Rund 2400 Hausartpraxen gibt es in Rheinland-Pfalz. (Archivbild)
Sebastian Kahnert/dpa
Rund 2400 Hausartpraxen gibt es in Rheinland-Pfalz. (Archivbild)
Ärztliche Versorgung

Werden die Hausärzte mit «Häppi» glücklich?

Viele Hausarztsitze in ländlichen Regionen von Rheinland-Pfalz sind vakant - Tendenz steigend. Ein neues Projekt soll helfen, den Beruf attraktiver zu machen und für Entlastung zu sorgen.

Mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten, weniger Wartezeit bei Terminen und mehr Einsatz von praxistauglichen digitalen Helfern: Das soll in einem Pilotprojekt in sieben Hausarztpraxen in Rheinland-Pfalz erprobt werden. «Häppi» heißt das auf sechs Monate angelegte Vorhaben, das von der Landesregierung und der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland gefördert wird.

Warum kommt «Häppi»?

Mit immer weniger Hausärzten müssen immer mehr chronisch und mehrfach erkrankte Patientinnen und Patienten gut versorgt werden. Mit einer besseren Verteilung von Aufgaben und mehr Verantwortung für das medizinische Fachpersonal sollen die Ärztinnen und Ärzte sich bei dem Projekt stärker auf ihre Kernaufgabe und damit auf Diagnosen und Therapien konzentrieren können.

Welche Aufgaben übernimmt das medizinische Fachpersonal?

Es geht nicht nur um Tätigkeiten wie das Impfen und das Abnehmen von medizinischen Werten. Das nicht ärztliche medizinische Fachpersonal soll nach dem «Häppi»-Konzept auch Routinebesuche zu Hause und in Altenheimen übernehmen. Dank einer Ausstattung mit Laptop samt Kamera kann sich ein Arzt bei Bedarf dazuzuschalten. 

Wie werden die Aufgaben getrennt?

Eine Diagnose stellen und über eine Therapie entscheiden, diese Aufgaben bleiben klar in ärztlicher Hand, betont die Landesvorsitzende der Hausärzte, Barbara Römer. In Zukunft werde aber beim Besuch in einer Hausarztpraxis nicht immer der Arzt alleine der Ansprechpartner für die Patienten sein. Mit einer Verteilung der Aufgaben sei eine extreme Entlastung der Ärztinnen und Ärzten möglich, ohne einen Qualitätsverlust bei den Patienten. 

Wie viele Hausarztpraxen gibt es in Rheinland-Pfalz?

Rund 2400 Hausartpraxen sind es im Land. Davon sind nach Schätzung des Hausärzteverbands etwa zwei Drittel auf dem Land. Nach Angaben von Römer gibt es derzeit rund 300 freie Hausarztsitze - Tendenz steigend. 

Was droht?

Wegen dieser Entwicklung müsse die Attraktivität dieses Berufs gerade im ländlichen Raum gesteigert werden, mahnt die Landesvorsitzende. Viele Kolleginnen und Kollegen seien wegen der hohen Arbeitsbelastung nahe am Burnout. Deswegen müsse es tiefgreifende strukturelle Veränderungen mit mehr Teamarbeit und zunehmender Digitalisierung in den Praxen geben. 

Welche neuen Gesundheitsfachberufe gibt es?

Über einen Bachelorstudiengang kann der Gesundheitsfachberuf «Primary Care Management» (PCM) erlernt werden. Dabei werden fundierte medizinische und organisatorische Kompetenzen vermittelt, um ärztlich delegierte Aufgaben in Hausarztpraxen zu übernehmen. Dazu zählen Basisuntersuchungen, eine zielgerichtete Anamnese, das Medikamentenmanagement und die Infektionsprävention.

Ein «Physician Assistant» (PA), auch Arztassistent genannt, ist ein medizinischer Fachberuf, der ebenfalls ärztlich delegierbare Aufgaben übernimmt und somit Ärzte in ihrer Arbeit unterstützt. Ein PA kann in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens tätig sein, etwa in Krankenhäusern, Praxen und Notaufnahmen. 

Wie soll die Digitalisierung in Hausarztpraxen helfen?

Im rheinland-pfälzischen «Häppi»-Projekt wird neben dem Einsatz von Videosprechstunden, der Online-Terminvergabe oder Messengerdiensten ein Schwerpunkt auf den Einsatz KI-basierter Telefonassistenz gesetzt. Damit soll die enorme Zeit, die für telefonische Routineanfragen sonst in einer Praxis nötig ist, reduziert werden. 

Diese Telefonassistenz nutzt künstliche Intelligenz, um Gespräche zu verstehen und passend zu reagieren. Die Technologie basiert auf Sprachverarbeitung, die es der KI ermöglicht, natürliche Sprache zu erkennen und darauf interaktiv zu antworten. Damit sollen nicht nur Termine vereinbart werden, sondern auch Rezepte bestellt und Formulare überwiesen werden können.

Welche Hausarztpraxen machen bei dem Pilotprojekt mit?

Die sieben «Häppi»-Praxen befinden sich in folgenden Regionen:

• Kirchen, Landkreis Altenkirchen

• Hachenburg, Westerwaldkreis

• Simmern, Rhein-Hunsrück-Kreis

• Bad Ems, Rhein-Lahn-Kreis

• Mommenheim, Landkreis Mainz-Bingen

• Irrel, Eifelkreis Bitburg-Prüm

• Kirchheimbolanden, Donnersbergkreis

Bei den Teilnehmern handelt es sich überwiegend um inhabergeführte hausärztliche Einzelpraxen, aber auch um Gemeinschaftspraxen und ein medizinisches Versorgungszentrum. Alle Praxen liegen in ländlichen Gebieten. 

Warum heißt das Projekt «Häppi»?

«Häppi» ist eine Abkürzung für «Hausärztliches Primärversorgungszentrum, Patientenversorgung Interprofessionell». Das Pilotprojekt wird wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse sollen in ein überarbeitetes Best-Practice-Handbuch einfließen und dieses soll Ende 2026 landesweit zur Verfügung stehen.

Das Versorgungskonzept des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes auf Bundesebene wird bereits in Baden-Württemberg erprobt. In Rheinland-Pfalz und Bayern startet das Pilotprojekt.

Wie wird das Vorhaben finanziell unterstützt?

«Häppi» wird mit Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz und der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland mit insgesamt bis zu 280.000 Euro gefördert. Das Pilotprojekt ist auf sechs Monate angelegt.

Von Bernd Glebe, dpa
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