Die  Umsetzung der Bezahlkarte für Geflüchtete in Rheinland-Pfalz stößt bei Kommunen und Kreisen auf Kritik. (Symbolbild)
Harald Tittel/dpa
Die Umsetzung der Bezahlkarte für Geflüchtete in Rheinland-Pfalz stößt bei Kommunen und Kreisen auf Kritik. (Symbolbild)
Leistungen für Asylbewerber

Kommunen kritisieren Umsetzung der Bezahlkarte

Nach Ansicht von Kreisen und Kommunen konterkariert das Integrationsministerium von Ministerin Binz bundesweite Vereinbarungen zur Bezahlkarte für Flüchtlinge. Sie fordern Nachbesserungen.

Der Landkreistag sowie der Gemeinde- und Städtebund (GStB) haben die Umsetzung der Bezahlkarte für Geflüchtete in Rheinland-Pfalz kritisiert. Die vom grün geführten Integrationsministerium mitgeteilten Bedingungen zur Einführung der Bezahlkarte seien für die Kreise inhaltlich inakzeptabel und konterkarierten die Vereinbarungen auf Bundesebene, sagte der Direktor des Landkreistages, Andreas Göbel, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. 

Dazu kämen technische Probleme: «Die Schnittstelle funktioniert technisch nicht», kritisierte Göbel. Dies werde zu erheblichen Umsetzungsproblemen in den Städten und Gemeinden führen, mahnte das geschäftsführende Vorstandsmitglied des GStB, Moritz Petry.

«Die bislang vom Land vorgeschlagenen Regelungen sind weder technisch noch organisatorisch ausgereift», kritisierte Petry. Inhaltlich bleibe die Bezahlkarte weit hinter dem zurück, was in anderen Bundesländern bereits praxisnah umgesetzt worden sei. 

«Das Land hat es in der Ausgestaltung der Bezahlkarte geschafft, diese möglichst barrierearm zu gestalten», heißt es dagegen beim Flüchtlingsrat. Die Kritik der Kommunen sei nicht nachvollziehbar, sie müssten die Vorgaben vom Land ja auch nicht übernehmen. 

CDU-Landeschef Gordon Schnieder sagte dagegen: «Entscheidend für den Erfolg der Bezahlkarte ist eine einheitliche Handhabung entlang gemeinsamer Standards.» Jede Abweichung - wie unterschiedliche Höhen der Bargeldabhebung von Verbandsgemeinde zu Verbandsgemeinde - entfalteten Sogwirkungen. 

Ministerium ermöglicht Überweisungen über die Bezahlkarte

Bezahlkarten können seit Mitte März in allen sechs Aufnahmeeinrichtungen des Landes genutzt werden. Volljährige, alleinstehende Asylbewerber bekommen einen Betrag von 196 Euro. Davon könnten sie monatlich 130 Euro abheben. 

Die 130 Euro seien in Rheinland-Pfalz eine Regelempfehlung, von der im Einzelfall sowohl nach unten als auch nach oben abgewichen werden könne, hieß es im Ministerium. Überweisungen würden über die Bezahlkarte ermöglicht. 

Die Kommunen könnten voraussichtlich im Verlauf dieses Quartals nach Zeichnung einer Kooperationsvereinbarung an der Bezahlkarte des Landes partizipieren, teilte das Ministerium weiter mit. Die Kommunen könnten diese Karten erst dann neu mit Geld beladen, wenn sie das System des Landes auch aktiv nutzten. 

Die Überweisungsfunktion ist eine der Hauptkritikpunkte 

Hauptkritikpunkte der Kommunen sind die Überweisungsfunktion, die Höhe des monatlich verfügbaren Bargelds sowie fehlende Steuerungsinstrumente bei den Auszahlungen. Dazu gehörten Positivlisten mit Zahlungen für Miete, ÖPNV-Tickets und Vereinsbeiträgen sowie die Einsicht in Kontostände. Dabei gehe es auch darum, den Geflüchteten zu helfen, betonte Göbel. Diese wichtigen Steuerungsinstrumente habe das Integrationsministerium aber abgelehnt, kritisierten Petry und Göbel. 

Bei den Vereinbarungen der Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei-Chefs zur Bezahlkarte sei es immer um Restriktionen gegangen, betonte Göbel. Die Bezahlkarte sollte nach den länderübergreifenden Beschlüssen gerade nicht ein Konto ersetzen, sondern vielmehr das verfügbare Bargeld für Flüchtlinge begrenzen. Überweisungen insbesondere auf das eigene Konto sollten verhindert werden, weil ansonsten die Bezahlkarte zweckwidrig verwendet werden könne. 

Landrat Brandl warnt vor Flickenteppich 

«Der Hauptkritikpunkt ist die Überweisungsfunktion», unterstrich der Landrat des Kreises Germersheim und ehemalige Landtagsabgeordnete Martin Brandl (CDU). Die Abstimmungsgespräche der Kommunen mit dem Ministerium seien zwischenzeitlich auf einem guten Weg gewesen, jetzt gebe es aber offenbar eine neue Interpretation des Ministeriums. Wenn es dabei bleibe, müsse er den Gemeinden in seinem Kreis empfehlen, eine eigene Ausschreibung für die Bezahlkarte zu machen. Ein Flickenteppich in Rheinland-Pfalz sei aber nicht erstrebenswert, mahnte Brandl. 

Überweisungen sollen mit der Bezahlkarte möglich sein

Mit der Begrenzung der Bargeld-Abhebung von 50 auf 130 Euro seien die Kreise dem Land schon sehr entgegengekommen, betonte Göbel. Aus Sicht der Kommunen seien die 130 Euro zu hoch, «um das Instrument effektiv zur Begrenzung zweckwidriger Verwendungen einsetzen zu können», ergänzte Petry.

«Um zu vermeiden, dass nun Personen mit Karte aus den Erstaufnahmeeinrichtungen auf die Kommunen verteilt werden und auf kommunaler Ebene diese nicht richtig einsetzbar ist, brauchen wir nun zeitnah Nachbesserungen», forderte Petry. «Andernfalls droht weiterer Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit des Staates.» Göbel formulierte es so: Die Landräte stünden für etwas unter Feuer, für das sie nichts könnten. «Und das nutzt am Ende nur der AfD», mahnte er. 

AfD kritisiert Ministerin Binz

Der migrationspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Damian Lohr, warf Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) umgehend vor, es sei ihr nie um die Begrenzung ausufernder Asylleistungen und Fehlanreize, sondern nur um die Durchsetzung ihrer grünen Migrationsagenda gegangen. «Die jetzige Bezahlkarte der Landesregierung ist deshalb ein vergiftetes Geschenk an unsere Kommunen, die gut beraten sind, eigene und deutlich restriktivere Lösungen auf den Weg zu bringen, wenn das Land jetzt nicht einlenkt.»

Der Flüchtlingsrat lehnt die Bezahlkarte grundsätzlich ab, weil sie ihre Besitzer und Besitzerinnen schlechter stellen soll. Sie erschwere geflüchteten Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

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