Proteste gegen Wehrpflicht: Bleiben die Klassenzimmer leer?
Verständnis für die Proteste kommt vom Bildungsministerium. An der Schulpflicht ändert das nichts.
Verständnis für die Proteste kommt vom Bildungsministerium. An der Schulpflicht ändert das nichts.
Wehrpflicht nach dem Ende der Schule? Gegen die Pläne der Bundesregierung gibt es in Rheinland-Pfalz deutlichen Widerstand unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Schulstreiks, die in Koblenz, Landau, Mainz und Trier geplant sind, werden von der Landesschülerinnen- und Landesschülervertretung (LSV) unterstützt.
Die Interessenvertretung der jungen Menschen spricht sich klar gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eine allgemeine Dienstpflicht aus. Die Protestaktionen werden von der LSV zwar nicht maßgeblich mitgestaltet. «Jedoch unterstützen wir die Meinung, dass die Wehrpflicht auch in der von der Bundesregierung vorgestellten Form nicht wieder eingeführt werden soll», erklärte eine Sprecherin.
Junge Menschen wollen kein «Kanonenfutter» sein
Die LSV fordert die politisch Verantwortlichen auf, keine Schritte zur Reaktivierung der Wehrpflicht einzuleiten, sondern sich stattdessen für freiwillige, demokratische Formen des Engagements starkzumachen. Die Protestaktionen würden deshalb unterstützt.
«Wir wollen nicht als Kanonenfutter enden», heißt es auf Instagram in einem Aufruf zu den bundesweiten Protesten. «Wir schauen nicht stumm zu wie wir und unsere Freunde per Los zum Töten und Sterben gezwungen werden.» Zu der Protestaktion schreiben die Organisationen auch: «Wir wollen nicht ein halbes Jahr unseres Lebens in Kasernen eingesperrt sein, zu Drill und Gehorsam erzogen werden und töten lernen.» Krieg sei keine Zukunftsperspektive und zerstöre die Lebensgrundlage.
Keine Befreiung vom Unterricht für Streik
Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium und der Philologenverband begrüßten zwar das politische Engagement der Schülerinnen und Schüler. Engagement für Demokratie und Mitdiskutieren bei wichtigen gesellschaftlichen Fragen – das seien zentrale Bausteine im schulischen Unterricht und sie gehörten zur Demokratiebildung essenziell dazu, erklärte ein Ministeriumssprecher. Auf diese Weise werde auch deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler alles andere als politikverdrossen seien.
Da es sich bei dem Streikaufruf allerdings nicht um eine schulische Veranstaltung oder eine Veranstaltung im schulischen Kontext handele, sei eine Befreiung vom Unterricht für diesen Anlass nicht möglich. Eine Beurlaubung könne laut Schulordnung nur aus wichtigen Gründen erfolgen. Als solche seien etwa Trauerfälle in der Familie, ein Arztbesuch, Engagement in der Schülervertretung oder religiöse Gründe denkbar, erklärte der Sprecher.
Stressige Vorweihnachtszeit in der Schule
«Es ist grundsätzlich legitim, seinen Anliegen Gehör zu verschaffen – zur Mitsprache im demokratischen Prozess möchten wir unsere Schülerinnen und Schüler ja auch durchaus erziehen», sagte auch die Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Cornelia Schwartz. Ein Schülerstreik treffe allerdings die Falschen.
«Leidtragende sind dabei nicht die Politik, sondern vor allem die Schüler selbst sowie die Lehrkräfte.» In der ohnehin stressigen Vorweihnachtszeit werde die Schulfamilie dadurch belastet, dass für fehlende Schüler Nachklausuren erstellt und mit ihnen nachgeschrieben werden müssten, erklärte Schwartz.
Wehrpflichtdebatte im Bundestag
Die schwarz-rote Koalition hatte sich auf einen zunächst freiwilligen Wehrdienst geeinigt. Dafür müssen alle 18-jährigen Männer Fragebögen ausfüllen und zu einer Musterung erscheinen. Sollten sich nicht genug Freiwillige für die Truppe finden, könnte der Bundestag demnach über eine sogenannte Bedarfswehrpflicht entscheiden. Dabei könnte auch ein Zufallsverfahren zur Auswahl genutzt werden. Am Freitag stimmt der Bundestag über die Wehrdienst-Pläne der Bundesregierung ab.
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