Büttenrednerin Allegra Bob will Vorbild für andere Frauen werden und sein.
Helmut Fricke/dpa
Büttenrednerin Allegra Bob will Vorbild für andere Frauen werden und sein.
Frauen und Fastnacht

Rednerinnen erobern die Bütt - «So viel Frauenpower war nie»

Als «Putzfrau Gretel» zog es die frühere CDU-Chefin AKK immer wieder in Kittelschürze auf die Bühne. In der Mainzer Fastnacht sind Büttenrednerinnen eine Seltenheit. Das ändert sich gerade.

Was denkt eigentlich die Chefin vom Hähnchengrill in Drais?Das hat sich Allegra Bob gefragt und daraus ihre Büttenrede für die Kampagne 2025 gemacht. Wie die 27-Jährige ausgerechnet auf diese Figur gekommen ist? Die Chefin vom Grill gehört einfach zur Mainzer Fastnacht, steht mit ihren Hähnchen im Mittelpunkt des Stimmungssongs des Duos Christian Schier & Martin Heininger.

Frauen erobern sich die Fastnacht 

Frauen in der Bütt wie Bob sind in der Fastnacht und im Karneval noch immer eine Ausnahme. «Da tut sich was. Es braucht aber alles seine Zeit», sagt der Kabarettist und Präsident der Mombacher Bohnebeitel, Heinz Meller. 

Der Sprecher des Mainzer Carneval-Vereins (MCV), Michael Bonewitz, meint sogar: «So viel Frauenpower wie in diesem Jahr gab es noch nie.» Als Beispiel nennt er die Meedschersitzung des Karneval-Clubs Kastel und die Damensitzung des Carneval Clubs Weisenau mit einer Sitzungspräsidentin. «Es ist sicherlich noch Luft nach oben, aber die Frauen sind auf dem Vormarsch.» 

Der Bund Deutscher Karneval hat zwar keine Statistik, Sprecher Peter Krawietz sagt aber, in der aktuellen Kampagne gebe es sogar bei sehr vielen Karnevalsvereinen Büttenrednerinnen. 

Das neue Format «GCVrau» soll Fastnachterinnen anziehen 

Beim Gonsenheimer Carneval Verein 1892 (GCV) gibt es sogar eine Chefin des Protokolls - das ist der erste politisch-literarische Vortrag in der Bütt, also eine Art Aushängeschild. Christina Grom gibt in der Kampagne ihr Debüt in dieser Rolle - in der Nachfolge ihres bekannten Vaters, Erhard Grom, der über jahrzehntelang der Protokoller des GCV war - auch bei «Mainz bleibt Mainz». 

«Vor vier, fünf Jahren hätte ich mir das noch nicht vorstellen können», sagt die 38-Jährige. «Fastnacht ist Traditionssache.» Vielleicht habe sich das alte Rollenbild deshalb länger gehalten und es Frauen auch schwerer gemacht, den Zugang in die Bütt zu finden. Die Idee zum Rollenwechsel vom Vater auf die Tochter jedoch habe ein hochbetagter Mann aus dem Verein gehabt. 

Töchter schlüpfen in die Rollen ihrer erfolgreichen Väter 

Der GCV habe mit seiner ausschließlich von Frauen gestalteten Fastnachtssitzung «GCVrau» 2025 ein wichtiges Signal gesendet und gezeigt, «wir sind der Rasen, auf dem was wachsen darf», sagt Grom.

Dabei war nicht nur Grom zu sehen, auch Moderatorin Teresa Betz schlüpfte in die Rolle ihres Vaters Gutti Guttenberg. Und die Tochter des ebenfalls aus «Mainz bleibt Mainz» bekannten Michael Emrich («König von Gunsenum»), Kati, machte auch mit. 

Ebenso wie die Chefin vom Draiser Hähnchengrill: Allegra Bob tritt schon seit ihrer Jugend als Büttenrednerin auf. «Ich versuche, Vorbild zu sein oder zu werden für andere», sagt die Nackenheimerin. 

GCV-Präsident Martin Krawietz spricht von «einem vollen Erfolg»: Das Format solle weitergeführt werden - «als Beispiel und hoffentlich auch als Magnet für Fastnachterinnen, die sich in der noch deutlich männlich geprägten Fastnacht nicht aufgehoben oder angesprochen fühlen». 

Bei der Funzelsitzung des MCV sind erstmals Frauen im Komitee

Sylvia Planitzer, die erste Frau im Vorstand des MCV seit dessen Gründung 1838, sieht auch Fortschritte. In der Funzelsitzung in lockerer Picknick-Atmosphäre in der Rheingoldhalle habe es in diesem Jahr erstmals ein gemischtes Komitee aus Frauen und Männern gegeben. 

Büttenrednerin Brüschke von den Möhnen kennt Hindernisse

Büttenrednerin Melanie Brüschke von den Möhnen Dieblich im Kreis Mayen-Koblenz nennt neben dem hohen Aufwand auch einen Mangel an angeleiteten Trainingsmöglichkeiten als Hindernis für den weiblichen Nachwuchs. Jede Büttenrede stehe zudem inzwischen auch in Konkurrenz zu Comedians im Fernsehen. Die von den Zuschauern erwartete Professionalität setze die Hürde für Laien extrem hoch. 

Frauen feiern anders Fastnacht als Männer

«Frauen zieht es gar nicht so sehr in die Bütt», meint Sylvia Planitzer. «Sie feiern anders als Männer, wollen lieber gemeinsam tanzen oder im Zwiegespräch auftreten.» Frauen seien mehr Teamplayer, hätten zudem in Familie und Beruf schon genügend Ansagen zu machen. Es ziehe sie einfach nicht so auf die Bühne wie viele Männer, um die Welt zu erklären. 

«Mir macht Theaterspielen auch mehr Spaß als die Bütt», sagt Planitzer, die auch Sprecherin des närrischen Ensembles «Scheierborzeler» ist, das jedes Jahr im Staatstheater eine andere Fastnachtsposse in Mainzer Mundart aufführt. 

Bob will Vorbild für Büttenrednerinnen werden 

Allegra Bob steht schon seit Kindertagen in der Fastnacht auf der Bühne. In ihrer ersten mit 15 Jahren geschriebenen eigenen Büttenrede brachte sie als Bürgermeister von Nackenheim «lustige Geschichten» aus dem Geburtsort Carl Zuckmayers auf die Bühne. 

Die selbstständige Texterin brennt für die Bütt. «Leute zum Lachen zu bringen und ihnen eine gute Zeit zu schenken, egal, was in der Welt da draußen gerade passiert, lässt mich aufblühen und macht mir Spaß.»

Von Ira Schaible, dpa
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