Ein Schild mit der Aufschrift "Angeklagter" wird auf die Gerichtsbank gestellt.
Arne Dedert/dpa/Symbolbild
Ein Schild mit der Aufschrift "Angeklagter" wird auf die Gerichtsbank gestellt.
Prozess

Millionenbetrug mit Coronatests: 31-Jähriger verurteilt

Er hat fast 112.000 Coronatests zu viel abgerechnet und eine Million Euro ergaunert. Dennoch kommt er mit Bewährung davon. Der Oberstaatsanwalt spricht von einem damaligen «Fehler im System».

Urteil: 2 Jahre Haft auf Bewährung

Er hat fast 112.000 Coronatests zu viel abgerechnet und eine Million Euro ergaunert. Dennoch kommt er mit Bewährung davon. Der Oberstaatsanwalt spricht von einem damaligen «Fehler im System».

Wegen Millionenbetrugs bei der Abrechnung von Coronatests ist ein 31-Jähriger vor dem Landgericht Trier zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Als früherer Betreiber von Teststellen habe er knapp 112.000 Coronatests zu viel abgerechnet und eine gute Million Euro «betrügerisch ergaunert», sagte der Vorsitzende Richter Armin Hardt am Dienstag. Die Strafe werde zur Bewährung ausgesetzt, weil die Wiedergutmachung des kompletten Schadens sichergestellt sei.

Strafmildernd habe sich auch das umfassende Geständnis des Mannes ausgewirkt. Und: «Dass die Tat einem leicht gemacht wurde», sagte Hardt. Man habe damals zur Abrechnung bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz nur Zahlen für Tests eingeben müssen. «Und schon bekam er das Geld ohne weitere Überprüfung», sagte der Richter. Der 31-Jährige betrieb insgesamt 25 Teststellen in Trier und im nördlichen Rheinland-Pfalz. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Trierer Oberstaatsanwalt Wolfgang Bohnen sprach bei den damaligen Abrechnungen der sogenannten Bürgertests von «einem Fehler im System». Wäre das anders organisiert gewesen, wäre es nicht zu den Straftaten gekommen, sagte er in seinem Plädoyer. Teststellen-Betreiber hätten damals dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung die Zahl der Tests gemeldet, die gemacht wurden - mitsamt der Ergebnisse. Zur Abrechnung wurden Zahlen dann an die KV gemeldet. Ein Austausch zwischen den beiden Stellen habe es nicht gegeben.

Der 31-Jährige hatte die Taten im Zeitraum von August 2021 bis Juni 2022 bereut. «Es tut mir leid», sagte er in seinem sogenannten letzten Wort. «Die Hürde war gering.» Er habe am Computer einfach mehr Tests eingetragen. Es sei ihm zunächst gar nicht darum gegangen, das große Geld zu machen, sondern «um über die Runden zu kommen». Er hatte seit 2017 in Trier einen Club betrieben, der in der Corona-Zeit nicht funktionierte.

Die Teststellen waren eine Alternative zum Geldverdienen gewesen, sagte er. Doch anfangs sei auch das «ein Minusgeschäft» gewesen, da er Kosten für Personal und Material vorstrecken musste. Später «blieb auch was hängen». Er habe das Geld teils verjubelt und sich einen Lamborghini für rund 140.000 Euro gekauft.

Man sei auf den Mann im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung aufmerksam geworden und habe dann Anzeige gestellt, sagte der Leiter für diese Prüfungen von der KV in Trier. Es gebe noch «jede Menge» weiterer solcher Fälle im Land. Darunter seien auch noch größere, in denen die mutmaßliche Schadenssumme im höheren siebenstelligen Bereich liege. In einem Fall bei der Staatsanwaltschaft Mainz solle es um rund 7,5 Millionen Euro gehen, sagte er.

In Trier war es der erste Fall von Abrechnungsbetrug bei Corona-Teststellen vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft forderte im Prozess zwei Jahre Haft auf Bewährung, die Verteidigung schloss sich dem an. Das Gericht sprach den Mann des gewerbsmäßigen Betrugs in zehn Fällen schuldig plus in einem Fall des Versuchs.

Beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz sind derzeit 157 Verfahren bekannt, in denen dies Gegenstand der Ermittlungen ist. Dabei geht es meistens um falsche oder betrügerische Abrechnungen gegenüber der KV, wie es hieß.

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