Der Landesdatenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann ist offen für Pilotprojekte mit Videokameras. (Archivbild)
Ira Schaible/dpa
Der Landesdatenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann ist offen für Pilotprojekte mit Videokameras. (Archivbild)
Von der Kamera ertappt

Videoüberwachung gegen Verwahrlosung und Straftaten im Test

Hilft Videoüberwachung gegen Kriminalität, Vermüllung oder mutwillige Zerstörung? Immer mehr Kommunen hoffen das. Der Datenschutzbeauftragte ist offen für Pilotprojekte - aber auch skeptisch.

Müllsünder in Ludwigshafen, Kriminalität in Kaiserslautern, Diebstähle in Schwimmbädern: «Auf kommunaler Ebene wird der Ruf nach Videoüberwachung immer häufiger und lauter vorgebracht», sagt der Landesdatenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann.

Zugleich sei das Thema Videoüberwachung eine der häufigsten Beschwerden von Bürgern, und eine dauernde Überwachung öffentlicher Plätze mit Blick auf den Datenschutz ein Problem. Die meisten Bürger, die erfasst würden, seien schließlich unschuldig und müssten sich frei bewegen können, so Kugelmann.

Beispiel illegale Müllberge in Ludwigshafen

Um der verbreiteten Hoffnung auf «die Kamera als Universalinstrument gegen Verschmutzung, Vandalismus und Gewalt» auf den Zahn zu fühlen, habe seine Behörde ein aufwendiges Pilotprojekt der Stadt Ludwigshafen gegen illegale Müllablagerungen begleitet, berichtet der oberste Datenschützer des Landes.

Dabei seien drei Plätze im öffentlichen Raum aus einem Auto heraus zu verschiedenen Zeiten mit einer Kamera gefilmt worden. Es sei nicht nur um ein paar weggeworfene Schachteln gegangen, sondern auch um Sondermüll und um Möbel sowie um die Verhinderung einer Rattenplage.

«Die Ergebnisse der sechsmonatigen Testphase deuten darauf hin, dass die eingesetzte Videoüberwachung den gewünschten Effekt, die Vermüllung an den überwachten Plätzen zu reduzieren und die Verantwortlichen dingfest zu machen, nicht im gewünschten Maße erzielen konnte», stellt Kugelmann fest.

Ein einziges Ordnungswidrigkeitsverfahren sei herausgekommen, weil das Kennzeichen eines Autos gefilmt wurde. Die Stadt spricht von einem Bußgeld von 132 Euro.

Ziel des rund 30.000 Euro teuren Projekts sei aber nicht nur die Ahndung gewesen, sondern auch die Gewinnung von Erkenntnissen zu Tatzeiten, Tätergruppen und Ablageverhalten, betont die Stadt. Diese sollen künftig bei Streifenfahrten und Sondereinsätzen berücksichtigt werden. Die Stadt plant, die Überwachung im Rahmen der Möglichkeiten auszubauen.

Problem der Identifikation

«Das Problem ist die Identifikation der Leute», sagt Kugelmann über die Kamerabilder. Für die permanente Überwachung der Aufnahmen fehle - nicht nur in Ludwigshafen - Personal, so dass beispielsweise Müllsünder - ob Videokamera oder nicht - nicht überführt werden könnten. Die Stadt Ludwigshafen hat nach eigenen Angaben aber erste Schritte zur Personalaufstockung eingeleitet.

Am erfolgreichsten sei Überwachung, wenn jemand permanent auf die Bilder schaue und am besten noch über Lautsprecher rufe «Das dürfen Sie nicht!», sagt Kugelmann.

In Ludwigshafen hätten einige ihren Unrat unbeeindruckt von der Kamera direkt vor dieser ablegen können, berichtet Kugelmann. Die Auswertungen zeigten ein fehlendes Unrechtsbewusstsein bei Vielen, stellt auch die Stadt fest. Trotz technischer Unterstützung bleibt das «Erwischen auf frischer Tat» die wirksamste Maßnahme.

Ludwigshafen gibt aber nicht auf: Eine zweite Testphase sei in Vorbereitung.

Beispiel Schwimmbad

Können die Kameras Dieben im Schwimmbad auf die Spur kommen? In privaten Bädern gelte das Hausrecht, sagt Kugelmann. Spinde - aber natürlich nicht die Umkleiden - dürften gefilmt werden, ebenso wie in Rathäusern der Eingang und Beratungsbüros. Die Bilder müssten aber innerhalb von 72 Stunden gelöscht werden. 

Aber auch im Schwimmbad und im Rathaus gilt wie in Ludwigshafen und anderswo: Wenn keiner zeitnah auf die Bilder schaut, bringt das wenig.

Pilotprojekt Kaiserslautern

Kann Künstliche Intelligenz (KI) nicht helfen? Die Stadt Kaiserslautern befasst sich nach eigenen Angaben «aktiv mit dem Thema KI-gestützte Videosicherung». Man prüfe konkrete Optionen, teilte die Kommune mit, ohne Details zu nennen.

«Erste Gespräche auf Landesebene haben bereits stattgefunden», sagte eine Sprecherin. Zudem seien Rückmeldungen aus der Wirtschaft «sehr aufschlussreich» gewesen. Einzelheiten verrät die Stadt noch nicht. 

Kugelmann zufolge steht eine Mall im Mittelpunkt der Überlegungen. Die Polizei gehe aber davon aus, dass die Delikte bereits rückläufig seien, auch ohne Videokamera, berichtet Kugelmann.

Möglicherweise könne dennoch die neue Technik bei einer grundrechtskonformen Videoüberwachung helfen. Kugelmann hält das für diskussionswürdig und ist offen für Pilotprojekte. Es gibt aber auch rechtliche Hürden.

Hessen beim KI-Einsatz als Vorbild?

Als erstes Bundesland hat Hessen die Grundlagen für KI-gestützte Videoschutzanlagen geschaffen. Der Einsatz ist nach Darstellung von Innenminister Roman Poseck (CDU) eng umrissen. Örtlich ist er auf das Frankfurter Bahnhofsviertel beschränkt, wo 50 Kameras fest installiert sind. Inhaltlich wird KI derzeit aber nur eingesetzt bei der Suche nach Vermissten oder terroristischen Gefährdern. Für jede Suche muss ein richterlicher Beschluss vorliegen.

Was macht die KI genau?

Die Videowand im Frankfurter Polizeipräsidium, auf der Kamerabilder aus dem Bahnhofsviertel laufen, «gleicht einem Wimmelbild», sagt Projektleiter Simon Karlsson. Mit bloßem Auge eine gesuchte Person zu erkennen, sei kaum möglich. Seit dem 10. Juli kann die Polizei Fotos hochladen und die KI suchen lassen. Erkennt die KI eine Ähnlichkeit zwischen Fahndungsbild und Person auf einer Kamera, meldet sie einen Treffer. Die Polizisten beurteilen den Fall und können gegebenenfalls eine Streife losschicken. «Mit dieser Geschwindigkeit und Genauigkeit», sagt Karlsson, «ist das für Menschen nicht möglich.»

Von Ira Schaible und Wolfgang Jung, dpa
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