etwa die übernächste Kanzlerin, genau 1,66 Meter groß sein wird, ist hingegen unwahrscheinlich.»

Für Sonntag hält Experte Jun für denkbar, dass es erneut eine Nähe geben könnte - trotz kurzem Wahlkampf und Abstimmung im Februar. «Ich glaube nicht, dass der Zeitpunkt gravierende Auswirkungen hat.» Der Termin ändere nichts an wesentlichen Daten, an Parteineigungen, Kandidatenpräferenzen und Themen, die gesetzt worden seien. «Und das», sagt der Politikwissenschaftler, «sind ja die wesentlichen Determinanten des Wahlverhaltens.»

Von Wolfgang Jung, dpa
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