Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Sachsen hat eine ernüchternde Bilanz für das zu Ende gehende Jahr gezogen. «In Sachsen rumort es, nicht nur politisch, sondern auch im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen der Menschen. Schlechte Löhne, schlechte Arbeitszeiten und fehlende Mitbestimmung werden längst nicht mehr klaglos hingenommen, sondern die Beschäftigten wehren sich», sagte DGB-Chef Markus Schlimbach der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Er forderte die Arbeitgeber auf, nicht länger auf Billigjobs zu setzen.
«Die Beschäftigten in Sachsen haben im Jahr 2023 gezeigt, dass sie selbstbewusst für ihre Rechte kämpfen und sich aktiv für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen einsetzen», betonte Schlimbach und erinnerte an Streiks im Öffentlichen Dienst, bei Post und Bahn, im Kfz-Handwerk oder in der Energiewirtschaft. «Es wurden neue Betriebsräte erkämpft und Unternehmen in die Tarifbindung geführt. Das ist ein Verdienst der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften.» Es gäbe es aber weiterhin Arbeitgeber, die sich gegen Tarifverträge sperrten und nicht zu Verhandlungen bereit seien.
«Arbeitgeber, die gegenüber den Forderungen der Beschäftigten einfach mauern, statt zu verhandeln, werden von den Beschäftigten nicht länger akzeptiert», sagte Schlimbach. Der Arbeitsmarkt sei längst ein Arbeitnehmermarkt und kein Arbeitgebermarkt mehr. «Die Beschäftigten stimmen zunehmend mit den Füßen ab, wenn die Bedingungen nicht stimmen.»
«Arbeitgeber müssen etwas dafür tun, ihre Fachkräfte zu halten und das geht am besten durch gute tarifgebundene und mitbestimmte Arbeit», forderte Schlimbach. Sachsen sei bundesweit Schlusslicht bei der Tarifbindung. «Nur 42 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Betrieben mit einem Tarifvertrag. Es bleibt ein Skandal, dass in Sachsen noch immer öffentliche Gelder an Billigheimer vergeben werden. Die geringe Tarifbindung in Sachsen richtet einen Milliardenschaden bei den Sozialversicherungen, bei der Einkommenssteuer und bei der Kaufkraft der Beschäftigten an.»
Schlimbach forderte die Regierung auf, endlich das Vergabegesetz auf den Weg zu bringen und für eine stärkere Tarifbindung in die Offensive zu gehen. Nach DGB-Berechnungen liege der Schaden durch Tarifflucht in Sachsen bei den Sozialversicherungen jährlich bei 3,3 Milliarden Euro und bei der Einkommensteuer bei 1,9 Milliarden Euro. Mangelnde Tarifbindung schmälere zudem die Kaufkraft der Beschäftigten um rund 4,6 Milliarden Euro pro Jahr. «Beschäftigte, die nicht nach Tarif bezahlt werden, haben in Sachsen im Jahr durchschnittlich netto 4721 Euro weniger im Portemonnaie als tarifgebundene Beschäftigte.»
© dpa-infocom, dpa:231227-99-414739/2
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten