In vielen Kirchen verändert sich das Bild der klassischen Chormusik. Anstiege verzeichnen Kinder- und Gospelchöre und kurzzeitige Projekte. (Symboldbild)
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In vielen Kirchen verändert sich das Bild der klassischen Chormusik. Anstiege verzeichnen Kinder- und Gospelchöre und kurzzeitige Projekte. (Symboldbild)
Neue Entwicklungen

O du fröhliche Kirchenmusik – nicht nur zur Weihnachtszeit

Weihnachten ohne Bachs Weihnachtsoratorium? Undenkbar! Aber nicht nur zu den Feiertagen mögen viele die Chormusik in den Kirchen nicht missen. Welche Trends es bei Protestanten und Katholiken gibt.

Eine gute Nachricht zuerst: Die Corona-Pandemie hat der Kirchenmusik – speziell den Chören – weniger nachhaltig geschadet als befürchtet. «Wir hatten Angst, dass das flächendeckend in die Chöre reinschlägt», sagt Jochen Steuerwald, Landeskirchenmusikdirektor der Evangelischen Kirche der Pfalz. «Doch viele Chorleiter und Vorstände haben rührende Aktivitäten entwickelt, um die Gemeinschaft zu erhalten. Das ist den allermeisten auch geglückt»

Schwieriger sei die Lage jedoch bei gemischten Chören, insbesondere in ländlichen Regionen. «Die typischen Dorfchöre, sei es weltlich oder geistig, haben es immer schwerer», sagt Steuerwald. Viele Menschen zögen sich stärker ins Private zurück und nähmen abendliche Proben seltener wahr.

An der Musik selbst liege es nicht: Studien belegen, dass Singen Glückshormone freisetzt, das Immunsystem stärkt und das Zusammengehörigkeitsgefühl fördert. «Viele Menschen berichten, dass es vielleicht mühsam ist, zur Probe zu gehen – aber wenn sie hinterher nach Hause kommen, sind sie ganz glücklich und erfüllt», so der Landeskirchenrat.

Gegen den Trend: Anstieg bei Gospelchören

In der Evangelischen Kirche der Pfalz gibt es derzeit 540 Ensembles mit mehr als 11.000 Mitgliedern, darunter 377 Vokalensembles mit rund 9.100 Singenden. Insgesamt sei die Mitgliederzahl in den vergangenen zehn Jahren um rund zehn Prozent gesunken. Gegen den Trend wachse jedoch die Zahl der Kinder- und Gospelchöre: Letztere legten um 20 Prozent auf 48 Ensembles mit knapp 1.500 Sängerinnen und Sängern zu.

Besonders gefragt seien zeitlich begrenzte Chorprojekte wie etwa das «Advents-Chorprojekt» in Freinsheim (Bad Dürkheim). Für fünf Wochen und einen Auftritt im Gottesdienst konnte der Gospel-Chor der evangelischen Kirchengemeinde seine Größe sogar verdoppeln. «Mehrere der Neuen haben danach den Wunsch geäußert, dauerhaft bei uns zu bleiben – das freut mich riesig», bilanzierte Chorleiterin Joneva Kaylen. Für diejenigen, die sich nicht langfristig binden können oder möchten, plant sie bereits das nächste Kurzzeitprojekt im Mai.

Andere Formen des gemeinsamen Singens 

Auch in der katholischen Kirche verändern sich Chorstrukturen. «Es gibt viele (Kirchen)-Chöre mit durchschnittlich eher älteren Menschen, die sich nach und nach verabschieden oder auch andere Formen des gemeinsamen Singens finden, ohne sich dem Anspruch und dem Druck auszusetzen, öffentlich auftreten zu müssen», sagt Simone Bastreri, Sprecherin des Bistums Trier, das sich über weite Teile von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes erstreckt.

Zugleich wachse an manchen Orten das Interesse an gemeinschaftlichen Chören unterschiedlicher Prägung. «Darin steckt sicher viel Zukunft, auch mit Blick auf eine gesamtkirchliche Entwicklung, in der das Stichwort Vernetzung eine wichtige Rolle spielt», so Bastreri.Zudem gebe es Neugründungen auf allen Altersebenen: «Das Bild ist bunt.» 

Populär seien Chöre, die modernes Repertoire singen, sowie zeitlich begrenzte Chorprojekte, etwa das ökumenische Familien-Chorprojekt «Stark wie ein Baum» in Hermeskeil oder das bundesweite «Klangvoll vereint für Frieden und Demokratie». «Ohne diejenigen, die in anderen Chören regelmäßig singen, hätten es aber auch diese Projekte schwerer», meint die Bistums-Sprecherin. «Die Grenzen sind fließend.»

Bistum Mainz: Zusammenarbeit mit Schulen

Im Bistum Mainz engagieren sich derzeit über 9.000 Sängerinnen und Sänger ehrenamtlich in Chören. Während die Zahl der klassischen Kirchenchöre – auch infolge der Corona-Pandemie – leicht sinkt, verzeichnen Kinder-, Jugend- und Pop/Jazzchöre Zuwächse.

Für die Zukunft brauche es neue und innovative Konzepte, um junge Menschen wieder ans Singen heranzuführen, sagt Diözesankirchenmusikdirektor Lutz Brenner. In Gießen unterrichte der Regionalkantor etwa beim Projekt «SingPause» an zwei Grundschulen und vernetze so die Arbeit in Schule und Pfarrei. Diese Zusammenarbeit mit Schulen und Kommunen, etwa im Ganztagsbereich, sollte aus seiner Sicht weiter ausgebaut werden.

«Neue Sängerinnen und Sänger aller Altersstufen können auch durch Familien- und Seniorenchöre oder Chorprojekte mit unterschiedlichen musikalischen Schwerpunkten (Jazz, Pop, Gospel, «klassisches» Repertoire) angesprochen werden», sagt Brenner.

Gemeinden haben finanzielle Probleme 

In die Zukunft der kirchlichen Chormusik blickt Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald mit gemischten Gefühlen. Zwar solle es trotz der großen Sparpläne in der Evangelischen Kirche der Pfalz keine Kürzungen bei den hauptamtlichen Kirchenmusikern geben, doch für die einzelnen Gemeinden werde es immer schwieriger, nebenamtliche Chorleiter zu bezahlen. 

Die Einnahmen aus der Kirchensteuer reichten teils kaum noch für notwendige Rücklagen, sagt Steuerwald. «Wenn dann auch noch Chorleiter bezahlt werden sollen, macht das richtig Probleme», sagt er. 

Zugleich hofft er, dass es auch künftig gelinge, attraktive Angebote zu machen und dafür «tolle motivierte Menschen» zu finden. Nicht zuletzt profitiere auch die Kirche selbst davon. Das wüssten auch die Pfarrer: «Mit Worten wird vor allem der Verstand angesprochen, aber Musik kann eine Brücke sein», so der Landeskirchenmusikdirektor. Natürlich sei es auch das Ziel der Kirchenmusik, «dem Geist die Möglichkeit zu geben, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen.»

Auch das Bistum Trier rechnet angesichts sinkender Gläubigenzahlen mit einer tendenziell rückläufigen Entwicklung bei Chören und Mitgliedern. «Eine Voraussage über die Überlebensfähigkeit der Chöre ist schwierig, zu treffen», bilanziert Sprecherin Simone Bastreri. Klar ist für sie aber auch: «Die Kraft, die im gemeinsamen Musizieren und Singen steckt, sollte nicht unterschätzt werden.»

Von Katja Sponholz, dpa
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