Ein Justizbeamter zeigt den positiven Befund einer Messung des Drogenscanners der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich in Rheinland-Pfalz.
Harald Tittel/dpa/Archivbild
Ein Justizbeamter zeigt den positiven Befund einer Messung des Drogenscanners der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich in Rheinland-Pfalz.
Justiz

Immer mehr Gefängnisse setzen Drogenscanner ein

Drogenscanner sollen das Einschmuggeln synthetischer Drogen in Gefängnisse verhindern. Das in Rheinland-Pfalz entwickelte Gerät macht nicht nur bundesweit Schule.

Immer mehr Bundesländer sagen synthetischen Drogen in Gefängnissen den Kampf an: Ein im rheinland-pfälzischen Wittlich zuerst erprobter Drogenscanner werde bald in 14 Bundesländern eingesetzt, sagte der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich, Jörn Patzak, der Deutschen Presse-Agentur. Nach einer Schulung Ende Januar seien in diesem Jahr die Länder Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen neu dabei. «Das zeigt, dass wir mit dem Drogendetektor am Puls der Zeit sind», sagte der Jurist.

Was kann das High-Tech-Gerät?

Der Drogenscanner kann neue psychoaktive Substanzen (NPS) erkennen, die auf Papier geträufelt mit Briefen in die JVAs geschmuggelt werden. Diese synthetischen Drogen machten heute rund 80 Prozent der Drogen in einem Gefängnis wie der JVA Wittlich aus, sagte Patzak. Anders als klassische Drogen wie Kokain oder Cannabis sind sie nicht sichtbar und geruchlos. Der Detektor, der im Sommer 2018 in Wittlich in einem Pilotprojekt startete, spürt jene Substanzen auf: Mit einem Teststreifen nehmen JVA-Mitarbeiter Proben, die Streifen legen sie dann in das Gerät, um nach wenigen Sekunden eine Analyse zu erhalten.

Bereits 100 Stoffe in der Datenbank

Eine Datenbank am Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz, die die Substanzen auflistet, wird ständig aktualisiert. «Es kommen immer neue Stoffe hinzu», sagte Patzak. Seit Jahresbeginn sei beim LKA eine zweite Chemikerin bei dem Länderverbundverfahren im Boot. «Die Datenbank stellen wir allen Bundesländern zur Verfügung.» Außer Nordrhein-Westfalen und Bremen machen inzwischen alle mit. Und auch Kooperationspartner im Ausland: Seit 2023 seien auch die Niederlande mit vier Haftanstalten bei dem Projekt dabei.

Der Austausch trage auch dazu bei, die Datenbank zu erweitern. Es könne sein, dass in den Niederlanden ein Stoff früher auftauche als in Deutschland. «Dann können wir hier schneller reagieren.» Derzeit seien rund 100 Substanzen erfasst, meist synthetische Cannabinoide. Mit Luxemburg gebe es zudem bereits konkrete Gespräche über eine Kooperation. Weitere europäische Länder hätten angefragt. Die im Justizvollzug mit dem LKA entwickelte Drogenscanner-Datenbank sei «ein echter Exportschlager», teilte das Justizministerium mit.

Gründe für Scanner-Einsatz

Die Designerdrogen seien höchst gefährlich, sagte Patzak. «Wir wollen verhindern, dass die Gefangenen kollabieren.» Es gebe aber weiterhin regelmäßig Notarzteinsätze. Meist würden Konsumeinheiten in Form von kleinen Quadraten auf kariertem Papier herausgeschnitten und geraucht. Der Konsument wisse oft nicht, wie der Stoff wirke und wie viel aufgeträufelt sei. «Es gibt eine hohe Gefahr der Überdosierung. Zum Glück hatten wir noch keinen Drogentoten.»

So ein präpariertes DIN A4-Blatt koste in der Herstellung fünf bis zehn Euro, werde aber in der JVA für 150 bis 200 Euro gehandelt. «Das ist eine Gewinnmarge, die man bei keiner klassischen Droge hat.»

Aber auch zum Schutz der Mitarbeiter sei der Kampf gegen Drogen wichtig, sagte der Leiter des größten Gefängnisses in Rheinland-Pfalz mit knapp 500 Insassen. «Dieses Zeug macht hochaggressiv und Gefangene ticken völlig unerwartet aus von der einen auf die andere Sekunde.»

Bilanz in Rheinland-Pfalz und dem Saarland

Der Scanner hat in Rheinland-Pfalz und im Saarland schon viele Treffer gehabt: Bis Ende 2023 seien es bei insgesamt 2700 Vorgängen und 11.250 gemessenen Asservaten in den Gefängnissen 664 Fälle gewesen, in denen Drogen nachgewiesen wurden, sagte Patzak. Davon entfielen auf die JVA Wittlich rund 1500 Vorgänge und 257 Treffer. Seit Mitte vergangenen Jahres werden die Anstalten Diez, Koblenz, Rohrbach und Frankenthal von der JVA Diez mit einem eigenen, zweiten Gerät betreut.

Tricks der Drogenschmuggler

Statt Briefe direkt an den Konsumenten oder Händler im Knast zu schicken, werde mittlerweile versucht, andere Gefangene ohne Drogenhintergrund «als Zwischenstation» zu nutzen. «Das ist immer ein bisschen wie ein Katz- und Mausspiel», sagte der JVA-Leiter. Briefe an Gefangene würden bei Verdacht, aber auch stichprobenartig geöffnet und auf Drogen gescannt. «Da sehen wir sofort, ob was drauf ist oder nicht.» Als zweite Methode würden Gefangene oft Anwaltspost «faken» lassen, «in der Hoffnung, dass diese dann nicht kontrolliert wird».

Neues Projekt zu Drogenschnelltests

Als deutscher Partner ist die JVA Wittlich als Bewerber bei einem europäischen Projekt zur Verbesserung von Drogenschnelltests mit den Niederlanden, Belgien, Spanien und Griechenland dabei. Ziel sei es, Speichel- oder Urintests zu entwickeln, die auch die NPS erkennen. Bisher schlagen Drogen-Schnelltests nur bei Cannabis und anderen klassischen Drogen an, nicht aber bei den synthetischen Drogen.

«In Verdachtsfällen schicken wir den Test ins Labor und bekommen nach vier bis sechs Wochen ein Ergebnis. Gerade bei den Schmuggelwegen brauchen wir einen schnelleren Weg», sagte Patzak. Wenn es beim EU-Projekt mit einer Million Euro Fördersumme einen Zuschlag gebe, sei die JVA Wittlich ab Mitte des Jahres dabei. Eine Idee sei, eine Abwasseruntersuchung der JVA zu machen, um das mit den bisherigen Erkenntnissen zu vergleichen und um zu schauen: «Sehen wir alles?»

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