Eine Grabstelle und der Torso einer Götterstatue aus Römerzeiten sind die prominentesten Funde auf der Baustelle eines Forschungszentrums in Mainz. Der für die Generaldirektion Erbe (GDKE) Rheinland-Pfalz zuständige Innenminister Michael Ebling und Wissenschaftsminister Clemens Hoch (beide SPD) stellten diese und zahlreiche weitere Entdeckungen aus dem Untergrund der Oberstadt der Öffentlichkeit vor.
Die zahlreichen Fundstücke, von Münzen über Fensterglasbruch bis hin zu Prägestempeln, füllen mittlerweile hunderte Kisten. Abgeschlossen sein sollen die archäologischen Untersuchungen auf dem Gelände, auf dem die gemeinnützige Gesellschaft Tron baut, bis Weihnachten.
Das Baufeld liege direkt südlich eines einst mit 12.000 Soldaten besetzten römischen Legionslagers, erklärte Ebling. Hier habe sich eine vorgelagerte zivile Siedlung befunden, in der etwa Handwerker gelebt hätten, die für das Lager benötigt wurden. Sowohl auf die aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts stammende Grabstele als auch auf die Statue aus Sandstein sei man nur etwa 50 Zentimeter unter der Oberfläche gestoßen.
Auf dem Areal sei im Mittelalter nicht gebaut worden, erklärte Landesarchäologe Ulrich Himmelmann von der GDKE. Die römische Stadt sei größer gewesen als die mittelalterliche. Das erkläre die Entdeckungen in einer so geringen Tiefe.
Forschungsgebäude kostet rund 175 Millionen Euro
Auf dem untersuchten Gelände in direkter Nachbarschaft zur Universitätsmedizin Mainz baut Tron ein insgesamt rund 175 Millionen Euro teures Gebäude für Labore und Verwaltung. Der Bau soll 2027 fertig werden. Derzeit hinke man den Planungen wegen der archäologischen Untersuchungen etwa zwei Monate hinterher, erklärte der kaufmännische Geschäftsführer von Tron, Michael Ludolf. Es werde aber versucht, den Rückstand wieder aufzuholen, indem etwa der Bauablauf eng abgestimmt werde mit der Archäologie.
Tron, zu dessen Anteilseignern das Land Rheinland-Pfalz, die Universitätsmedizin Mainz und die Johannes Gutenberg-Universität gehören, forscht an Wirkstoffen zur immuntherapeutischen Behandlung von Krebs und anderen Krankheiten. Der Name steht für Translationale Onkologie, dahinter stehen unter anderem die Biontech-Macher Ugur Sahin und seine Frau Özlem Türeci.
Die Grabinschriftenstele, die vermutlich in der Zeit um das erste Jahrhundert entstand, und auf der die Buchstaben F, P und H zu erkennen sind, war den Angaben zufolge in Richtung eines Steingebäudes ausgerichtet. Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass sich dort eine Grabkammer mit Gewölbekeller befand. Eine Grabstätte inmitten einer Siedlung sei etwas sehr Außergewöhnliches, erklärte Landesarchäologe Himmelmann.
Statue erinnert an anderen Fund aus der Mainzer Neustadt
Die Sandsteinstatue zeigt dem Innenministerium zufolge einen Genius, einen persönlichen Schutzgeist. Erschaffen wurde sie vermutlich in einer obergermanischen Bildhauerwerkstatt. Die Statue weise Parallelen zu der einst in der Mainzer Neustadt gefundenen Statue der römischen Göttin Salus auf, berichtete Ebling. Das nun auf dem Baufeld entdeckte Stück sei von herausragender Bedeutung für die Archäologie.
Entdeckt wurden im Untergrund etwa auch ein Gebäude mit Fußbodenheizung, Steinmauern oder Holzpfähle einer früheren römischen Bebauung, erklärte Himmelmann. Die nahezu 500 Jahre römischer Geschichte lägen hier praktisch übereinander. Da der Bau von Tron möglichst schnell vorangetrieben werden soll, gehe es den Archäologen - rund 20 sind vor Ort im Einsatz - zunächst darum, Funde zu sichern und abzutransportieren. Danach erfolge die genaue Auswertung, sagte Himmelmann. Schon jetzt lasse sich aber sagen, dass die Funde sehr reichhaltig seien.
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