Nach Jahren des Rückgangs ist die Zahl der in Rheinland-Pfalz verurteilten Jugendlichen 2023 wieder gestiegen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 1.229 verurteilte Jugendliche – zwischen 14 und 17 Jahren - gezählt, wie aus der von Justizminister Herbert Mertin in Mainz vorgestellten Strafverfolgungsstatistik hervorgeht. Im Jahr davor seien es noch 981 verurteilte Jugendliche gewesen. Der FDP-Politiker sprach von einer Kehrtwende.
Ob die von Dauer sei, müsse abgewartet werden. Das Spektrum der begangenen Straftaten, zu denen es mehr Urteile gegen Jugendliche gab, reicht von Raubdelikten über Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bis hin zu Körperverletzung.
Sechsmal lebenslänglich im vergangenen Jahr
Auch insgesamt – also altersübergreifend - zeigt die Statistik eine Zunahme an Verurteilungen wegen Gewaltdelikten und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Bei Gewaltdelikten wurden 2023 im Land 2.548 Verurteilungen gezählt, sieben Prozent mehr als im Jahr davor. Allerdings habe es sich bei der Vergleichszahl von 2022 auch um den niedrigsten Wert der vergangenen 25 Jahre gehandelt, erklärte das Ministerium.
Wegen Mordes ergingen 2023 landesweit fünf Urteile, jeweils zu lebenslanger Freiheitsstrafe, elf Urteile fielen wegen Totschlags oder versuchten Mordes. In einem Fall von versuchtem Mord wurde ebenfalls eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt.
532 Personen wurden im vergangenen Jahr wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung verurteilt, darunter zwölf Frauen. Die recht hohen Werte des Jahres 2008 und auch die der vergangenen beiden Jahren seien damit nochmal übertroffen worden. 89 solcher Verurteilungen drehten sich 2023 um sexuellen Missbrauch von Kindern, 254 um die Verbreitung pornografischer Schriften oder Inhalte, 78 um sexuelle Belästigung.
Insgesamt über 30.000 Menschen verurteilt
Von einer Zunahme der Urteile berichtete Mertin auch mit Blick auf rechtsextremistische Straftaten. Zwar ließen sich aus der Statistik nicht direkt Angaben zu solchen Straftaten entnehmen, bei einzelnen Delikten könne jedoch davon ausgegangen werden, dass es sich ganz überwiegend um solche handele, erklärte das Ministerium. So wurden wegen Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats – dazu zählt die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen – 78 Urteile gezählt nach 53 im Jahr davor. Wegen Volksverhetzung wurden 43 Personen verurteilt (Vorjahr: 38).
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 30.129 Menschen in Rheinland-Pfalz verurteilt, 0,9 Prozent mehr als 2022. Dem standen 955 (Vorjahr: 863) Freisprüche gegenüber. Der Anteil der Männer an den Verurteilten lag 2023 bei 81,5 Prozent.
Der Anteil ausländischer oder staatenloser Menschen an allen Verurteilten lag 2023 dem Ministerium zufolge bei 32,5 Prozent. Rechnet man Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz und das Asylgesetz raus, die nur Ausländer oder Staatenlose begehen können, liegt der Anteil bei 31,7 Prozent. Die absolute Zahl dieser Verurteilten beträgt 9.549 (Vorjahr: 9.026).
Mertin sagte, bei der Zunahme mancher Delikte, wie etwa einfachem Diebstahl, könne eine Rolle spielen, dass gegenüber Vorjahren coronabedingte Einschränkungen mittlerweile wieder weggefallen seien. Der Minister ergänzte: «Wir müssen auch sehen, dass die gesellschaftliche Stimmung in Deutschland eine Rolle spielen kann.»
Minister richtet Blick auf den sogenannten Enkeltrick
Unter gewerbsmäßigen Betrug fallen Taten, die landläufig mit dem Begriff Enkeltrick umschrieben werden. Dabei geben sich Betrüger am Telefon gegenüber einer meist älteren Person häufig als naher Verwandter aus und erbitten Geld. Viele solcher Taten würden mit dem Handy begangen, sagte Mertin.
Um Tätern auf die Spur zu kommen, habe in den vergangenen Jahren die sogenannte Funkzellen-Abfrage eine große Rolle gespielt. Dabei werden Bewegungsdaten von Handynutzerinnen und -nutzern erfasst, die sich zu einer bestimmten Zeit in einer Funkzelle aufhalten. Der Bundesgerichtshof habe im Januar entschieden, dass diese Abfrage bei der Verfolgung solcher Taten nicht zulässig sei. Nun müsse sich die Justizministerkonferenz damit beschäftigen, damit der Bundesgesetzgeber hier nachjustiere.
Von Christian Schultz, dpa
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