Nach dem Ausschluss des AfD-Politikers Joachim Paul von der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen wird Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck zum Ziel von Anfeindungen. Der Wahlausschuss der zweitgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz, dem die parteilose Politikerin angehört, hatte Anfang August mit Mehrheit beschlossen, wegen Zweifeln an der Verfassungstreue Paul nicht als Kandidaten für die Abstimmung am 21. September zuzulassen.
«Mit dem Wahlausschuss hat eine Flut an Hassmails und Drohungen begonnen», sagte Steinruck der Deutschen Presse-Agentur. «Die Drohungen haben wir an Polizei und Staatsanwaltschaft weitergegeben, alles Weitere ist jetzt auf dem Weg.» Sie sei nicht panisch. «Aber man ist vorsichtiger. Man schaut genauer hin.» Mittlerweile seien die E-Mails so umgestellt, dass die Nachrichten sie nicht mehr persönlich erreichten, sagte die Politikerin, die bei der Wahl nicht mehr antritt.
Steinruck: «Haltung zeigen»
Sie wisse, dass auch andere Mitglieder des Wahlausschusses Anfeindungen ausgesetzt seien. «Es gab Beratungsgespräche mit der Polizei.» Sie sehe die Anfeindungen auch in einer Reihe von Aggressionen gegen Mandatsträger allgemein, betonte Steinruck. «Ich bin nicht die Einzige, die dem ausgesetzt ist. Da geht es aber auch darum, Haltung zu zeigen.»
Das Polizeipräsidium Rheinpfalz bestätigte die Nachrichten. «Im Zusammenhang mit der Nichtzulassung des Kandidaten Joachim Paul zur Oberbürgermeisterwahl ermittelt die Kriminalpolizei Ludwigshafen wegen Beleidigung und Bedrohung», teilte ein Sprecher mit. In mehreren Nachrichten würden die Mitglieder des Wahlausschusses überwiegend beleidigt und in Einzelfällen bedroht.
Polizei steht in engem Austausch mit den Betroffenen
Die Polizei treffe alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Personen. «Hierzu gehört beispielsweise eine fortlaufende Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamtes.» Aus der Bewertung würden sich nach derzeitigem Stand keine konkreten Gefahren für die Betroffenen ergeben.
Nichtsdestotrotz stehe die Polizei in engem Austausch mit den Betroffenen, ihnen sei Beratung angeboten worden. «Darüber hinaus stimmen wir uns insbesondere bei öffentlichen Terminen der Oberbürgermeisterin eng mit der Stadt ab.»
Von den Drohungen hatten zuvor «Die Rheinpfalz» und «Mannheimer Morgen» berichtet. Landtagspräsident Hendrik Hering hatte sich erschüttert gezeigt. Er stelle sich hinter die Mitglieder des Wahlausschusses, teilte der SPD-Politiker in Mainz mit. Unabhängig davon, ob Paul zur Wahl zugelassen werde oder nicht, dürften Gremien niemals durch Drohungen unter Druck gesetzt werden.
Beschwerde beim OVG
«Diese Straftaten bedrohen die Demokratie. Politikerinnen und Politiker müssen angstfrei entscheiden können. Ansonsten ist unsere Demokratie im Kern gefährdet», hatte Hering betont. «Wer soll sich bei solchen Vorkommnissen, die leider auch andernorts geschehen, denn künftig noch politisch engagieren?»
Unterdessen legte Paul beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts in Neustadt an der Weinstraße ein. Dort war Paul vor wenigen Tagen mit einem Eilantrag gegen seinen Ausschluss von der Wahl gescheitert. «Die Beschwerde enthielt noch keine Begründung», teilte ein OVG-Sprecher in Koblenz mit.
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