Zwei Polizisten stehen vor einem Streifenwagen.
Marijan Murat/dpa
Zwei Polizisten stehen vor einem Streifenwagen.
Prozesse

Prozess gegen mutmaßliches IS-Mitglied gestartet

Ein 44-Jähriger soll sich 2015 in Syrien dem IS angeschlossen haben. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, sich an grausamen Taten beteiligt zu haben. Seine Verteidigung bestreitet eine IS-Mitgliedschaft.

Gegen ein mutmaßliches Ex-Mitglied der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hat am Montag ein Prozess vor dem Oberlandesgericht in Koblenz begonnen. Der 44-jährige Syrer habe sich 2015 in Syrien dem IS angeschlossen und sich auch an der Hinrichtung von Gefangenen beteiligt, sagte eine Vertreterin der Bundesanwaltschaft beim Verlesen der Anklageschrift. Die Bundesanwälte werfen dem Mann unter anderem eine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Kriegsverbrechen und Mord vor.

Der Angeklagte habe sich im Mai 2015 für rund einen Monat lang der Terrormiliz angeschlossen, als diese seinen damaligen Wohnort Al-Sawana in Syrien einnahm. In dem Zeitraum hat der Mann sich den Vorwürfen zufolge an zwei Hinrichtungen beteiligt, bei denen jeweils zwei Kämpfer der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA) getötet wurden. Dabei habe er die Gefangenen jeweils zum Ort ihrer Hinrichtung gebracht, hieß es.

Einen der Gefangenen habe die Gruppe lebendig mit einem Seil an einem Pick-up-Truck festgebunden und solange durch die Stadt geschleift bis er tot war. Im fahrenden Auto soll der Angeklagte «Allahu Akbar» gerufen haben, sagte eine Vertreterin der Bundesanwaltschaft. Gegen den mutmaßlichen Fahrer werde gesondert ermittelt. Bei einer weiteren Hinrichtung habe er einen der IS-Terroristen zunächst davon abgehalten, erneut auf ein nach einem Kopfschuss noch lebendes Opfer zu schießen, da es nicht erlöst werden solle.

Die Bundesanwälte werfen dem 44-Jährigen zudem vor, Zivilisten als Geiseln gefangen genommen zu haben. An einem Checkpoint der Terrormiliz soll er aus kurzer Entfernung mehrfach auf einen in einem Auto flüchtenden Mann geschossen haben, wobei er dessen Tod in Kauf genommen habe. Der Mann sei jedoch entkommen.

Rechtsanwalt Dubravko Mandic erklärte hingegen, sein Mandant sei nie Mitglied oder Unterstützer des IS gewesen. Er sei weder Islamist noch gläubig. Die Anklage belege kein Motiv für die Vorwürfe gegen den 44-Jährigen. So seien zwei Brüder des Angeklagten selbst als Kämpfer der oppositionellen FSA gefallen. Dafür, dass er IS-Mitglied gewesen sei, brauche es mehr Beweise. Kurz nach Einnahme seines Wohnorts durch den IS sei er geflüchtet, hieß es weiter.

Die Strafverteidiger des 44-Jährigen stellten zudem die Beweiskraft von Zeugenaussagen infrage, die der Mechanismus der Vereinten Nationen für die Untersuchung und Verfolgung von schwersten Kriegsverbrechen in Syrien (IIM) in dem Fall vorgelegt hat. Die Vertreterin der Bundesanwaltschaft hielt dem entgegen, dass es sich um eine Beweissicherungsorganisation mit Mandat der Vereinten Nationen handle.

Der 44-Jährige sitzt in Untersuchungshaft, seitdem er im März 2023 in Mainz verhaftet worden war.

© dpa-infocom, dpa:240408-99-600120/3
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