PR-Branche hilft Vereinen beim Kampf gegen Extremismus
Eine KZ-Überlebende und der Enkel eines berühmten Offiziers unterstützen eine Idee von Marketingagenturen. Die PR-Firmen beraten Organisationen, die sich gegen Radikalisierungen engagieren.
Eine KZ-Überlebende und der Enkel eines berühmten Offiziers unterstützen eine Idee von Marketingagenturen. Die PR-Firmen beraten Organisationen, die sich gegen Radikalisierungen engagieren.
Unterstützt von der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer und einem Enkel des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg wollen Werbeagenturen bundesweit im Kampf gegen Extremismus helfen. Mit einer Arbeitsleistung von jährlich gut fünf Millionen Euro wollen sie gemeinnützigen Organisationen beim Einsatz für die Erhaltung der Demokratie unter die Arme greifen. Das kündigte Mitinitiator Daniel Koller an. Es gehe um kostenloses Marketing für Vereine, die Initiativen gegen Radikalisierungen und den Zerfall gesellschaftlicher Werte starten wollten. Koller hat nach eigenen Angaben auch schon nach der Ahr-Flutkatastrophe die Aktion «Flutwein» mit einem Spendenerlös von 4,5 Millionen Euro mitinitiiert.
Die 102-jährige Berlinerin Friedländer, Überlebende des KZ Theresienstadt, erklärte laut Mitteilung: «Ein friedliches Leben in Demokratie war nie selbstverständlich und wird es niemals sein.» Sie unterstützt die neue Organisation C_SR (Creative Social Responsibility) der PR-Branche: «Lasst uns allen in Erinnerung rufen, was es bedeutet, Mensch zu sein.»
Berlins Ex-Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD), ein Freund von Friedländer, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die 1921 geborene Zeitzeugin werbe selbst immer noch in Schulen für die Demokratie: «Das hält sie lebendig.»
Auf der Internetseite www.C-SR.org, die an diesem Donnerstag (22. Februar) freigeschaltet werden soll, können gemeinnützige Organisationen ihren Marketingwunsch formulieren, damit Werbe- und Social-Media-Agenturen oder andere Unternehmen darauf reagieren.
Beispielsweise hat C_SR zufolge schon die «Aktion Mensch» um eine solche Unterstützung gebeten. Die Geschäftsführerin des Deutschen Fundraising Verbands, Larissa Probst, sagte laut Mitteilung: «C_SR kommt genau zur richtigen Zeit. Während extreme Parteien zunehmend Zulauf finden, sollen gleichzeitig Bundesförderungen für Engagementstrukturen und Bildung massiv gekürzt werden.»
Karl Graf Stauffenberg, Autor und Eventmanager im nordbayerischen Höchheim, aber auch Enkel eines Hitler-Attentäters, sagte der dpa: «Ich bin begeistert von dieser Initiative.» Er habe schon vor rund acht Jahren begonnen, vor der Radikalisierung der Gesellschaft zu warnen und sei damals ausgelacht worden. «Das geht wieder vorbei» sei ihm fälschlich gesagt worden. Heute sei er froh, wenn C_SR die Arbeit von PR-Profis für den Erhalt der Demokratie bündele. Stauffenbergs Großvater war nach dem gescheiterten Hitler-Attentat des 20. Juli 1944 erschossen worden.
Auch der Weiße Ring, eine Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer mit Hauptsitz in Mainz, sucht C_SR zufolge Unterstützung für eine neue Kampagne, die über die Bedrohungen von Kommunalpolitikern aufklären soll. Bundesgeschäftsführerin Bianca Biwer erklärte laut Mitteilung, Menschen mit politischen Ehrenämtern zögen sich aufgrund teils massiver Angriffe zurück und es entstünden gefährliche Leerräume für Antidemokraten. Hier könne die Kreativwirtschaft einen wichtigen Beitrag leisten, «uns alle zu sensibilisieren und aufzurütteln: damit wir laut werden und unsere Demokratie schützen».
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