Fünf Fälle aus Rheinland-Pfalz im Schwarzbuch
Der Steuerzahlerbund spricht von Wirtschaftsflops, teuren Fehlern und sinnlosen Skurrilitäten: Das kostet alles (zu) viel Steuergeld.
Der Steuerzahlerbund spricht von Wirtschaftsflops, teuren Fehlern und sinnlosen Skurrilitäten: Das kostet alles (zu) viel Steuergeld.
Verschwendung von Steuergeld: Im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler ist Rheinland-Pfalz mit fünf Fällen vertreten. Es geht um Klärschlamm, Prostituierte, Co-Working-Spaces, Pensionen und grüne Zimmer. Bundesweit sind 100 gravierende Fälle vom verschwenderischen Umgang mit Steuergeld im Schwarzbuch dokumentiert.
Fehlender Klärschlamm?
Mit einer Anlage zur Entsorgung von Klärschlamm will die Stadt Koblenz in Eigenregie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Im Jahr 2016 begann der Bau einer Anlage. Die Inbetriebnahme erfolgte fast zwei Jahre später, die Abnahme dann Ende 2021. Bereits Anfang 2023 wurde die Anlage nach Angaben des Steuerzahlerbunds wieder außer Betrieb gesetzt, da es am nötigen Klärschlamm für den Dauerbetrieb der Anlage gemangelt habe. Die Gesamtkosten für das Vorhaben lägen bei rund 17,5 Millionen Euro.
Koblenz habe sich an ein teures Energieprojekt gewagt, aber nur gezeigt, wie man sich komplett verheben kann, kritisierte der Steuerzahlerbund. Die Stadt sollte einen Verkauf prüfen und so versuchen, ihre Verluste zu begrenzen.
Die Stadt Koblenz teilte auf dpa-Anfrage mit, dass entgegen den Aussagen des Steuerzahlerbunds die Anlage zur Verwertung des Klärschlamms teilweise läuft. Dabei gehe es um die Klärschlammtrocknung. Damit werde die Masse des Klärschlamms um 80 Prozent reduziert. Alleine die zweite Stufe, die Vergasung des Trockengutes, laufe nicht.
Das Fraunhofer-Institut habe die Anlage und deren Planung in diesem Jahr geprüft und davon abgeraten, die intakte Anlage zu verkaufen. Entsprechend der Gutachter-Empfehlung werde derzeit eine Umstellung auf eine Klärschlammverbrennung geprüft. Erste Priorität für die Stadt Koblenz sei, die Entsorgung des anfallenden Klärschlamms sicherzustellen.
Ungenutzter Rotlicht-Container?
Die Stadt Trier hat den Straßenstrich in ein Gewerbegebiet verlegt und im April 2023 für die Prostituierten einen Container aufgestellt, der ein WC und einen Aufenthaltsraum bietet. Die Sexarbeiterinnen müssen sich jedoch im Rathaus, Ordnungs- oder Gesundheitsamt einen Schlüssel abholen, um den stets abgeschlossenen Container nutzen zu können. Seit mehr als zwei Jahren sei der Container nun vollkommen ungenutzt.
Da die Stadt den Container angemietet hat, fällt eine jährliche Miete einschließlich Wasser, Ver- und Entsorgung von mehr als 5.600 Euro an. Bis Ende des laufenden Jahres werden die Gesamtausgaben auf rund 15.000 Euro geschätzt. Der Trierer Rotlicht-Container sei daher gut gemeint, aber nicht gut gemacht worden, erklärte der Steuerzahlerbund. Dass das Projekt in dieser realitätsfernen und bürokratischen Form nicht funktionieren würde, hätte die Stadt von Anfang an wissen können.
Es seien alle Möglichkeiten genutzt worden, Prostituierte auf das Angebot aufmerksam zu machen, erklärte die Stadt. Da es aber keinen Bedarf dafür gebe, habe die Stadtverwaltung vorschlagen, den Container wieder zu entfernen. Dennoch stehe sie weiter hinter dem Anliegen, die oft menschenunwürdigen Bedingungen für Prostituierte möglichst zu verbessern.
Teure beurlaubte Staatssekretäre?
