Henne-Ei-Problem der E-Mobilität - woran hapert der Ausbau?
Wie weit komme ich mit einem E-Auto, wo gibt es Ladesäulen und sind die belegt? Zum Stand der Elektromobilität in Rheinland-Pfalz.
Wie weit komme ich mit einem E-Auto, wo gibt es Ladesäulen und sind die belegt? Zum Stand der Elektromobilität in Rheinland-Pfalz.
Verbrenner, Hybrid oder reiner Batterieantrieb - trotz steigender Zahlen an Elektroautos und Ladesäulen zögern viele Rheinland-Pfälzer noch beim Kauf eines E-Autos. Da ist die Sorge, dass es an Reichweite und an Lademöglichkeiten fehlt. Und neben der Infrastruktur und finanziellen Anreizen geht es auch um die Vermittlung von Wissen.
Wie hat sich die Zahl der Elektroautos entwickelt?
Eine Antwort des Verkehrsministeriums in Mainz auf eine Anfrage aus der AfD-Fraktion birgt frische Zahlen: Wurden Anfang des Jahres 2020 noch knapp 5.700 rein batteriebetriebene Pkw im Land gezählt, stieg deren Zahl bis Anfang 2022 auf knapp 30.000 und bis Anfang 2024 auf mehr als 70.000. Bei den Autos mit Hybridantrieb ging es von knapp 24.000 Anfang 2020 auf mehr als 136.000 zu Beginn des vergangenen Jahres nach oben.
Von den zwischen Januar und September 2024 rund 81.500 neu zugelassenen Pkw waren laut Statistischem Landesamt 46 Prozent mit alternativen Antrieben ausgestattet - einen reinen Elektroantrieb hatten 11.675, also rund 14 Prozent, ungefähr 4.500 einen Plug-In-Hybridantrieb, ein Anteil von 5,5 Prozent.
Dass der weit überwiegende Teil der Fahrzeuge auf den Straßen im Land nach wie vor mit Verbrennungsmotoren unterwegs ist, zeigt ein Blick auf die Gesamtzahl der Pkw zwischen Westerwald und Südwestpfalz: Die lag laut Statistischem Landesamt Anfang 2024 bei etwa 2,63 Millionen.
Wie hat sich die Ladeinfrastruktur entwickelt?
Auch hier geht es nach Angaben des Landesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (LDEW) nach oben mit den Zahlen, allerdings hält sich die Belegung von Ladesäulen in Grenzen, was wiederum den weiteren Ausbau bremst. Der LDEW-Geschäftsführer Horst Meierhofer spricht von einem Henne-Ei-Problem. Insgesamt belief sich die Leistung der Ladepunkte in Rheinland-Pfalz dem Verband zufolge im zweiten Halbjahr 2024 auf 420 Megawatt, 160 mehr als zu Beginn des vergangenen Jahres. Das sei mit einem starken Zuwachs an Schnellladern zu erklären, sagt Meierhofer - Ladesäulen also, die ein Aufladen eines Akkus in vergleichsweise kurzer Zeit ermöglichen.
Laut LDEW kamen im vergangenen Jahr 460 normale Ladesäulen in Rheinland-Pfalz hinzu sowie 531 Schnellladeeinrichtungen - von letzteren gibt es nunmehr etwas mehr als 2.000. Allerdings waren die Ladesäulen im Land dem Verband zufolge im zweiten Halbjahr 2024 gerade einmal zu zwölf Prozent belegt, selbst tagsüber waren die Ladepunkte dem Verband zufolge 84 Prozent der Zeit frei.
Es bleibt also noch viel zu tun?
Klares Ja von vielen Seiten. Der Gemeinde- und Städtebund in Rheinland-Pfalz nennt den Ausbau der Ladeinfrastruktur eine bleibende zentrale Aufgabe. Besonders auf dem Land sei die Infrastruktur nach wie vor unzureichend. «Hier sind verstärkte Anstrengungen nötig, um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen und die Akzeptanz für Elektromobilität weiter zu fördern.»
