Jahrzehntelang hatten sich die Kinder immer wieder gefragt, wer ihre Eltern damals im Dezember 1996 in ihrer Wohnung in Völklingen getötet hatte. Jetzt erhielten sie endlich eine Antwort: Das Landgericht Saarbrücken verurteilte einen heute 70-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in sieben weiteren Fällen.
Weil die Kammer nicht ausschließen konnte, dass bei dem drogenabhängigen Täter damals eine verminderte Steuerungsfähigkeit vorlag, sprach sie keine lebenslange Freiheitsstrafe aus. Die hatten Staatsanwaltschaft und Nebenklagevertreterinnen gefordert und zudem eine besondere Schwere der Schuld gesehen. Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Verteidiger Christian Schmieden kündigte gegenüber Journalisten an, mit seinem Mandanten noch zu beraten, ob er in Revision gehen wolle.
Mehrfach vorbestraft
Das Gericht sah es aufgrund vieler Indizien als erwiesen an, dass der Mann 1996 das befreundete Ehepaar zu Hause erschlagen und ausgeraubt hatte. Danach soll er die Wohnräume an vier Stellen in Brand gesetzt haben, um seine Tat zu verdecken. Dabei habe er in Kauf genommen, dass sieben andere Menschen in dem Gebäude sterben könnten. Bei der Tat soll der jordanische Staatsangehörige aus Habgier gehandelt haben, um seine Drogensucht zu finanzieren. Dies erscheine auch deshalb realistisch, weil er bereits in den 80er Jahren schon einmal wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub zu 13 Jahren Haft verurteilt worden war.
Insgesamt war der Mann, der laut Oberstaatsanwalt schon drei Mal nach Jordanien abgeschoben worden und möglicherweise palästinensischer Herkunft sei, 17 Mal verurteilt worden - unter anderem noch wegen Diebstahl und Drogenhandel.
Habgier, aber keine Heimtücke
Anders als die Staatsanwaltschaft erkannte die Kammer bei dem Doppelmord in Völklingen zugunsten des Angeklagten Heimtücke als Mordmerkmal nicht an. «Es ist nicht festzustellen, dass der allererste Angriff von hinten, hinterrücks und damit heimtückisch erfolgte», begründete der Vorsitzende Richter Andreas Lauer.
Die Frau (51) war nach dem Überfall noch am Tatort ihren Verletzungen erlegen, der Ehemann (40) war einen Tag später im Krankenhaus gestorben.
Angeklagter leugnete die Tat
Weil es keine Einbruchsspuren gab, war die Polizei seinerzeit davon ausgegangen, dass sich Opfer und Täter kannten. Bereits 1996 war der heutige Angeklagte als Zeuge vernommen worden, da die Mordkommission ein Foto von ihm und dem Ehemann in der Wohnung entdeckt und ihn mit Hilfe von Zeugenaussagen identifiziert hatte. Schon damals hatte er sich in Widersprüche verwickelt und die Tat geleugnet - wie auch im Laufe des aktuellen Gerichtsverfahrens.
Die Ermittler waren durch die regelmäßige Bearbeitung sogenannter Cold Cases, also ungelöster alter Fälle, auf die Spur des Angeklagten gekommen. Nach neuen Auswertungen konnte DNA unter den Fingernägeln des Toten dem heute 70-Jährigen zugeordnet werden - ebenso Blutspuren in einer Geldbörse, die der Täter damals angezündet hatte, um Spuren zu verwischen. Dies seien «zentrale Indizien» gewesen, so Lauer. Die Aussage des Angeklagten, die Spuren hätten zu einem anderen Zeitpunkt entstehen können, weil er bei seinem Freund regelmäßig Kokain und Heroin konsumiert und dabei geblutet habe, erschien den Richtern «lebensfremd». Auch sein angebliches Alibi sahen sie nach Zeugenaussagen nicht bestätigt.
Späte Genugtuung für die Angehörigen
Nach Aussage von Nebenklagevertreterin Rosetta Puma, die die damals 15-jährige Tochter der Mutter vertrat, bedeute das Urteil eine große Erleichterung für ihre Mandantin. «Dass nach vielen Jahren der Ungewissheit tatsächlich der Verantwortliche gefunden werden konnte und dass auch das Urteil so klar die Täterschaft begründet hat, das ist eine große Genugtuung für sie», sagte sie nach der Sitzung.
Der Prozess sei für alle Angehörigen sehr belastend gewesen. Nicht nur, weil man sich erneut mit dem Geschehen von damals auseinandersetzten musste, «sondern man blickt auch auf all die Jahre, in denen der Täter ungestraft sein Leben leben konnte.»
Von Katja Sponholz, dpa
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