Walnüsse werden häufiger auch in Rheinland-Pfalz angebaut.
Hannes P. Albert/dpa
Walnüsse werden häufiger auch in Rheinland-Pfalz angebaut.
Auf die Nuss gekommen

Klimawandel als Chance: Sind Nüsse die Zukunft des Obstbaus?

Einige Betriebe in Rheinland-Pfalz setzen auf die knackigen Energiespender - und etwa auf Mandeln. Noch ist es eine Nische. Aber das Potenzial wächst.

Der Klimawandel mit trockenen Sommern hat Obstbauer Peter Schwalbach zu einer radikalen Umstellung seines Betriebs veranlasst. Statt auf Sauerkirschen, Zwetschgen und Mirabellen setzt er im rheinhessischen Wolfsheim zunehmend auf Walnüsse - und seit einigen Jahren auch auf Mandeln.

Der Südpfälzer Willi Kuhn wiederum kam über ein familiäres Erbe zum Nussanbau. Der Urgroßvater seiner Frau hatte eine Plantage mit «großen Nüssen mit dünner Schale». «Seit den 1960er Jahren wollte ich solche Bäume selbst ziehen», erzählt Kuhn, «doch mit selbst gesammelten Nüssen gelang das nicht». Durch einen Tipp kam er zu einer Nussbaumzuchtfirma am Kaiserstuhl.

Haselnüsse trotzen der Fruchtfliege

Ursprünglich wollte Kuhn Walnüsse anbauen. «Doch wegen der amerikanischen Fruchtfliege sowie der Staunässe entschied ich mich für Haselnüsse.» Später kamen auf Anregung Edelkastanien dazu. Insgesamt bewirtschaftet er rund 17 Hektar mit 3,0 Hektar Kastanien, 6,5 Hektar Haselnüsse, 4,5 Hektar Mandeln und 2 Hektar Pekannüssen. 

Modell mit Biss: Weniger Wasser, mehr Nuss 

In Wolfsheim will Obstbauer Schwalbach seinen 2019 eingeschlagenen Weg weitergehen und «die heimische Nuss als Snack bekannter machen», wie seine Mitgesellschafterin von «thats nuts», Shari Huwer, sagt. «Gerade haben wir erstmals eine relevante Menge geerntet.» 

Rund 50.000 Nussbäume hat Schwalbach inzwischen gepflanzt: 30.000 Mandel- und 20.000 Walnussbäume. Großer Vorteil: Anders als Zwetschgen oder Kirschen bräuchten sie nicht im Sommer, sondern im Frühjahr viel Wasser. «Da haben wir in Rheinhessen genug», sagt Huwer. Zudem seien Nüsse etwas unempfindlicher als herkömmlich angebautes Obst - etwa bei der Lagerung.

Das Schalenobst aus der Nische holen

Walnüsse und Mandeln sind in Rheinland-Pfalz noch ein Nischenprodukt: 44 Betriebe bauen laut Wirtschaftsministerium auf rund 90 Hektar Walnüsse an. Zum Vergleich: Die gesamte Obstbaumfläche sei rund 3.500 Hektar groß.

Shari Huwer zufolge kommen mehr als 99 Prozent der in Deutschland verspeisten Nüsse und Mandeln aus dem Ausland - ein Großteil aus Übersee. «Wir wollen eine Marke schaffen, deren Alleinstellungsmerkmal es ist, dass die Nüsse und Mandeln aus Deutschland kommen.» Noch ein Vorteil: Das Schalenobst könne frisch geknackt und schnell geliefert werden. «Wir müssen nicht bewässern und haben kurze Transportwege.»

Die Mandel braucht eine gute Lage 

Peter Hilsendegen vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück sieht «Potenzial, dass sich die beiden Schalenobstarten in Rheinland-Pfalz über das Nischendasein hinaus entwickeln werden». Neben der Anpassung an Trockenstress und Hitze böten Mandeln und Nüsse eine hohe Biodiversität. 

«Die Standortanforderungen sind bei der Mandel besonders hoch», gibt Hilsendegen allerdings zu bedenken. «Für eine regelmäßige Ertragsbildung sind gute Lagen erforderlich, die mindestens für den Wein-, besser für den Aprikosenanbau geeignet sind.» Trotz des Potenzials seien der Ausdehnung des Nussanbaus auch natürliche und damit ökonomische Grenzen gesetzt. 

Für Nüsse und Mandeln spricht auch: Die Ernte ist nicht so stark von Saisonarbeitskräften abhängig, weil weitgehend mechanisch geerntet werden kann. Die Lagerfähigkeit der Nüsse nutze der Preisstabilisierung, und der Markt orientiere sich an der Nachfrage, sagt Hilsendegen. 

Die Vermarktung ist noch nicht ausgereizt

Außer im Onlineshop seien sie in mehreren Hofläden in ganz Deutschland und bald auch bei einer bekannten Supermarktkette zu haben. «Noch haben wir ein Weihnachtshoch, gerade bei den Mandeln zum Backen», sagt Huwer. «Es zeichnet sich immer stärker ein Trend zur ganzjährigen Konsumentscheidung ab.» Viele streuten sich die Nüsse morgens in Müsli oder in den Joghurt. 

Das Potenzial für eine Vermarktung von Mandeln und Walnüssen mit regionalem Bezug über den Lebensmitteleinzelhandel, an Gastronomie oder Delikatessenverarbeiter ist vorhanden und noch weiter zu entwickeln, wie Hilsendegen sagt. Es fehle aber in der Region noch die technische Ausstattung, aus den produzierten Früchten ein verkaufsfertiges Produkt zu machen: Reinigen, Trocknen, Lagern, Knacken, Sortieren und Verpacken zählt er auf.

Es mangelt noch an der technischen Ausstattung

Derzeit werde in zwei Betrieben im Süden des Bundeslandes eine entsprechende Technologie aufgebaut, um die Früchte von anderen Mandel- und Walnussproduzenten aufzunehmen. 

Das Trocknen nach der Ernte sei das A und O für die Qualität, sagt Huwer. In der Schale kühl, trocken und dunkel gelagert, hielten sich Nüsse und Mandeln recht lange und könnten frisch geknackt schnell geliefert werden. Wie lange sie sich genau halten, ist bei dem jungen Unternehmen noch in der Erprobung.

Ohne Pflanzenschutz geht es nicht

Ganz ohne Pflanzenschutz geht es im Anbau nicht, sagt Huwer. Die invasive Walnussfruchtfliege - unter anderem erkennbar an schwarzen, ungenießbaren Walnüssen - lasse sich bisher nicht zuverlässig mit ökologischen Mitteln bekämpfen. Bei den Mandeln sei dagegen ein Pilz (Monilla) das Problem.

Spannend findet der Südpfälzer Kuhn Pekannüsse, die resistent gegen die Fruchtfliege sind. Mit dem DLR betreibt er ein Pilotprojekt, das mittlerweile auch Mandeln umfasst. «Erste Mandelbäume wurden 2023 gepflanzt – nach einem Austausch mit einem Institut in Spanien», erzählt der frühere Chef der IHK Pfalz. Dank ähnlicher Technik wie beim Wein lasse sich Mandelanbau in der Südpfalz und in der Weinregion gut betreiben.

Den Klimawandel sieht Kuhn als Chance und Risiko. «Ohne ihn wäre der Anbau in der Südpfalz kaum möglich - aber auch nur sinnvoll mit funktionierender Verarbeitung und Vermarktung. Man sollte der Frucht hier eine Chance geben.»

Von Ira Schaible und Wolfgang Jung (Text) sowie Hannes P. Albert (Foto), dpa
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