Die Landesregierung hat drei Staatssekretären teils sehr lange Sonderurlaube genehmigt. Amtsbezüge erhalten diese in der Zeit zwar nicht, aber die Sonderurlaubszeit wird auf die späteren Versorgungsbezüge angerechnet. Für den Ruhestand bedeutet das laut Steuerzahlerbund eine höhere Pension. Kritik an dieser Praxis gab es bereits im Schwarzbuch 2022. Anfang nächsten Jahres werde sich ein Staatssekretär sogar nach rund zwölf Jahren Sonderurlaub direkt in die Pension verabschieden.
Wie hoch die vom Sonderurlaub herrührenden zusätzlichen Pensionslasten ausfallen, habe die Staatskanzlei dem Steuerzahlerbund nicht mitteilen können. Der Landesrechnungshof gehe im Einzelfall von einer um bis zu 49.000 Euro erhöhten jährlichen Pension aus. In einer Zeit mit Politikverdrossenheit sei die Sonderurlaubspolitik der Landesregierung bestens geeignet, das Vertrauen der Bürger weiter zu erschüttern, kritisierte der Steuerzahlerbund.
Die Landesregierung wies die Kritik zurück und sprach von einer anderen Rechtsauffassung. Zwei der beurlaubten Staatssekretäre arbeiteten nicht in der freien Wirtschaft, sondern in öffentlichen Einrichtungen. Eine weitere Person sei in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.
Auch dem Vorwurf von entstehenden Mehrkosten widersprach die Staatskanzlei auf die dpa-Anfrage. Dabei handele es sich um eine Prognose, die nicht verlässlich kalkuliert werden könne. Für die Dauer der Beurlaubung entstünden dem Land zunächst keine Kosten, vielmehr erhalte es durch die Unternehmen einen sogenannten Versorgungszuschlag.
Aus für mobile grüne Zimmer?
Für die Aufstellung von drei mobilen grünen Zimmern erntete die Landeshauptstadt Mainz bereits im vergangenen Schwarzbuch deutliche Kritik vom Steuerzahlerbund. Danach kündigte die Stadtverwaltung an, 2025 auf die erneute Aufstellung zu verzichten. Die 5 mal 2,5 Meter großen Schattenspender mit einer grünen Wand, einem Spalierdach und einer Sitzfläche sind auf Abrollcontainer mit einem Wassertank montiert.
Mit dem Beenden der «teuren Klima-PR» spare die Mainzer Stadtkasse 100.000 bis 200.000 Euro pro Jahr ein, erklärte der Steuerzahlerbund.
Die Stadt Mainz widersprach den Zahlen: Pro mobilem grünem Zimmer hätten die Kosten 30.000 Euro betragen. Die Stadt hatte im ersten Jahr ein und im vergangenen Jahr drei mobile grüne Zimmer aufgestellt. Momentan gebe es in Mainz keine solchen Zimmer mehr. Die sei aber weiterhin von dem Konzept überzeugt, teilte eine Sprecherin auf die dpa-Anfrage mit. In diesem Jahr sei eine Anmietung jedoch aus haushälterischen Gründen nicht möglich gewesen.
Nicht genutzter Co-Working-Space
Minheim an der Mosel mit knapp 500 Einwohnern wollte mehr Besucher anlocken und Unternehmern sowie Selbstständigen dabei auch ermöglichen, ein vollausgestattetes Büro anzumieten. Ein Co-Working-Space plus Gemeindebüro sollte den Angaben zufolge dazu in einem Nebengebäude des Bürgerhauses untergebracht werden.
Allerdings stellte sich heraus, dass das vorgesehene Gebäude in einem schlechten baulichen Zustand war. Zunächst wurde von der Gemeinde erwogen, das Gebäude abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Wegen der hohen Kosten und der geringen Nachfrage zog der Gemeinderat dann die Notbremse. Die Entwicklung zeige, dass das Projekt für das kleine Minheim völlig überdimensioniert war, urteilte der Bund der Steuerzahler. Eine Anfrage zur Zukunft des Vorhabens blieb zunächst unbeantwortet.
Von Bernd Glebe, dpa
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