Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) ist auf Sommertour. (Archivbild)
Hannes P Albert/dpa
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) ist auf Sommertour. (Archivbild)
Mit dem Bürger im Gespräch

Für Nähe und Aufmerksamkeit: Saar-Politiker auf Sommertour

Derzeit sind viele saarländische Regierungsvertreter bei «Sommertouren» im Land unterwegs. Und das ist gut so, wie ein Experte sagt.

25 Termine in 6 Tagen: So sah die erste «Ferienwoche» der saarländischen Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) aus. Ihre diesjährige Sommertour reichte von Besuchen bei Unternehmen über kulturelle Einrichtungen und Bildungsträger bis zu karitativen Vereinen. 

Nicht nur die Landeschefin sucht in diesen Tagen das Gespräch mit den Menschen vor Ort. Auch Sozialminister Magnus Jung (SPD), Umweltministerin Petra Berg (SPD) und Bildungs- und Kulturministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) sind derzeit unterwegs. Sie alle verfolgen dasselbe Ziel: In Kontakt mit den Bürgern zu kommen, direktes Feedback aus ihrem Alltag zu erhalten und mehr von den Sorgen und Nöten zu erfahren.

Eine Sommertour sei die Gelegenheit, neue Eindrücke zu gewinnen und ins Gespräch mit Menschen zu kommen, die man im Alltag meist nicht treffe, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Jennifer Collet der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. Solche Besuche der Regierungschefin seien «immer auch eine Form der Wertschätzung».

Warum ständiger Bürgerkontakt wichtig ist

Nach Einschätzung des Trierer Politikwissenschaftlers Uwe Jun haben Politiker-Besuche auch auf Bundesebene zugenommen. «Bei den Politikern ist die Einsicht gewachsen, dass man ständigen Kontakt zu den Bürgern halten sollte.» Würde man das nur in Wahljahren machen, könne sich das sogar kontraproduktiv auswirken. Schnell würde sonst das Gefühl entstehen, «die kümmern sich nur wegen der Wahlen um uns, sonst sind wir ihnen egal.» Jun: «Dem will man selbstverständlich entgegenwirken.»

Sommertouren erfüllen laut Jun den Zweck, einen unmittelbaren Kontakt zu den Bürgern herzustellen und damit Bürgernähe zu demonstrieren. Zum anderen gehe es darum, mediale Aufmerksamkeit zu erhalten. «Die Besuche vor Ort bieten oft sehr gute Bildmotive», sagt der Professor der Universität Trier. Wobei es «durchaus legitim» sei, dass Politik diese Möglichkeiten nutze. «Die repräsentative Demokratie lebt immer auch davon, dass man sie wahrnimmt und dass ihr Aufmerksamkeit geschenkt wird.»

Bei Bürgern oder Unternehmen würden die Besuche positiv wahrgenommen: «Weil dadurch der Eindruck entsteht, dass sich jemand kümmert, dass man ihre Bedürfnisse und Interessen wahrnimmt.» Einen faden Beigeschmack könnte eine solche Begegnung jedoch haben, wenn sie zu kurz und zu oberflächlich wären oder offenbar nur zur Darstellung der eigenen Person dienten. «Man muss schon den Eindruck haben, dass sich derjenige wirklich Zeit für den Besuch nimmt», sagte Jun. 

Forscher: Mehr als Symbolik gefragt

Im besten Fall hätten solche Gespräche nicht nur symbolische Bedeutung, sondern beeinflussten auch das spätere Handeln des Politikers. «Davon kann man jedoch ausgehen, dass die Wahrnehmungen nicht vollständig an den politischen Akteuren vorbeigehen», sagte der Wissenschaftler. 

Die Sommertour der Ministerpräsidentin hatte in diesem Jahr kein festgelegtes Thema. Ein Aspekt mit besonderem Gewicht sind laut Collet das Ehrenamt und das Vereinsleben. Darüber hinaus hätten aber auch Energiewende und Nachhaltigkeit eine Rolle bei der Auswahl der Termine und Örtlichkeiten gespielt – und nicht zuletzt auch gesellschaftliche Integration. 

Rehlinger: Was bewegt die Saarländer? 

Zudem standen zwei «Marktgespräche» in Burbach und St. Wendel auf dem Programm. Sie bieten nach Ansicht Rehlingers «den perfekten Rahmen, ohne Scheu aufeinander zuzugehen, sich auszutauschen und auch brisante Themen offen zu diskutieren.» Für sie sei es «spannend zu erfahren, was die Saarländerinnen und Saarländer bewegt, was sie gerne verändern würden und welche kreativen Ideen und Verbesserungsvorschläge sie haben.» 

Die Sommertour von Arbeits- und Sozialminister Magnus Jung (SPD) umfasst insgesamt 22 Stationen an sieben Tagen. Die Auswahl ergäbe sich aus aktuellen politischen Ansätzen und Linien des Ressorts. «Unmittelbares Feedback ist für meine Arbeit im Ministerium wichtig, um diese jederzeit bedarfsgerecht auszurichten – beispielsweise unter Berücksichtigung lokaler Unterschiede und Besonderheiten», teilte Jung auf Anfrage mit. Bei den Besuchen könnten zudem wertvolle Netzwerke aufgebaut und gestärkt werden.

Forscher: «Ein "Zuviel" gibt es nicht»

Bei Umweltministerin Petra Berg (SPD) stehen in den ersten drei Ferienwochen 25 Termine auf dem Programm: Ziel sei der Austausch mit den Saarländerinnen und Saarländern, die sich jeden Tag mit den Themen des Ministeriums für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz beschäftigen. 

Dass ein zu voller Terminplan bei Bürgern «inflationär» wirken könnte, glaubt Uwe Jun nicht. «Wenn die Aufmerksamkeit da ist, wenn die Politiker mit entsprechender Empathie und Ernsthaftigkeit dabei sind und auf die Menschen und ihre Bedürfnisse eingehen, kann es kein "Zuviel" geben.» Übrigens auch kein «Zuwenig»: Denn dass es vielleicht auch Regierungsvertreter gibt, die im Gegensatz zu ihren Kabinettskollegen keine Sommertour unternehmen, wird nach Ansicht des Experten von den Bürgern gar nicht verfolgt. «Sie nehmen nur die wahr, die da waren. Das andere geht unter.»

Von Katja Sponholz, dpa
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