Gegen Lehrermangel: Saarland ebnet Quereinsteigern den Weg
Die Schülerzahlen steigen, die Zahl der Bewerber für Lehrerstellen im Saarland sinken. Jetzt will die Landesregierung den Weg in die Lehramtsausbildung auch für Quereinsteiger öffnen.
Die Schülerzahlen steigen, die Zahl der Bewerber für Lehrerstellen im Saarland sinken. Jetzt will die Landesregierung den Weg in die Lehramtsausbildung auch für Quereinsteiger öffnen.
Das Saarland will angesichts einer sinkenden Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern auf Lehramtsstellen neue Wege bei der Ausbildung gehen. Ab dem kommenden Jahr soll es Masterstudiengänge für Quereinsteiger geben, sagte Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) am Dienstag. Das Land will damit demnach einem Lehrermangel vorbeugen und die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber erhöhen. Die entsprechenden Änderungen im saarländischen Lehrerbildungsgesetz und im Zulassungsgesetz habe der Ministerrat am Vormittag beschlossen. Nach einer Expertenanhörung sollen die neuen Regelungen noch vor der Sommerpause in den Landtag gehen.
Geplant ist, neben dem grundständigen Lehramtsstudium einen universitären Quereinstieg für Bedarfsfächer mit dem Abschluss Master of Education (Q-Master) einzuführen. Bachelorabsolventen etwa aus musisch-kulturellen oder naturwissenschaftlichen Fächern können dann in einen lehramtsbezogenen Masterstudiengang wechseln. Statt eines zweiten Unterrichtsfachs kann auch ein zweiter fachlicher Schwerpunkt eines Unterrichtsfachs studiert werden.
Zudem sollen durch das neue Gesetz die Möglichkeit des Quereinstiegs in den Vorbereitungsdienst für Gymnasien und Gemeinschaftsschulen für Masterabsolventen aus Nicht-Lehramtsstudiengängen an Fachhochschulen erweitert werden. Bisher seien nur die universitären Masterabschlüsse und Diplome anerkannt worden.
«Das grundständige Lehramtsstudium spielt immer noch eine große Rolle», sagte Streichert-Clivot, die zugleich amtierende Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK) ist. Man wolle aber durch die zusätzlichen Wege ein «qualitativ hochwertiges Angebot schaffen» und mit professionellen und gut ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern eine gute Antwort finden auf die Herausforderungen dieser Zeit.
Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker (SPD) wies darauf hin, dass etwa zehn Prozent der Lehramtsstudenten keine Lehrer werden und es umgekehrt viele andere Studenten gebe, die gerne diesen Beruf ergreifen würden - aber vor weiteren fünf Jahren Ausbildung zurückschreckten. «Wir können nicht die Leute in unsere Schablonen zwingen, sondern wir müssen unsere Schablonen so ändern, dass sie zur Lebenswirklichkeit der angehenden Lehrerinnen und Lehrer passen. Das genau machen wir mit dem Q-Master», betonte er. Für Quereinsteiger werde dieses Angebot nun deutlich attraktiver und bedeute seiner Meinung nach «einen wirklichen Modernisierungsschub im Sinne von flexiblen Berufsbiografien».
Die KMK hatte im März zusätzliche Maßnahmen in der Lehrkräftebildung beschlossen. Sie sieht neben dem sogenannten «Q-Master» auch einen gemeinsamen Rahmen für die Qualifizierung zu Ein-Fach-Lehrkräften und das Duale Lehramtsstudium vor, um neue Zielgruppen für die Lehrkräftebildung zu erschließen. «Es geht darum, die Wege vielfältiger zu gestalten, aber die Qualität nicht aus dem Blick zu verlieren», betonte Streichert-Clivot.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Landesverband Saarland, begrüßte die Pläne am Dienstag. Nach Ansicht des Landesvorsitzenden Max Hewer brauche es dringend eine Strategie, um den Personalmangel mittelfristig zu beheben. «Wir haben schon im September 2022 einen Aktionsplan gegen den Lehrkräftemangel gefordert. Nun kommt Bewegung in die Sache», kommentierte er. Die GEW verspreche sich dadurch konkrete Abhilfe, dies dürfe aber nicht zu einer Stellenkonkurrenz zu grundständig ausgebildeten Lehrkräften führen. «Das heißt, die Landesregierung muss beim Stellenplan noch mal nachsteuern», so Hewer.
Entlastung für die Kolleginnen und Kollegen, bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Qualität in der Schule seien nach Ansicht der GEW nur mit mehr Köpfen möglich. Außerdem gebe es jetzt schon viele Lehrkräfte, die befristet angestellt seien und sich aktuell nicht auf eine Planstelle bewerben könnten, weil sie beispielsweise nur ein Unterrichtsfach haben. «Diese haben aber schon Erfahrung gesammelt und werden auch langfristig dringend benötigt, das heißt diesen Kolleginnen und Kollegen muss ebenso eine langfristige Perspektive im System gegeben werden», forderte Hewer.
Laut Bildungsministerium wurden zum 1. Februar 2024 insgesamt 203 Lehrkräfte eingestellt, 132 hätten ihr Referendariat begonnen. Für den Doppelhaushalt 2024/25 seien 160 neue Lehrkräfte-Planstellen geschaffen worden, um den Mehrbedarf zu decken. Die steigenden Schülerzahlen gehen nach Angaben von Streichert-Clivot vor allem auf die Zuwanderung aus der Ukraine und anderen Kriegs- und Krisengebieten zurück.
Von Katja Sponholz, dpa
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