Aus einer großen Gruppe heraus haben sie mit Glasflaschen auf Polizisten im Einsatz geworfen. Auch mit einem Besen, einer Schaufel, einer Holzpalette und einem Einkaufswagen sollen sie in Richtung der Beamten gezielt haben. Knapp ein Jahr nach dem Angriff auf Polizisten vor einer Diskothek in Trier ist am Mittwoch im Prozess vor dem Landgericht Trier das Urteil gegen elf beteiligte Angreifer gesprochen worden.
Für zwei von ihnen hieß es Haft: Ein 43-Jähriger muss wegen Körperverletzung, Angriffs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte für ein Jahr und drei Monate ins Gefängnis, wie der Vorsitzende Richter Günther Köhler am Mittwoch am Landgericht Trier sagte. Da der Mann einschlägig vorbestraft und die Tat während einer noch laufenden Bewährung geschehen sei, sei keine weitere Aussetzung zur Bewährung möglich.
Zudem bekam ein 17-Jähriger, der bereits seit März 2023 in U-Haft sitzt, unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung eine Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Weil der junge Mann mehrfach vorbestraft sei, könne diese Strafe ebenfalls nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, sagte der Richter.
Laut Urteil erhielten die anderen Angeklagten vor allem Verwarnungen, Geld- sowie Arbeitsauflagen und die Verpflichtung zur Teilnahme an einem «pädagogischen Wochenende». Bei der Frau und einem Mann wurde eine Jugendstrafe zur Bewährung ausgesprochen. Das heißt, wenn sie innerhalb eines Jahres erneut straffällig werden, wird eine Strafe fällig. Zum Abschluss sagte der Richter im vollen Gerichtssaal: «Ich hoffe, dass Sie alle Ihre Lehren aus dem Urteil ziehen und wir uns nicht wiedersehen müssen.»
Rückblick: Zu der Attacke war es nach einem Streit mit Mitarbeitern des Sicherheitspersonals in dem Club gekommen. Mehrere Gäste waren vor die Tür verwiesen worden. Nachdem die Polizei dort eingetroffen war, eskalierte die Lage. Der 43-Jährige, der der Vater eines an dem Streit in der Disco beteiligten jungen Mannes ist, sei auf die Beamten losgestürmt, um eine gebildete Polizeikette gewaltsam zu durchbrechen. Dabei habe er gerufen: «Ich haue den Türstehern aufs Maul», sagte Köhler.
Dabei versetzte der angetrunkene Mann einem Polizisten einen Faustschlag gegen den Kopf. Andere Polizisten brachten ihn mit Pfefferspray und einem Schlagstock zu Boden. Kurz darauf begannen die anderen Beteiligten aus der Menge heraus die Polizisten zu bewerfen. Der Grund: Sie seien mit den «Diensthandlungen der Polizei» und dem Pfefferspray-Einsatz «nicht einverstanden» gewesen, sagte Köhler. Bei allen war auch Alkohol im Spiel.
Erst als ein Polizist mit seiner Dienstwaffe zwei Warnschüsse in die Luft abgab, hörten die Angreifer auf. Im Zuge des Angriffs waren fünf Polizisten verletzt worden, zwei davon durch den Einsatz von Pfefferspray der Polizei selbst.
Der Prozess lief seit Ende November 2023 - gegen Angeklagte im Alter von 17 bis 43 Jahren. Da bis auf den 43-Jährigen alle als Jugendliche oder Heranwachsenden galten, fand das Verfahren vor der Jugendkammer statt. Wegen der besonderen Bedeutung war der Fall am Landgericht gelandet.
«Dass nach nicht einmal einem Jahr jetzt das Urteil gefallen ist, ist wichtig und das richtige Zeichen für alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, vor allem aber für die damals vor Ort eingesetzten Kräfte», sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) am Mittwoch nach dem Richterspruch. «Solche Angriffe auf unsere Polizeifamilie dürfen nicht geduldet werden und das Urteil zeigt, sie werden auch nicht geduldet.»
Politiker in Land und Bund hatten schon damals die Attacke damals scharf verurteilt - sie sorgte für bundesweite Schlagzeilen. «Die Brutalität und Enthemmtheit der Attacken in Trier macht fassungslos und wütend», hatte Ebling damals gesagt. Der Trierer Polizeidirektor Christian Hamm sagte nach der Tat: «Einen solchen Gewaltausbruch gegen Einsatzkräfte habe ich in meiner Zeit als Leiter der Polizeiinspektion Trier noch nicht erlebt.» Zur Aufklärung hatte die Polizei eine Ermittlungsgruppe mit rund 100 Beamten eingesetzt.
Im Prozess hatten mehrere Verteidiger in der vergangenen Woche auf Freispruch plädiert. Nach dem Urteil wollten die meisten keine Erklärung abgegeben, ob sie in Revision gehen wollen. Nur für den 43-Jährigen sagte dessen Anwalt Thomas Roggenfelder direkt: «Wir gehen in Revision. Wir werden die Einstellung des Verfahrens beantragen, weil das Gericht sachlich nicht zuständig ist.» Das Verfahren hätte beim Jugendschöffengericht des Amtsgerichts verhandelt werden müssen, sagte er.
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