Am Montag stimmt die CDU über den Koalitionsvertrag mit der SPD ab. (Symbolbild)
Kay Nietfeld/dpa
Am Montag stimmt die CDU über den Koalitionsvertrag mit der SPD ab. (Symbolbild)
Merz, Macht, Missmut

Koalition mit Kratzer: Wie viel CDU steckt in der Regierung?

Die rheinland-pfälzische CDU gilt mehrheitlich eigentlich eher als Unterstützer von Friedrich Merz. Wie ist die Stimmung im Land vor der entscheidenden Sitzung in Berlin?

Jetzt wird es also ernst. Nach monatelangen Verhandlungen mit der SPD stimmt die CDU an diesem Montag in Berlin über den schwarz-roten Koalitionsvertrag ab. Neun CDU-Delegierte aus Rheinland-Pfalz sind beim sogenannten Bundesausschuss dabei - dem zweithöchsten Parteigremium nach dem Bundesparteitag.

An der Zustimmung der Rheinland-Pfälzer, darunter die Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder, Johannes Steiniger und Ellen Demuth, gibt es keine Zweifel. «In der Krise steht die CDU immer zusammen», heißt es unablässig in der Partei. Dennoch grummelt es auch - und das hat Gründe.

Enttäuschung über Merz und die Kommunikation 

So mancher sei während der Koalitionsverhandlungen vom designierten Bundeskanzler - Parteichef Friedrich Merz - enttäuscht oder geradezu desillusioniert gewesen, heißt es in Rheinland-Pfalz. Merz kommuniziere zu wenig und habe vollmundige Ankündigungen aus dem Wahlkampf nicht umgesetzt, lauten etwa die Vorwürfe. Von «großem Gegrummel» war die Rede.

Inzwischen sind die kritischen Stimmen deutlich leiser geworden. Wie viel die CDU im Koalitionsvertrag durchgesetzt habe, sei zunächst aus Berlin nicht so gut kommuniziert worden, werde jetzt aber vielen in der Partei nach und nach immer klarer, heißt es.

Schnieder und Steiniger sehen viel CDU im Koalitionsvertrag

Partei- und Fraktionschef Gordon Schnieder hatte gleich von einem «wirklich guten Tag» gesprochen und in den Vordergrund gestellt, die Union habe 14 der 15 Punkte aus ihrem Sofortprogramm umgesetzt. In einer digitalen Schalte mit den Mitgliedern kurz darauf seien viele recht zufrieden gewesen, berichtet Steiniger, der auch Generalsekretär der Landespartei ist. «Ich bekomme sehr viel weniger kritische Mails, seit der Koalitionsvertrag vorgestellt worden ist.»

Inzwischen ärgert einige die entbrannte Debatte über den Mindestlohn von 15 Euro, heißt es in der Partei. Da gehe es aber gegen die SPD.

Junge Union kritisiert Lastenverteilung zwischen den Generationen

Der Landesvorsitzende der Jungen Union, Christopher Hauß, nennt den Koalitionsvertrag einen guten Kompromiss. «Begeisterungsstürme löst er aber nicht aus.» Dabei hat er vor allem die Verteilung der Lasten zwischen den Generationen im Blick. Rente und Einkommensteuerreform nennt er. «Wir müssen die Koalition jetzt bei der Arbeit beobachten und schauen, dass sie sich nicht im Kleinklein verliert.»

Knapp ein Jahr vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz führt die CDU in Umfragen teils deutlich vor der SPD. Groß ist die Sehnsucht der Christdemokraten nach der Rückkehr in die Staatskanzlei in Mainz nach mehr als 30 Jahren auf der harten Oppositionsbank. Doch - muss die Partei enttäuschte Wähler aus der jüngsten Bundestagswahl fürchten?

Auch von Wahlhelfern ist zu hören, man habe in einem schwierigen und verkürzten Winterwahlkampf auf Marktplätzen etwa für ein Einhalten der Schuldenbremse geworben und werde jetzt von CDU-Wählern als «Schwindler» bezeichnet.

Wissenschaftler Jun: Glaubwürdigkeit der CDU ist angekratzt

«Der Preis, den die Union für die Koalition mit der SPD zahlt, ist recht hoch», sagt der Politikwissenschaftler Uwe Jun von der Universität Trier. Die Glaubwürdigkeit der CDU sei angekratzt. «Man hält nicht wie versprochen an der Schuldenbremse fest - dass dies Enttäuschung gerade bei CDU-Mitgliedern nach sich zieht, ist nachvollziehbar.»

Allerdings sei es noch fast ein Jahr bis zur Landtagswahl. «Und diese Wahl wird wohl mehr unter dem Motto stehen: Gelingt es der Partei, in den für die CDU wichtigen Politikfeldern wie etwa Wirtschaft und Migration Veränderungen herbeizuführen?» Er sehe nicht, dass Gordon Schnieder für die Koalitionsvereinbarungen in Berlin verantwortlich sei.

CDU-Chef Schnieder muss noch bekannter werden 

Natürlich wäre es nicht falsch, wenn Schnieder den Kontakt zu den Kreisverbänden sucht. «Aber noch mehr braucht er öffentliche Bekanntheit. Viele in Rheinland-Pfalz kennen ihn nicht. Das heißt, er muss auch außerhalb der Partei agieren, und dazu hat er nicht mehr so viel Zeit. Es sind nur noch elf Monate. Er muss diese Zeit nutzen und kann sich nicht zu sehr in die Partei vertiefen.»

Klöckner ist als Bundestagspräsidentin überparteilich 

Dass die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner der Landes-CDU Pluspunkte einbringen könnte, weil sie aus Bad Kreuznach stammt, sieht Jun skeptisch. «Die Wirkmöglichkeiten sind begrenzt. Sie ist sehr in Berlin eingebunden und kann natürlich gelegentlich in Rheinland-Pfalz wirken.»

Aber man erwarte von einer Bundestagspräsidentin durchaus Zurückhaltung bei parteipolitischen Aktivitäten. «Das heißt, sie kann sich nicht vollständig in den Dienst der CDU stellen. Ihre Aufgabe ist es, den Bundestag insgesamt zu repräsentieren.»

Kritische Stimmen auch in der SPD

Bei der Bundes-SPD endet die Abstimmung über den Koalitionsvertrag übrigens am Dienstag (29. April). Auch hier ist nicht alles eitel Sonnenschein. So sehen die rheinland-pfälzischen Jusos die Vereinbarungen kritisch - und geben keine Empfehlung ab. Jedes Mitglied, heißt es, müsse die Entscheidung selbst treffen.

Von Ira Schaible und Wolfgang Jung, dpa
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