Ein Mann und zwei Frauen aus Rheinland-Pfalz machen künftig für CDU und SPD in der Bundesregierung Politik. Dazu kommt mit der Bundestagspräsidentin das zweithöchste Staatsamt. Das Bundesland ist damit nach Einschätzung von Politikwissenschaftler Uwe Jun «ungewöhnlich stark vertreten».
Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) zeigte sich stolz und sagte: «Rheinland-Pfalz wird eine wichtige Rolle spielen in dieser Bundesregierung - und das ist auch gut so.» Was sind die Gründe dafür - und welche Folgen hat das für die Landtagswahl am 22. März 2026?
Welche Rheinland-Pfälzer sind in der Bundesregierung vertreten?
Die neue Bauministerin Verena Hubertz (SPD) hat nach Einschätzung von Jun politisch ein enges Verhältnis zum Parteichef und künftigen Vizekanzler Lars Klingbeil. Bei seiner Entscheidung für die 37-Jährige hätten auch Geschlecht und Alter eine Rolle gespielt. Die Triererin sei schnell aufgestiegen und stehe politisch eher für eine «Mitte-Position». Hubertz habe eine schwere Aufgabe übertragen bekommen, weil der staatliche Einfluss beim Wohnungsbau begrenzt und die Zahl der geplanten Wohnungen unter ihrer Vorgängerin Klara Geywitz (auch SPD) deutlich hinter dem Ziel zurückgeblieben sei.
Die Juristin Stefanie Hubig (SPD) sei wegen ihrer exekutiven Erfahrung als Staatssekretärin im Bundesjustizministerium und neun Jahren Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz als starkes Gegengewicht zu Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) ausgewählt worden, sagt der Wissenschaftler von der Universität Trier. Es sei für die SPD nicht leicht gewesen, einen Juristen oder eine Juristin mit weitgehender politischer und exekutiver Erfahrung für das Amt zu finden. Die 56-Jährige ist mehr als Fach-, denn als Parteipolitikerin bekannt und äußerte sich zuversichtlich, mit Dobrindt konstruktiv über Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten.
Für die CDU übernimmt im Kabinett Patrick Schnieder das Verkehrsministerium, das zuvor mit Volker Wissing (parteilos) auch ein Rheinland-Pfälzer verantwortet hat.
Die langjährige CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner ist bereits zur Bundestagspräsidentin gewählt worden.
Was bedeutet das für die Bundespolitik?
«Beide Landesverbände haben eine hohe Bedeutung in der Bundespartei», sagt Politikwissenschaftler Jun über die Entscheidung für die CDU- und SPD-Politiker. Rheinland-Pfalz gilt für die SPD zusammen mit Niedersachsen bisher als sichere Bank. Die Landesregierung wird seit mehr als 30 Jahren von Sozialdemokraten geführt.
Und was heißt das für die Landtagswahl 2026?
Ministerpräsident Schweitzer ist nach Einschätzung Juns gut mit der Bundes-SPD verbunden. «Für ihn und seine weitere politische Karriere wird alles vom Landtagswahlergebnis abhängen, ob es ihm gelingt, Rheinland-Pfalz zu halten oder nicht.»
Die Verbindung der beiden Brüder in der CDU - Patrick Schnieder als Bundesverkehrsminister in Berlin und Gordon Schnieder als Landesparteichef und Spitzenkandidat in Mainz - könne der Union in Rheinland-Pfalz zugutekommen.
Schweitzer selbst sieht keinen Zusammenhang zwischen dem Landtagswahlkampf und den Ämtern der Rheinland-Pfälzer in der Bundesregierung.
Was sind die Folgen für das Kabinett Schweitzer?
Der Ministerpräsident habe nach seinem Amtsantritt im Juli 2024 «nur Posten ausgetauscht, die ausgetauscht werden mussten», sagt Jun. Nach dem überraschenden Tod von Justizminister Herbert Mertin wurde der bisherige Fraktionschef Philipp Fernis (beide FDP) im April zu seinem Nachfolger. Dörte Schall (SPD) war zuvor Schweitzers Nachfolgerin als Sozialministerin geworden. «Schweitzers Behutsamkeit kommt ihm jetzt zugute», sagt Jun zum neuen Wechsel im Kabinett.
Schweitzer kündigte an, «sehr bald», in den nächsten Tagen, über die Nachfolge der Leitung dieses «zentralen Hauses meiner Landesregierung» zu entscheiden. In der Bildungs- und der Innenpolitik haben Landesregierungen die größten Gestaltungsspielräume. Kitas und Schulen stehen zudem im Fokus vieler Bürger.
Wer könnte neuer Bildungsminister werden?
Die Nachfolge ist wegen der Landtagswahl zunächst auf rund ein Jahr begrenzt. Fachkompetenz sei damit das zentrale Kriterium, sagt Jun.
Wenn die langjährige Staatssekretärin Bettina Brück (SPD) nachrücken sollte, müsste ein Nachfolger für sie gefunden werden. Im Gespräch ist auch der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Sven Teuber.
Die GEW dringt auf einen Bildungsexperten. Etliche Projekte für die Schulen und Kitas seien angestoßen und im Prozess, aber noch nicht final umgesetzt. Deshalb könne es sich das Land nicht leisten, eine fachfremde Person auf den Posten zu setzen.
Denkbar wäre auch, eine ausgewiesene und erfahrene Schulexpertin aus der zweiten Reihe des Bildungsministeriums mit dem Posten zu betrauen.
War Hubig mit ihrer Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz umstritten?
In der Debatte über die Versorgung der Schulen mit ausreichenden Lehrkräften und die digitale Ausstattung erntete die Bildungsministerin regelmäßig viel Kritik von Gewerkschaften, der Landtagsopposition sowie Eltern- und Schülervertretungen. Auch die Vorgaben für das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Förderbedarf sorgte für viel Kritik: Von «Inklusion mit der Brechstange» war die Rede. Umstritten ist auch das Kita-Gesetz. Trotz aller Kritik spricht die GEW von einem guten und vertrauensvollem Austausch mit offenem Visier.
Stand die Entscheidung für Berlin schon lange fest?
Hubig war schon seit längerer Zeit für einen Posten in Berlin im Gespräch. Die 56-Jährige zählte auch zu zwölf Verhandlern aus Rheinland-Pfalz, die das Programm für die schwarz-rote Koalition ausgearbeitet haben. Sie war stellvertretende Leiterin der Bildungs-AG. Konkret wurde die Entscheidung für den Wechsel aber erst vor wenigen Tagen.
Fällt Hubig der Abschied aus Mainz schwer?
Für die in Frankfurt geborene und in Bayern aufgewachsen Hubig ist der Schritt an die Spitze des Bundesjustizministeriums ein echter Karrieresprung. Dass die promovierte Juristin bei einer Anfrage für einen Wechsel ins Bundeskabinett zusagt, galt bereits als sicher.
Von Ira Schaible und Bernd Glebe, dpa
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