Veranstalter in Bad Dürkheim: Sicherheit hat oberste Priorität. (Archivfoto)
Uwe Anspach/dpa
Veranstalter in Bad Dürkheim: Sicherheit hat oberste Priorität. (Archivfoto)
Folgen der Messerattacke

Wein- bis Wurstmarkt - Mehr sichtbare Polizei nach Solingen

Vielerorts in Rheinland-Pfalz wird gefeiert - die großen Feste in Mainz, Worms und Bad Dürkheim sind drei Beispiele. Müssen die Sicherheitsmaßnahmen nach dem Anschlag in Solingen verschärft werden?

Die Besucher auf den Festen in Rheinland-Pfalz werden von mehr Polizisten in Uniform bei den Veranstaltungen begleitet. Das hat Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) als Konsequenz nach der Messerattacke auf einem Volksfest in Solingen mit drei Toten und acht Verletzten angekündigt. Diese sichtbare Polizeipräsenz solle das Sicherheitsgefühl der Menschen erhöhen und gleichzeitig bei potenziellen Kriminellen für Abschreckung sorgen. 

Die Terrorattacke hat dazu geführt, dass bei den Veranstaltern das Thema Sicherheit ganz im Fokus steht. Im Falle des an diesem Donnerstag startenden Mainzer Weinmarkts etwa waren zuletzt alle Beteiligten noch einmal im Austausch, wie Rinaldo Roberto, Sprecher des Polizeipräsidiums Mainz, auf Anfrage mitteilte. Auch auf dem größten Weinfest der Welt, dem Wurstmarkt in Bad Dürkheim, wird ähnlich vorgegangen.

Polizeipräsenz wird erhöht

Die ohnehin gemeinsam mit Veranstaltern und weiteren Verantwortlichen abgestimmten Sicherheitskonzepte berücksichtigten selbstverständlich auch Anschlagsszenarien und größere Schadenslagen, erklärte Roberto in Mainz. «Demnach wäre es nicht erforderlich, diese Konzepte noch einmal anzuschauen.» Diese seien über viele Jahre entwickelt worden und würden regelmäßig vor Veranstaltungen überprüft und fortgeschrieben. 

«Diese Konzepte enthalten auch Punkte, in welchen festgelegt ist, wie und in welchem Rhythmus sich alle Verantwortlichen austauschen.» Ein solcher Austausch geschehe regelmäßig vor und auch während laufender Veranstaltungen, wie zum Beispiel gerade beim Wormser Backfischfest.

Klar ist, dass die Polizeipräsenz auf Veranstaltungen nach Solingen erhöht wird. Das hatte Innenminister Michael Ebling (SPD) bereits am Samstag angekündigt. Roberto vom Polizeipräsidium Mainz erklärte, neben der erhöhten Präsenz würden Kolleginnen und Kollegen noch einmal zusätzlich sensibilisiert, um die Ansprechbarkeit für Bürgerinnen und Bürger auf einem hohen Niveau zu gewährleisten.

Auch der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) betonte, dass die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt bei Veranstaltungen höchste Priorität auf Sicherheit lege. Die Erstellung eines individuellen Sicherheitskonzeptes sei für jede Veranstaltung Pflicht. Das erfolge in Abstimmung mit den örtlichen Behörden, der Polizei und dem jeweiligen Veranstalter. Bereits vor einigen Jahren sei von der Stadt auch eine zentrale Koordinierungsstelle für Veranstaltungen aller Art eingerichtet worden. 

Videoüberwachung und Sicherheitsdienst

«Wie die meisten Menschen sind wir tief betroffen angesichts der Ereignisse in Solingen», teilte eine Sprecherin der Stadt Worms mit, wo das große Backfischfest läuft. «Da sich der Anschlag nur einen Abend vor der Eröffnung unseres Festes ereignete, nahmen wir unmittelbar nochmals Kontakt zur Polizei auf, mit der wir ohnehin in engem Austausch stehen und rund um den Festplatz eng zusammenarbeiten.» 

