Tägliches Lesen wird zur Pflicht
Schüler, die schlecht lesen, verlieren langfristig das Interesse daran - und damit oft auch den Anschluss an die Bildung. Das Saarland will gegensteuern und nimmt ein Modell aus Hamburg zum Vorbild.
Schüler, die schlecht lesen, verlieren langfristig das Interesse daran - und damit oft auch den Anschluss an die Bildung. Das Saarland will gegensteuern und nimmt ein Modell aus Hamburg zum Vorbild.
Im Saarland wird zum Start des Schuljahres 2025/26 flächendeckend eine fest verankerte Lesezeit in den Stundenplänen eingeführt. Nach Hamburger Vorbild wird das so genannte «Leseband» sowohl für alle Grundschulen im Land verpflichtend als auch für die Gemeinschafts- und Förderschulen, die Teil des Startchancen-Programms sind. Ziel ist es, die Leseflüssigkeit und Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler systematisch zu stärken – «unabhängig von Herkunft oder sozialem Umfeld», so Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD). Lesen sei Grundlage für Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe.
Tägliches «Leseband» von 15 bis 20 Minuten
Das Konzept: Ganz gleich, welches Fach aktuell auf dem Stundenplan steht, es findet drei bis fünf Mal in der Woche eine gemeinsame Lesezeit von 15 bis 20 Minuten statt - also auch im Mathe- oder Sachkundeunterricht, je nach Bedarf der einzelnen Schule vor Ort.
«Idealerweise wünschen wir uns das natürlich täglich», sagte die Ministerin. Die Schule entscheidet, ob es das Leseband jeden Tag zur gleichen Uhrzeit einführt oder bestimmte Zeitpunkte in der Woche auswählt. Entscheidend sei jedoch, dass alle Schülerinnen und Schüler ein einheitliches Zeitfenster erhielten, um diese kontinuierliche Leseförderung sicherzustellen.
«Lesen schafft Nähe, Verständnis und Gemeinschaft», so Streichert-Clivot. Es sei der Schlüssel zur Welt, zur Sprache, zum Lernen und damit auch zur gesellschaftlichen Teilhabe junger Menschen. Deshalb betrachte man es auch als politische Aufgabe, die Fähigkeit zum Lesen zu unterstützen und nicht alleine nur dem Elternhaus zu übertragen, sondern auch diese öffentliche Verantwortung wahrzunehmen.
Gerade in Zeiten, in denen Fake News an der Tagesordnung seien, sei es wichtig, kritisches Denken und damit die Urteilsfähigkeit junger Menschen zu fördern. «Lesen ist deshalb für uns auch ein Menschenrecht und das fördert auch das freie Leben», sagte die Ministerin.
Unterstützung durch Fortbildung und Materialien
Das Ministerium für Bildung und Kultur sowie der Bildungscampus Saarland begleiteten diesen Prozess intensiv mit Fortbildungen, Beratung und praxisnahen Materialien. An den Grundschulen sei das Programm sehr gut aufgenommen worden. Bislang hätten 1.200 Lehrer an sogenannten Ateliers zur Leseförderung und zum Lautleseverfahren teilgenommen. Bis zum Sommer soll die Hälfte der 2.800 Grundschullehrkräfte die Fortbildung abgeschlossen haben.
Zudem erhalten die Schulen Unterstützung bei der Entwicklung individueller Konzepte zur Umsetzung des Lesebands: von der Organisation im Stundenplan bis zur Auswahl geeigneter Texte und Methoden.
Im Nachbarland Rheinland-Pfalz war das Leseband als tägliche, mindestens zehnminütige Lesezeit beginnend mit dem Schuljahr 2024/25 in der Grundschule verbindlich eingeführt worden.
© dpa-infocom, dpa:250513-930-537811/1
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