Mitarbeiter im Justizvollzugsdienst müssen immer mit Angriffen von Gefangenen rechnen.
Harald Tittel/dpa
Mitarbeiter im Justizvollzugsdienst müssen immer mit Angriffen von Gefangenen rechnen.
Gefängnisse

Immer wieder Angriffe auf Mitarbeiter im Justizvollzug

In Gefängnissen kommt es regelmäßig zu Übergriffen auf Justizvollzugsbeamte. Bei einem speziellen Training werden sie vorbereitet - und lernen, wie sie Situationen auch gewaltfrei lösen können.

Mitarbeiter im Justizvollzugsdienst müssen auf mögliche Übergriffe von Gefangenen gut vorbereitet sein. «Man muss damit rechnen, dass es jederzeit passieren kann», sagte der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) beim Besuch eines Deeskalations- und Einsatztrainings in der Justizvollzugsschule in Wittlich.

Im Vordergrund stehe die Deeskalation, bei der Mitarbeiter lernten, wie sie im Gespräch beruhigend auf Gefangene einwirken und gefährliche Situationen vermeiden könnten. Wenn Worte allein aber nicht reichten, müssten Mitarbeiter auch «bestens dafür ausgebildet sein, sich bei Angriffen erfolgreich zu verteidigen», sagte der Minister.

Dazu gehöre auch der Einsatz des Schutzschildes, des Einsatzmehrzweckstocks, von Pfefferspray oder das Fesseln von Personen. Deeskalationstrainer John Klein sagte, das Wichtigste sei, dass die Situation nicht außer Kontrolle gerate. «Die wichtigste Waffe ist die Kommunikation.» Verbale und körperliche Auseinandersetzungen mit Gefangenen gehörten zum «tagtäglichen Begegnen» für jeden Vollzugsbeamten. 

«Jeder einzelne Fall ist zu viel»

In diesem Jahr hat es bislang 13 Angriffe mit vollendeten Körperverletzungen auf Bedienstete im rheinland-pfälzischen Justizvollzugsdienst gegeben, wie das Ministerium der Justiz auf dpa-Anfrage mitteilte. Im gesamten vergangenen Jahr lag diese Zahl bei 14 Fällen, 2022 waren es 19 Fälle. Ein eindeutiger Trend der Zunahme lasse sich nicht erkennen. Die erfassten Gewalthandlungen zum Nachteil der Bediensteten lagen in den vergangenen Jahren jeweils zwischen 10 und 20 pro Jahr. 

Wenn man die Zahlen auf die einzelnen Anstalten runterbreche, seien das «zum Glück» nicht viele Fälle, sagte der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich, Jörn Patzak. «Aber jeder einzelne Fall ist zu viel und da muss man vorbereitet sein.» Das Deeskalations- und Einsatztraining sei dabei sehr wichtig. «Wir schaffen es, in ganz vielen Fällen, schwierigste Situationen verbal zu lösen», sagte der Leiter des landesweit größten Gefängnisses. 

Gefangene immer respektloser

Übergriffe auf Mitarbeiter im Justizvollzug kommen laut Bund der Strafvollzugsbediensteten in Rheinland-Pfalz «in einer gewissen Regelmäßigkeit in unterschiedlicher Härte vor», sagte der Landesvorsitzende Stefan Wagner. Erkennbar sei, dass die Gefangenen «immer hemmungsloser, respektloser, psychisch auffälliger» würden.

An diesem Freitag beginnt am Landgericht Frankenthal ein Prozess wegen versuchten Mordes gegen einen Gefangenen, der im Herbst 2023 in der JVA Frankenthal bei einem Fluchtversuch einen Justizvollzugsbeamten mit einem rund zehn Zentimeter langen scharfkantigen Bruchstück eines Esstellers seitlich in den Hals gestochen haben soll. 

«Gefühlt» mehr geworden

Nach Ansicht von Wagner haben An- und Übergriffe insgesamt - also auch in Form von Beleidigungen, Bedrohungen und versuchten Körperverletzungen - in den vergangenen Jahren «gefühlt schon zugenommen». Insofern sei das Training zur Vorbereitung auf kritische Situationen «enorm wichtig». 

JVA-Leiter Patzak sagte, seine Anstalt sei in den vergangenen Jahren «richtig gut ausgestattet» worden. Es gebe für drinnen eine Schutzkleidung, die aussehe wie bei der Bereitschaftspolizei: mit Helmen, Bein- und Armprotektoren sowie Schutzschild. «Weil es auch vorkommt, dass Gefangene im Haftraum randalieren», sagte er.

In Rheinland-Pfalz gibt es acht Justizvollzugsanstalten, zwei Jugendstrafanstalten und eine Jugendarrestanstalt. Stand Mitte August saßen dort insgesamt 3245 Menschen ein. Ende Juli gab es landesweit knapp 1700 Bedienstete im allgemeinen Vollzugsdienst.

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