Eine Übersicht der Bundesnetzagentur zeigt, dass die Zahl der Ladesäulen regional teils stark variiert: Demnach sind es etwa im Kreis Mainz-Bingen 166 und im allerdings auch viel dünner besiedelten Kreis Birkenfeld lediglich 34. Es sei zu bedenken, dass es in ländlichen Gebieten von Rheinland-Pfalz viele Einfamilienhäuser gebe, sagen die Pfalzwerke in Ludwigshafen. Insofern hätten viele Privatpersonen die Möglichkeit, eine eigene Wallbox - eine Ladestation zum Laden des eigenen Fahrzeugs zuhause - zu installieren. Der Bedarf an öffentlicher Ladeinfrastruktur sei auf dem Land geringer als in Ballungszentren, wo Menschen auf öffentliche Lademöglichkeiten angewiesen seien.
Die Kommunen übernähmen eine unterstützende Rolle, wiesen geeignete Standorte für Ladesäulen aus und arbeiteten eng mit Unternehmen und Stadtwerken zusammen, sagt der Gemeinde- und Städtebund. «Es ist jedoch nicht die Aufgabe der Städte und Gemeinden, eigene Ladeinfrastruktur aufzubauen – genauso wenig, wie Kommunen Tankstellen betreiben.»
Die Pfalzwerke betreiben nach eigenen Angaben bundesweit 1.750 Ladepunkte an 420 Standorten, 555 Ladepunkte in Rheinland-Pfalz. Nach Einschätzung des Unternehmens läuft der Ausbau gut. Ob eine Ladesäule gut genutzt werde, hänge von deren Standort und Sichtbarkeit ab, der Schnelligkeit des Ladevorgangs und von der Kundenfrequenz vor Ort. Wenn etwa eine Säule vor oder neben einem viel besuchten Bau- oder Supermarkt stehe, habe das einen direkten Einfluss auf die Auslastung. Benötigt würden schnellere Genehmigungsverfahren und ein starkes, gut ausgebautes grünes Energienetz.
Wie könnte der Ausbau der E-Mobilität beschleunigt werden?
Für Meierhofer vom LDEW braucht es weniger Förderprogramme, die dann wieder eingestampft werden. Besser wären für ihn steuerliche Vergünstigungen für Privatpersonen. Ein Hemmschuh ist für Meierhofer auch, dass es im Kleinwagensegment nach wie vor an E-Modellen mangele - also ausgerechnet in dem Segment, das in Städten und für Kurzstrecken besonders zum Einsatz komme und wo es nicht zu sehr auf große Reichweiten ankommt.
Die überraschende Streichung der Bundesprämien für Elektroautos habe Verbraucherinnen und Verbraucher stark verunsichert, sagt der Gemeinde- und Städtebund. Viele Menschen hofften auf die Einführung neuer Förderanreize durch eine neue Bundesregierung und auf ein größeres Angebot an preiswerten Elektrofahrzeugen mit ausreichender Reichweite. «Unsicherheiten kommen auch aus den Strompreisen - steigen sie, wird auch Elektromobilität teurer.»
Von den Pfalzwerken heißt es, neben finanziellen Anreizen benötige es gezielte Aufklärung und Wissensvermittlung rund um E-Mobilität und Elektroautos, um Vorurteile abzubauen und die Akzeptanz und Bereitschaft, auf ein E-Auto umzusteigen, zu stärken. E-Autos hätten beispielsweise keine Motor-Vibrationen wie Verbrenner und böten manchen Komfort wie die in der Regel integrierte Standheizung oder eine Standklimatisierung für den Sommer.
Die Pfalzwerke erwarten, dass sich Modellpaletten der Autohersteller erweitern, vor allem bei Klein- und Kompaktwagen. «Ab 2025 verschärfen sich die CO2-Flottenvorgaben für Neuwagen, wodurch Automobilhersteller den Absatz von E-Fahrzeugen steigern müssen, um Strafzahlungen zu vermeiden.» Gleichzeitig gingen Batteriepreise nach unten. Technische Fortschritte dürften die Angst vieler Menschen vor einer zu kleinen Reichweite von Elektrowagen abbauen.
Von Christian Schultz, dpa
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