Unabhängig vom Anschlag in Solingen sei das Sicherheitskonzept auf hohem Niveau und habe sich in den vergangenen Jahren bewährt. «Anders als in Solingen, gibt es beim Backfischfest wenige Zugänge, die alle von einem privaten Sicherheitsdienst gesichert werden», betonte die Sprecherin in Worms. Der Sicherheitsdienst führe Einlasskontrollen durch, zudem bestreiften Polizei und kommunaler Vollzugsdienst ständig den Festplatz und das umliegende Areal. Überdies werde das Gelände mit Videokameras überwacht.

Ständiger Austausch mit Sicherheitsbehörden

«Herzstück» in Worms sei eine Festplatzwache, in der Polizei, Stadt und Veranstaltungsleitung dauerhaft vertreten seien. «Auch Feuerwehr- und Rettungsdienstkräfte gehen dort ein und aus, um sich über die Gesamtlage auf dem Laufenden zu halten. Das reibungslose Zusammenspiel aller Einsatzkräfte hat in Worms ohnehin eine lange Tradition und sich in der Vergangenheit vielfach bewährt.»

Ähnlich äußerte sich die Stadt Bad Dürkheim, in der im September der traditionelle Wurstmarkt mit Hunderttausenden Besucherinnen und Besuchern stattfindet. Sicherheit habe oberste Priorität, teilte die Kommune mit. «Deswegen stehen wir im ständigen Austausch mit den Sicherheitsbehörden. Bereits im vergangenen Jahr wurde das Sicherheitskonzept entsprechend der aktuellen Gefahrenlage angepasst.» Sollten seitens der Behörden zusätzliche Maßnahmen empfohlen werden, werde die Stadt diese umsetzen.

Stichprobenhafte Kontrollen

Beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen befinden sich den Veranstaltern zufolge derzeit täglich zwischen 2.000 und 3.000 Besucher zeitgleich auf dem Gelände. «Um das subjektive Sicherheitsgefühl zu befriedigen, aber auch in Vorbeugung realer Zwischenfälle, kontrollieren wir am Festivaleingang ab sofort stichprobenhaft größere Taschen, Rucksäcke und dergleichen und verengen den Zugang», teilten die Organisatoren mit. Die Polizei sehe aktuell keine akute Bedrohung. «Aber auch die Polizei wird prophylaktisch verstärkt Beamte über das Gelände ziehen lassen, insbesondere an den Wochenenden.»

Ministerpräsident Schweitzer warnte trotz der vielen Emotionen nach dem tödlichen Anschlag vor einer aufgeheizten Debatte. Die Aufarbeitung des Falls dürfe nicht dazu führen, dass die Akzeptanz für das Grundrecht auf Asyl weiter schwinde. Es sei ein demokratischer Konsens bei den Themen Abschiebung und Begrenzung der Zuwanderung notwendig. 

Am Freitag waren bei einer Messerattacke in Solingen in Nordrhein-Westfalen drei Menschen getötet worden. Die Bundesanwaltschaft zog die Ermittlungen an sich und nahm einen Tatverdächtigen wegen Mordes und des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ins Visier. Der 26 Jahre alte Syrer sitzt in Untersuchungshaft. Er hätte eigentlich im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber nicht gelang.

Solingen auch im Landtagswahlkampf

Fälle wie dieser mit einer nicht gelungenen Abschiebung gebe es auch in Rheinland-Pfalz, berichtete Schweitzer. Die Aufarbeitung der Vorkommnisse sei deshalb auch nicht nur eine Sache von Nordrhein-Westfalen, sondern betreffe das ganze Bundesgebiet. Daher rechne er damit, dass die Vorkommnisse in Solingen auch eine Rolle im Landtagswahlkampf in Rheinland-Pfalz spielen würden. Die Tat sei ein Terroranschlag und werde in ihrer Dimension alle noch länger beschäftigen. 

 

Von Wolfgang Jung, Christian Schultz und Bernd Glebe, dpa
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